Nürnberg - Hertha:Dardai kriegt Gänsehaut

Fussball Herren Saison 2015 16 DFB Pokal Achtelfinale 1 FC Nürnberg Hertha BSC Joannes va

Darf ich bitten? Die Herthaner Joannes van den Bergh (links) und Vladimir Darida beim Freudentanz.

(Foto: imago/Matthias Koch)

Der Zweitliga-Dritte Nürnberg macht nicht nur im Pokal-Achtelfinale vieles ähnlich wie der Erstliga-Dritte Hertha BSC. Doch weil die Berliner eben alles eine Klasse besser können, verliert der Club 0:2.

Von Markus Schäflein, Nürnberg

Der 1. FC Nürnberg hat "mehr Träume, als die Realität zerstören kann" - so hatten es die Anhänger auf ein Plakat geschrieben und damit kurz und bündig die große Faszination und das vielleicht größte Problem ihres traditionsbehafteten Vereins zusammengefasst. Was den Mittwochabend anging, mussten sie am Ende feststellen, dass die unspektakuläre Realität in Form einer 0:2 (0:1)-Niederlage gegen den souveränen Erstligisten Hertha BSC Berlin den Traum vom Weiterkommen im DFB-Pokal zerstört hatte. "Die haben uns nicht kaputt gespielt, aber sie waren besser", sagte Nürnbergs Kapitän Miso Brecko, "wir haben alles gegeben, aber das war zu wenig. Wir hatten zu viel Respekt."

Nürnbergs Trainer René Weiler hatte seine Mannschaft im Vergleich zum 2:1 gegen den SC Freiburg auf drei Positionen verändert; den angeschlagenen Sechser Patrick Erras vertrat Ondrej Petrak, zudem spielte Even Hovland für Innenverteidiger Georg Margreitter und im Angriff Danny Blum statt Niclas Füllkrug. Die erste Möglichkeit der Partie verzeichneten die Berliner nach einer Viertelstunde: Club-Torhüter Raphael Schäfer, der schon 2007 beim DFB-Pokalgewinn mitwirkte, rettete gegen Salomon Kalou. Auf der Gegenseite schoss Alessandro Schöpf am Tor vorbei, nachdem Herthas Torwart Rune Jarstein eine Flanke von Kevin Möhwald zu kurz abgewehrt hatte (23.), dann faustete Jarstein eine Flanke von Guido Burgstaller gerade noch vor Schöpf weg (30.). Lange standen die Nürnberger gewohnt kompakt, dann gelang es den Berlinern doch, die Abwehr mit einer schönen, schnellen Kombination auszuhebeln. Und prompt fiel das Führungstor: Genki Haraguchi, der anstelle von Yanni Regäsel mitwirkte, passte halbhoch in den Strafraum; Vedad Ibisevic leitete das Spielgerät direkt auf Vladimir Darida weiter, und der traf aus sechs Metern ins kurze Eck. "Das Tor war richtig schön, ich muss sagen, da kriegt man sogar Gänsehaut", sagte Herthas Trainer Pal Dardai, der zudem lobte, dass seine Mannschaft "geduldig mit dem Ballbesitz umgegangen" war.

Die Berliner Anhängerschaft zündete nach dem Tor allerlei Pyrotechnik inklusive handelsüblicher Silvesterraketen, so dass Schiedsrichter Tobias Stieler die Partie unterbrach, auf die Hertha wartet nun wohl eine ordentliche Geldstrafe. "Die hatten das weihnachtsfeiermäßig vorbereitet", stellte Dardai fest und bat: "Bitte nächstes Mal nicht mehr machen!" Nach der Zwangspause blieb Berlin weitgehend in Ballbesitz, ohne auf das zweite Tor zu drängen - so blieb es zur Halbzeit beim 0:1.

Kompakt stehen, wenig zulassen, zielstrebig kontern: In der zweiten Hälfte zeigte sich, dass die Hertha als Dritter der ersten Liga ähnliche Qualitäten hat wie der Club als Dritter der zweiten Liga - nur eben eine Klasse besser. Lediglich 18 Treffer hat sie in 16 Erstligapartien hinnehmen müssen, das ist der zweitbeste Wert aller Teilnehmer. Die Nürnberger mühten sich, diese Defensive zu knacken, Weiler brachte in Füllkrug für Blum und Tim Leibold für Petrak (54.) zwei neue Spieler, doch viel Zwingendes war nicht zu sehen. "Da waren ein paar Situationen, wo man vielleicht ein Tor erzielen könnte", sagte Brecko - etwa in der 63. Minute, als Hanno Behrens den Ball eroberte, doch Burgstallers Querpass auf Füllkrug zu ungenau geriet.

Stattdessen traf kurz darauf die Hertha: Nach einem Eckball setzte sich John Brooks gegen Dave Bulthuis durch und erzielte per Kopf das 0:2 (65.). Damit fühlte sich das Spiel entschieden an, "das hat uns das Genick gebrochen", bestätigte später auch Club-Trainer Weiler: "Man muss anerkennen, dass wir nicht die Qualität hatten, diesen Gegner zu schlagen."

Einen Distanzschuss von Brecko parierte Jarstein (80.) noch, dann war Schluss. "Weiter geht's jetzt, es kommt ein wichtiges Spiel", sagte Brecko mit Blick auf die letzte Zweitligapartie vor der Winterpause am Samstag (13 Uhr) in Heidenheim. Denn der zweite Traum der Nürnberger lebt ja noch - der Traum von der Rückkehr in die erste Liga. Wäre ja noch schöner, wenn sie sich den auch von der Realität kaputt machen ließen.

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