Relegation:Frankfurt sucht den rettenden Knipser

Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg

Hoffnung der Frankfurter Fans: Angreifer Alexander Meier (r.), hier im Duell mit Nürnbergs Sebastian Kerk.

(Foto: dpa)
  • Frankfurt bleibt nur erstklassig, wenn im Relegationsspiel in Nürnberg ein Sieg oder ein Remis mit mindestens zwei Toren gelingt.
  • Das Problem: Das Team leidet unter notorischer Tor-Ungefährlichkeit.
  • Auch Alexander Meier, mit 12 Toren bester Angreifer, ist nach langer Verletzungspause noch nicht in Top-Form.
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Von Tobias Schächter

Niko Kovac glaubt, es sei kein Nachteil, dass seine Mannschaft nun ein Tor erzielen müsse. Der Trainer von Eintracht Frankfurt ging nach dem 1:1 im ersten von zwei Relegationsspielen im Europapokalmodus gegen den 1. FC Nürnberg gleich in die Trotzhaltung.

Das Ergebnis ist für den Erstligisten im Heimspiel nicht gut. Die Frankfurter bleiben nur erstklassig, wenn ihnen im Rückspiel am kommenden Montag ein Sieg oder ein Remis mit mindestens zwei Toren gelingt. Ein schnödes Nullnull zuhause hingegen genügt den Franken wegen des Auswärtstors zum Aufstieg. Kovac sagt trotzig: "Ich habe schon zu viel erlebt, um schon die weiße Flagge zu hissen."

Natürlich gibt es Grund zum Optimismus. Die Frankfurter dominierten das Hinspiel gegen defensiv robuste, aber offensiv harmlose Nürnberger klar. Viele Torchancen spielten sich die Hessen aber nicht heraus, und deshalb bleiben auch vor dem großen Finale jene zwei Fragen offen, die schon die ganze Saison den Eintracht-Fans Sorgenfalten auf die Stirn treiben: Wie kann sich die Elf Tormöglichkeiten herausspielen? Und: Wer soll die Tore schießen?

Unter Kovac noch ungefährlicher als unter Veh

Die Tor-Ungefährlichkeit der Eintracht ist notorisch und hat seit der Amtsübernahme von Armin Veh zu Niko Kovac zugenommen. Inklusive des ersten Relegationsspiels traf die Eintracht mit Kovac nur sieben Mal in zehn Spielen. Das ist ein schlechterer Wert als unter Veh, als das Team in 25 Partien immerhin 28 Mal jubeln durfte. Viele Offensivkräfte leiden an epischer Formschwäche: Der Schweizer Nationalspieler Haris Seferovic (3 Tore) zum Beispiel ist bei den Fans unten durch, stellte wegen übler Beleidigungen auf Rat des Klubs zuletzt sogar seine Facebook-Seite ab. Auch gegen Nürnberg gelang Seferovic nichts.

Rechtsaußen Stefan Aigner (4 Tore) traf entscheidend gegen Darmstadt (2:1) und Dortmund (1:0), knüpfte aber gegen den FCN an seine insgesamt schwache Runden-Form bitter an. Immerhin traf Mijat Gacinovic mit seinem ersten Saisontreffer gegen die Franken zum Ausgleich, der 21 Jahre junge Serbe aber ist aber ebenso zu wankelmütig in seinen Leistungen wie Änis Ben-Hatira (1 Tor). Der Mexikaner Marco Fabian deutete unter Veh nach seinem Wechsel im Winter wenigstens Torgefahr an, unter Kovac spielt er aber keine Rolle mehr.

Alex Meier fehlt noch vieles

Die Rückkehr von Torjäger Alexander Meier, mit zwölf Treffern bester Schütze, galt vor dem Hinspiel vielen als Hoffnungszeichen. Aber dem Frankfurter "Fußballgott" fehlten nach langer Verletzungspause noch deutlich Fitness, Bindung zu den Mitspielern und Durchsetzungsvermögen.

Vielleicht wäre es klüger gewesen, Meier als Joker und Schreckgespenst einzuwechseln, statt ihn von Beginn an gegen die ähnlich großen Nürnberger Verteidiger zu verheizen. Den beweglicheren Stürmer Luc Castaignos (5 Tore) brachte Kovac im Hinspiel nur von der Bank, vielleicht wählt er im Rückspiel die umgekehrte Variante. Kovac kündigte Änderungen in der Startelf auch wegen der hohen Belastung binnen vier Tagen bereits an.

Dem Trainer gelang es zwar, die Abwehr einigermaßen zu stabilisieren und am Ende der Saison mit Spielglück wichtige Punkte zur Sicherung des 16. Tabellenplatzes zu ergattern. Aber als innovativer Offensivdenker ist der Kroate noch nicht in Erscheinung getreten. Vor allem im verlorenen Saisonfinale mit Endspielcharakter beim direkten Konkurrenten SV Werder Bremen (0:1) setzte Kovac total und am Ende fatal auf die Defensive. Nun steht wieder ein Endspiel an, und es ist spannend zu beobachten, wie Kovac seine Elf mit dieser unbequemen Ausgangsposition taktisch und personell ausrichtet.

Russ sorgt erst für Aufsehen, nun fehlt er

Auf Attacke wird er nicht plötzlich umschwenken, den von Otto Rehhagel geprägten Begriff der "kontrollierten Offensive" benutzte Kovac zuletzt auffällig häufig. Nicht ohne Grund: Dem Kader fehlen schmerzhaft Tempo und Torgefahr aus dem Mittelfeld, Marc Stendera ist mit mickrigen zwei Treffern in diesem Mannschaftsteil der erfolgreichste Torschütze.

Innenverteidiger Marco Russ hat immerhin drei Tore erzielt. Kovac bedauert auch deshalb den Ausfall des 30 Jahre alten Routiniers, dessen Schicksal noch das Hinspiel überschattet hatte. Zuerst wurde seine Tumor-Erkrankung öffentlich, dann schoss er die Nürnberger per Eigentor in Führung, bevor er sich schließlich seine zehnte gelbe Karte einhandelte und nun in Nürnberg gesperrt fehlt. Carlos Zambrano wird Russ in Nürnberg ersetzen.

Wie Niko Kovac das Offensivproblem seiner Mannschaft lösen will, ist die viel spannendere Frage.

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