Niederlage in Neapel:Bei Dortmund geht alles daneben

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Fehlstart für Dortmund: Der Finalist der vergangenen Champions-League-Saison verliert beim SSC Neapel 1:2 - Trainer Klopp und Torwart Weidenfeller sehen schon in der ersten Halbzeit Rot, Hummels muss verletzt vom Feld. Erst ein Eigentor der Italiener bringt kurz vor Schluss noch ein wenig Spannung.

Im Büro des Hausmeisters des Stadio San Paolo in Neapel hat Jürgen Klopp einen Großteil seines ersten Abends der Champions-League-Saison 2013/2014 verbracht. In das Kabuff hatte der Trainer von Vorjahresfinalist Borussia Dortmund sich nach seinem Platzverweis in der Partie beim SSC Neapel in der zweiten Halbzeit zurückgezogen. Was Klopp dort am TV verfolgen musste, konnte ihm nicht gefallen: Sein Team legte einen kämpferischen Start hin, bei dem aber mehr schief ging als glückte.

Die Partie ging 1:2 (0:1) verloren, auch weil Torwart Weidenfeller nur kurz nach Klopp Rot sah. Zudem verletzte sich Mats Hummels. Ein klassischer Fehlstart. "Heute Abend sind viel zu viele Dinge falsch gelaufen", meinte Klopp. "Wir fangen ordentlich an. Dann nehmen wir uns selbst aus dem Spiel", bilanzierte Nuri Sahin.

Gonzalo Higuain köpft das 1:0 für den SSC Neapel. (Foto: REUTERS)

Als die Dortmunder das Stadio San Paolo betreten hatten, konnten sie gleich hören, was dort von ihnen gehalten wird. "Das Pfeifkonzert war schon genial", meinte Klopp. Die lautstarke Ablehnung war das zweite Zeichen der Anerkennung, das er auf dem Ausflug ernten konnte. Am Tag zuvor war bestätigt worden, dass der SSC Neapel ihn als Trainer verpflichten wollte, bevor der Klub Rafael Benitez vom FC Chelsea warb. Doch auch Klopp geizte nicht mit Anerkennung. Fürs Spiel beim Tabellenführer der Serie A hatte er eine Startelf gewählt, die Respekt erkennen ließ. "Wir haben einen klar defensiven Ansatz", verriet Klopp.

Statt Aubameyang, der mit fünf Treffern die Bundesliga-Torjägerliste anführt, bot Klopp zunächst Blaszczykowski auf. Etwas defensiver, kennt die Laufwege etwas besser - so Klopps Begründung. Wie richtig diese Zurückhaltung war, zeigte sich schnell. Neapel begann stark. Die erste Ecke brachte die erste Chance für die Gastgeber: Insigne führte die Standardsituation kurz aus und konnte wenig später unbedrängt abziehen; der Ball strich knapp am Pfosten vorbei (13.). Kurz darauf gab es schon die nächste Unsicherheit in der Dortmunder Defensive: Higuain ließ Hummels mit einer geschickten Drehung an der Strafraumgrenze wie einen pickeligen Streber aussehen, der beim Abschlussball stehengelassen wird. Subotic stürzte heran und klärte in höchster Not, woraufhin er von Hummels stürmischen Beifall der Erleichterung erntete (16.).

Die Gastgeber setzten die Gäste unter Druck. Und es dauerte, bis die dem etwas entgegensetzten: Die beste Dortmunder Chance in der ersten Halbzeit bot sich Lewandowski nach einem von Hummels initiierten Angriff. Der Pole scheiterte aus kurzer Distanz an Torwart Reina. Den Nachschuss, den Reus volley abgab, lenkte Zuniga mit dem Körper übers Tor (26.). All das aber war nur das Vorspiel für das ganz große Drama.

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:Wenn Sahin eine Kerze schlägt

Robert Lewandowski geht unter, Nuri Sahin schlägt eine Kerze am eigenen Strafraum, und Roman Weidenfeller sieht Rot wegen Handspiels. Borussia Dortmund beim 1:2 gegen den SSC Neapel in der Einzelkritik.

Von Felix Meininghaus, Neapel

Drei Minuten später überschlugen sich nach einer Ecke für Neapel die Ereignisse: Zuniga schlug den Ball vom Strafraum-Eck ins Zentrum, wo ihn der von Schmelzer bewachte Higuain mit dem Kopf für BVB-Torhüter Weidenfeller unhaltbar zum 1:0 ins Tornetz leitete (29.). Über das, was der Szene vorausgegangen war, regte sich Klopp an der Seitenlinie in der ihm gar nicht so seltenen eigenen Art auf: Er baute sich vor dem vierten Offiziellen auf, fletschte die Zähne, ließ die Augen groß und vor Zorn funkelnd hinter der Designerbrille hervortreten, fuchtelte wild. Es sah aus, als wolle er den Regelhüter würgen und prügeln. Auch dem daraufhin herbeieilenden Schiedsrichter Pedro Proenca kam Klopp recht schnell recht bedrohlich nahe, woraufhin der Portugiese die rechte Hand reckte und auf die Tribüne deutete: Platzverweis für Klopp - der erste in der Champions League. "Das war doof", gab Klopp zu.

Was ihn derart aus der Rolle warf? Dortmund war vor der Ecke zu zehnt. Subotic musste wegen einer Platzwunde über dem Auge behandelt werden. Obwohl die Blutung zügig gestillt war, erlaubten der vierte Offizielle und der Schiedsrichter der Defensiv-Größe erst unmittelbar vor der Ecke die Rückkehr aufs Feld. Auch aus diesem Grund war die Zuordnung vor dem Gegentor nicht optimal. Klopps Ärger war verständlich. Seine Reaktion aber übermäßig. Mit dem Ausraster schadete er seinem Team. Dem fehlte fortan sein Antreiber an der Linie. Und es sollte noch schlimmer kommen. Noch viel, viel schlimmer.

Zu zehnt ohne Hummels und Klopp

Stimmen zur Champions League
:"Wir haben nicht unser allerschönstes Gesicht gezeigt"

BVB-Trainer Jürgen Klopp gibt sich demütig nach seinem Ausraster gegen den vierten Schiedsrichter und nimmt seine Mannschaft nach dem 1:2 in Neapel in Schutz. Sein Verteidiger Mats Hummels wird wohl nicht lange ausfallen. Die Schalker hingegen schreien und freuen sich in der Kabine. Stimmen zu Champions League.

Die 45. Minute ist kein Zeitpunkt, zu dem häufig Wechsel vollzogen werden. Wer in der 45. Minute raus muss, kann wirklich nicht mehr. Und in der 45. Minute dieser Partie gegen Neapel erwischte es eine Schlüsselfigur der Dortmunder Defensive: Mats Hummels ging vom Feld. Das heißt: Er ging nicht wirklich. Er humpelte. Aber auch nicht die ganze Strecke. Auf den letzten Metern mussten ihn zwei Helfer stützen. Eine Rückenverletzung.

Für Hummels kam Aubameyang, der bekanntlich sehr schnell rennen kann, in dem Moment aber Mühe gehabt haben dürfte, schnell genug zu schauen, um den nächsten Tiefschlag für sein Team mitzubekommen: Aubameyang war kaum im Spiel, als erneut Higuain brandgefährlich vor dem BVB-Tor aufkreuzte. So gefährlich, dass der aus dem Tor und dem Strafraum stürmende Weidenfeller nur noch die Hand zur Hilfe nehmen konnte, um den Ball aus der Gefahrenzone zu bringen. Handspiel, weiter als sechzehn Meter vom Tor entfernt - das gab Rot. Ersatzkeeper Langerak wurde ins Tor beordert, und Dortmund musste zu zehnt weitermachen. Zu zehnt. Und zudem ohne Hummels und ohne Klopp.

Die zweite Halbzeit lief, wie es daraufhin zu erwarten war: Neapel kontrollierte die Partie und kam durch einen direkt verwandelten Freistoß von Insigne in der 67. Minute zum 2:0. Dortmund mühte sich redlich, gefährlich zu bleiben. Dies glückte auch, beispielsweise als Aubameyang in der 70. Minute das Aluminium scheppern ließ. Der späte Lohn für diese Mühe: Der Anschlusstreffer zum 1:2 durch ein Eigentor von Zuniga (87.), das am Ende noch einige spannende Minuten brachte.

© SZ vom 19.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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