Niko Kovac bei Eintracht Frankfurt:Auf dem Weg zur Unkündbarkeit

Eintracht Frankfurt v Sport-Club Freiburg - Bundesliga

"Und es hat dann auch klick gemacht": Frankfurt-Trainer Niko Kovac.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Trainer Niko Kovac hat Eintracht Frankfurt in der Bundesliga von ganz unten nach weit oben geführt.
  • Der Erfolg macht auch ihn interessant für andere Klubs - Bayern-Trainer Jupp Heynckes lobt ihn öffentlich.

Von Philipp Selldorf, Frankfurt

Als Niko Kovac, 46, vor bald zwei Jahren das erste Mal in Frankfurt vor die Mannschaft trat, musste der Eintracht-Profi Stefan Reinartz an seinen früheren Trainer Sascha Lewandowski denken. Dieser hatte seinen notärztlichen Dienst bei Bayer Leverkusen in einer Situation angetreten, die der Situation in Frankfurt nicht unähnlich war. In der Einstandsrede sprach Lewandowski aus, was er für angemessen hielt: "Ihr seid eine Mannschaft, die nichts kann", sagte er, und nachdem er aufgezählt hatte, dass dieses Bayer-Team weder einstudierte Defensivabläufe noch Teamgeist oder Fitness zu bieten habe, war er noch lange nicht fertig mit der Liste der Defizite. Ungefähr so dürfte es Kovac im März 2016 in Frankfurt ergangen sein, glaubt Reinartz: "Er muss gedacht haben: In was für eine Regionalliga-Mannschaft bin ich denn hier geraten? Er musste mit uns komplett bei null anfangen."

Ja, sagt Kovac mit einem Lächeln, als ob er sich einer Vergangenheit erinnerte, in der Mangel und Entbehrung herrschte, es sei "eine sehr, sehr intensive Zeit" gewesen damals, "wir hatten einiges durchzumachen, es gab viele Tiefs am Anfang".

Zur Begrüßung erst mal ein 0:3 in Mönchengladbach, und nicht allzu viele Eintracht-Sympathisanten waren nach den fruchtlosen ersten Wochen davon überzeugt, dass der Mann, der im Frühjahr zwecks Rettung vor dem Abstieg gekommen war, im Sommer noch da sein würde, um die Eintracht in die Zweitligasaison zu führen. Doch Kovac, sagt Reinartz, habe "nie Druck aufgebaut" und sei "unfassbar souverän" mit Problemen umgegangen.

Ein Lob von Jupp Heynckes

Inzwischen steht Kovac in der Liste der Bundesliga-Trainer mit fortgeschrittener Verweildauer auf einem vorderen Rang. Pal Dardai in Berlin, Julian Nagelsmann in Hoffenheim und der unkündbare Christian Streich in Freiburg sind dort an seiner Seite. Dieser Tage sieht es danach aus, als ob auch Kovac in Frankfurt auf dem geraden Weg zur Unkündbarkeit wäre. Wahrscheinlicher als die Möglichkeit der Entlassung erscheint die Aussicht, dass er selbst von einem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen könnte - um dann eine Mannschaft zu trainieren, die noch ein klein wenig mehr kann als die, die er jetzt betreut. Eine kompetente Empfehlung für den Job beim FC Bayern liegt bereits vor. Jupp Heynckes versicherte am Freitag, Kovac sei für den Aufschwung der Eintracht ganz wesentlich verantwortlich - und man darf schon annehmen, dass er das nicht nur gesagt hat, um den Bayern einen Nachfolger aufzuschwatzen und endlich heimgehen zu dürfen nach Schwalmtal am Niederrhein.

Kovac sagt, er fände es "sehr schön, wenn man ein Lob aus diesem Mund hört". Trotz all der stets beschworenen Bescheidenheit hält er ein Lob für seine Eintracht für angebracht: "Wir haben uns entwickelt", findet er, "ich hatte gesagt, dass es irgendwann in der Saison klick macht, und es hat dann auch klick gemacht."

Im Grunde braucht er auch keine Referenzen von Dritten, die Arbeit spricht für sich: Kovac hat zunächst aus einem ziemlich sicheren Absteiger einen Überlebenskünstler gemacht und aus dem zweckmäßig zusammengeleasten und -gewürfelten Leiharbeitertrupp des Vorjahres ist dank seinem Zutun ein Team hervorgegangen, das für den Klub "eine Wertanlage" darstellt, wie Kovac meint. Dieses Team kann mehr, als mit physischer Kraft das Spiel des Gegners zu verderben, es entwickelt ein eigenes spielerisches, angriffsfreudiges Profil. Kein Fachmann bestreitet das, weshalb der Name Kovac in der Liste der Anwärter auf den prominentesten Trainerposten der Liga zunehmend häufig genannt wird. Den Bericht einer Zeitschrift, Kovac sei im Begriff, den 2019 auslaufenden Vertrag bis 2020 zu verlängern, weist der Umworbene zurück.

Die Aktualität habe Vorrang, "hier bewegt sich vieles", meint Kovac, "mein Vertrag ist da total unwichtig". Die nächste Unterschrift werde ihn zwar in die Lage versetzen, "sehr viel mehr Geld zu verdienen, aber das interessiert mich nicht". Weshalb Verhandlungen mit Sportchef Fredi Bobic in naher Zukunft nicht vorgesehen seien.

Das darf man ihm abnehmen. Der Eintracht-Trainer glaubt an die Chance, dass sein Team im wirren Rennen um die ersten Plätze hinter den Bayern mitmischt, und er beherrscht die Kunst, im Team die Spannung hochzuhalten. Den Spielern habe er gesagt, sie dürften an einen Europacupplatz glauben - "aber sie sollen dafür auch arbeiten".

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