Niederlage für den BVB:Schalkes zweiter Derby-Streich

FC Schalke 04 v Borussia Dortmund - Bundesliga

Wichtiges Tor zum 1:0 - Schalkes Julian Draxler.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Zwei Schalker Derbysiege gegen Dortmund in einer Saison - das gab es lange nicht mehr. Der BVB zeigt sich anfangs bemerkenswert unsortiert, Schalke nutzt die Fehler kühl aus. Kurz vor Schluss vergibt Robert Lewandowski die Riesenchance zum Ausgleich. Klaas-Jan Huntelaar verletzt sich schwer.

Von Carsten Eberts

Julian Draxler hat vor dem Spiel einige Interviews geben müssen. Er absolvierte dies gewissenhaft, ganz besonders in einer Hinsicht: Nur höchst selten nahm er den Vereinsnamen "Borussia Dortmund" in den Mund. Draxler ist Schalker durch und durch, spielt seit dem achten Lebensjahr im Verein, wurde quasi "auf Kohle geboren", wie man so schön sagt. Den Namen des schärfsten Konkurrenten vermied Draxler lieber. So gehört sich das im Pott.

Draxler tat an diesem Nachmittag noch mehr für seinen Heldenstatus in Gelsenkirchen. In seinem 100. Pflichtspiel für Schalke - er ist der jüngste Spieler der Bundesliga-Geschichte, der diese Marke erreichte - traf er zum frühen 1:0 und ebnete damit den Weg für den zweiten Schalker Derbysieg binnen einer Saison. Auch Klaas-Jan Huntelaar traf ins Dortmunder Tor, der einzige Treffer des BVB gelang Robert Lewandowski. Schalke siegte verdient 2:1 (2:0).

Anschließend war die Jubelstimmung groß. "Der Sieg geht absolut in Ordnung. Das ist pure Erleichterung", sagte Kapitän Benedikt Höwedes, der seinen Vertrag vor dem Spiel bis 2017 verlängert hatte. Trainer Jens Keller erklärte: "Ich bin stolz, wie meine Mannschaft dagegengehalten hat. Wie sie im Moment auftritt, macht mich stolz."

Hummels kehrt ins Team zurück

BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte eine konservative Aufstellung gewählt, anders als im Hinspiel: Da wollte er die Schalker mit einer hochmodernen Dreierkette überraschen. Am meisten überraschte Klopp seine eigenen Spieler: Dortmund verlor im eigenen Stadion 1:2, Klopp nahm die Pleite ausdrücklich "auf seine Kappe". Diesmal lief er wieder mit einer Viererkette auf, Mats Hummels kehrte nach überstandenem Infekt zurück. Offensiv blieb Marco Reus vorerst auf der Bank.

Die größte Überraschung war, dass die Wiedervereinigung der erfolgsverwöhnten Dortmunder Viererkette keinerlei beruhigende Wirkung auf das BVB-Spiel ausstrahlte. Schon bei Draxlers Führungstreffer (12. Minute) zeigte sich die Abwehr seltsam unsortiert. Kurz darauf unterschätzte Nationalverteidiger Hummels einen weit geschlagenen Ball auf Huntelaar, der mit seiner Direktabnahme knapp an Weidenfeller scheiterte. Schalke präsentierte sich giftiger und gedankenschneller. Mario Götze bugsierte einen Kopfball von Joel Matip in höchster Not von der Linie (26.), Torschütze Draxler scheiterte aus kurzem Winkel am heranstürmenden Weidenfeller (30.).

Niemand konnte so recht erklären, wo die Dortmunder Unordnung herkam. Sie hatten die Rückkehr von Hummels natürlich herbeigesehnt - im Normalfall bildet der Nationalspieler mit Nebenmann Neven Subotic eines der unüberwindbarsten Defensivduos der Liga. Diesmal nicht. Hätte dem geschwächten Hummels ein weiteres Spiel Pause vielleicht gut getan? Früh ließ Trainer Klopp seine Ersatzkräfte warmlaufen.

Schalke spielte weiter nach vorne und bestrafte die Dortmunder Unordnung. Nach einer Flanke von Uchida stieg Klaas-Jan Huntelaar zum Kopfball hoch, Subotic stand so spektakulär falsch, dass sich der Torschützenkönig der vergangenen Spielzeit zu Recht über Geringschätzung hätte beklagen können. Huntelaar traf per Kopf zum 2:0 (35.).

Huntelaar mit Innenband-Teilriss

Klopp hatte das Spiel in der ersten Halbzeit teilnahmslos von der Seitenlinie aus verfolgt. In der Pause reagierte er effektiv: Nuri Sahin kam für Mats Hummels, dafür rückte Sven Bender in die Viererkette. Reus ersetzte den ebenfalls enttäuschenden Großkreutz. Bei Schalke musste Huntelaar kurz nach der Halbzeit vom Feld: Bänderverletzung im Knie, es droht eine mehrwöchige Pause. "Es ist sehr, sehr bedauerlich", sagte Trainer Jens Keller: "Er ist im Krankenhaus zur Kernspin. So wie es aussieht, wird er länger ausfallen." Die Diagnose am späten Samstagabend bestätigte Kellers Sorgen: Huntelaar erlitt einen Innenband-Teilriss und fällt mehrere Wochen aus.

Der BVB agierte nun endlich bissiger, schraubte den Ballbesitz flott auf über 70 Prozent. Und Schalke bekam Probleme. Ein vermeintliches Dortmunder Tor nach 53 Minuten verwehrte Schiedsrichter Gagelmann (Bender hatte Höwedes geschubst). Sechs Minuten später hatte der Referee dann nichts einzuwenden: Lewandowski erlief einen Steilpass von Reus und verwertete sicher zum Anschluss (59.).

Dortmund war nun angekommen in diesem Derby. Vor allem hatte der deutsche Meister ein Mittel gefunden, seine Wackelabwehr vor weiteren Verlegenheiten zu schützen: Die Offensive stürmte. Eine der besten Chancen vergab Lewandowski kurios, als er Götze aus kurzer Distanz einen Volleyschuss in den Unterleib jagte. Götze ging zu Boden, die Schalker Fans besangen das Unglück des Dortmunders hämisch. Solche Schmerzen. Ausgerechnet im Derby.

Schalke fiel jedoch nicht auseinander - auch wenn es nur noch zum Kontern reichte. Die beste Chance vergab der eingewechselte Teemu Pukki, als Draxler ihn bei einem gemeinsamen Konter bestens freispielte. Pukki wartete jedoch eine Sekunde zu lange - Bender blockte den Schuss letztlich ins Aus (74.). Noch einmal hätte Pukki für die Entscheidung sorgen können. Doch der Finne spitzelte eine Flanke von Farfán um Zentimeter am linken Pfosten vorbei.

Das Unentschieden auf dem Fuß hatte anschließend Lewandowski. Der Ball kam in angenehmem Tempo, alle Schalke rutschten Weg - doch der Pole knallte den Ball nicht wie sonst ins Tor, sondern auf die Brust von Keeper Timo Hildebrand (88.). "Wir haben uns in der ersten Halbzeit den Schneid abkaufen lassen", sagte Nuri Sahin, "das darf uns im Derby nicht passieren."

Für die Dortmunder war es die zweite Saisonniederlage gegen den Lokalrivalen. Trainer Klopp bekannte mit fahlem Gesichtsausdruck: "Dafür gibt es keine Worte."

Eine positive Nachricht gab es nach dem Spiel noch von der Polizei: Das Spiel sei von Ausschreitungen rivalisierender Fangruppen weitestgehend verschont geblieben. "Wir hatten zwar vor dem Anpfiff 101 Ingewahrsamnahmen von Dortmunder Anhängern zu verzeichnen, von denen einige auf dem Weg zum Stadion die Scheiben eines Shuttle-Busses von innen zerstört haben. Deren Personalien haben wir aufgenommen, die Personen wurden während des Spiels festgehalten, nach dem Abarbeiten der Personalien aber wieder auf freien Fuß gesetzt", berichtete Polizeisprecher Konrad Kordts.

Nach dem Spiel sei eine Auseinandersetzung zwischen Schalker und Dortmunder Fans beim Verlassen des Stadions von der Polizei verhindert worden. "Insgesamt sind wir mit dem Verlauf des Derbytages sehr zufrieden. Die vielen Appelle der Vereinsvertreter, der DFL und der Polizei haben gefruchtet", sagte Kordts.

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