Niederlage in Hoffenheim:Bayern wirkt seltsam ermattet

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Ermattet in Hoffenheim: Mats Hummels und der FC Bayern. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern verliert 0:1 in Hoffenheim, es ist erst die zweite Saisonniederlage.
  • Trainer Ancelotti erwartet dennoch keine Auswirkungen auf die wichtigen Spiele gegen Dortmund und Real Madrid.

Von Matthias Schmid, Sinsheim

Mats Hummels biss zwei-, dreimal von seiner Banane ab, als er plötzlich nicht mehr wusste, wohin mit dem Rest. Er versuchte, sie notdürftig in die rechte Jackentasche zu stopfen. Das misslang, irgendetwas störte, also klappte er die Schale über die verbliebene Frucht und sprach dann im Bauch der Hoffenheimer Arena in die Kameras und Mikrofone.

So zögerlich und unbeholfen, wie Hummels nach Spielende wirkte, waren er und die übrigen Spieler des FC Bayern am Dienstagabend auch in der ersten Hälfte bei 1899 Hoffenheim aufgetreten. In der Auftaktviertelstunde standen zwar elf Münchner auf dem Rasen, aber sie waren nur physisch anwesend. "Wir haben die Hoffenheimer, die ohnehin schon stark sind, mit unseren Ballverlusten und unser Passivität noch stärker gemacht", bekannte Hummels, um fortzufahren: "In der ersten Hälfte waren wir ganz schwach unterwegs."

Tabellarisch hat die 0:1-Niederlage beim Tabellendritten keine Konsequenzen für die Bayern, sollte RB Leipzig an diesem Mittwoch in Mainz gewinnen, würde der Vorsprung auf den Zweiten sieben Spiele vor Saisonende noch immer komfortable zehn Punkte betragen. Aber kann die erste Niederlage in diesem Jahr das Selbstbewusstsein der Münchner vor den wichtigen Spielen am Samstag gegen Dortmund und am darauffolgenden Mittwoch gegen Real Madrid nachhaltig erschüttern?

"Wir hätten auch 0:2 zurückliegen können"

In der ersten Hälfte waren die Hoffenheimer gegen seltsam ermattete Bayern-Spieler erstaunlich überlegen, schneller in Kopf und Beinen, immer wieder fanden sie die Räume, um mit ihren wendigen und trickreichen Spielern wie Andrej Kramaric, Kerem Demirbay und Nadiem Amiri die Münchner Abwehrspieler um Hummels und Javi Martínez in ernste Verlegenheit zu bringen. Kramarics Führungstor (21.) war hochverdient, fand jedenfalls Hummels, "wir hätten auch 0:2 zurückliegen können".

Vielleicht sogar 0:3, wenn Bayern-Torhüter Sven Ulreich nicht die Schüsse der auf ihn allein zustürmenden Amiri (9.) und Demirbay (40.) mit Reflexen abgewehrt hätte. Es waren sogenannte unhaltbare Bälle, die der frühere VfB-Torhüter parierte. Haltbar war dagegen das Gegentor. Zugeben wollte er das zwar nicht, aber er wand sich schon bei der Antwort, in dem er feststellte: "Wenn ich Glück habe, halte ich ihn, so war es ein bisschen Pech."

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Dass die erste Niederlage in der Klubhistorie gegen Hoffenheim länger nachhallen und den schönen Flow der vergangenen Wochen gänzlich beenden könnte, glauben aber weder Hummels noch Bayern-Cheftrainer Carlo Ancelotti, der während der Pressekonferenz seine markante linke Augenbraue nicht höher verbog als üblich. "So ist Fußball", brummte der Italiener, "wir hatten Chancen, den Ausgleich zu erzielen. Aber manchmal klappt es einfach nicht."

In seine entspannte Analyse floss natürlich schon die zweite Hälfte mit ein, und in dieser spielten seine Spieler deutlich engagierter und "drängten eine der aktuell besten deutschen Mannschaften in deren Stadion in das letzte Abwehrdrittel hinein". Wie Hummels anmerkte: "Wir hatten einen Haufen guter Gelegenheiten."

Doch man muss sich schon darüber wundern, warum die Bayern nach dem 6:0 zuletzt gegen Augsburg in Hoffenheim beim Tabellendritten in den ersten Hälfte plötzlich so lethargisch auftraten, als hätte der Betreuer vor dem Spiel Baldrian statt Vitamine in die Trinkflaschen gemixt. Richtig erklären konnte sich Ancelotti die vornehme Zurückhaltung seiner Profis auch nicht, vielmehr verblüfte der mit 57 Jahren älteste Fußballtrainer der Bundesliga nach der Niederlage gegen den mit 29 Jahren jüngsten mit der Aussage, dass "wir etwas überrascht waren von der Spielweise der TSG".

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Hatte der Italiener womöglich vor den Begegnungen gegen Dortmund und Real Madrid keine Zeit gefunden, Videos von Hoffenheimer Spielen zu sichten? Denn die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann ist bekannt dafür, dass sie sich mit immenser Intensität, viel Tempo und hoher Laufbereitschaft am Gegner abarbeitet.

Renato Sanches wirkte eingeschüchtert

Vor allem Renato Sanches schien ob des Hoffenheimer Sturm- und Drang-Spiels ziemlich eingeschüchtert zu sein, er konnte im defensiven Mittelfeld die Angriffe nicht unterbinden, im Gegenteil. Mit seinen Ballverlusten und Fehlpässen war er immer wieder Initiator der TSG-Angriffe. Es hat sich abermals gezeigt, dass der Portugiese zwar vom Körper schon ziemlich erwachsen ist, aber seine Spielanlage noch an den 19-jährigen Teenager erinnert, der er nun mal ist.

Mats Hummels verschwendete aber keine Gedanken an irgendwelche Kritik oder Schuldzuweisungen, es passiere einfach mal, "dass wir nicht alle auf allen elf Positionen da sind", wie er es ausdrückte. Er deutete das Ende der Erfolgsserie als günstige Fügung um. "Unser Flow hätte auch am nächsten Mittwoch weg sein können." Doch eigentlich will er noch gar nicht zu viel über Real Madrid nachdenken, auch mag er es nicht, wenn ganz Fußball-Deutschland von einer Generalprobe spricht. "Das macht mir das Spiel am Samstag gegen Dortmund zu klein", sagte der ehemalige BVB-Profi. Aber vielleicht ist die Partie gegen den Rivalen diesmal nur für ihn eine brisante Begegnung - und für alle anderen ein Vorbereitungsspiel für das Viertelfinale in der Champions League.

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