Nick Heidfeld:Mehr Mann

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Formel-1-Pilot Nick Heidfeld erlebt gerade, was Erfolg mit sich bringt - im Guten wie im Schlechten.

René Hofmann

Ein erfolgreicher Formel-1- Fahrer zu sein, hat Vorteile: Man wird ordentlich bezahlt, muss wenige Sorgen um seinen Arbeitsplatz haben und auch in vollen Restaurants weist einem der Ober stets einen guten Platz zu. Es hat aber auch Nachteile. Zum Beispiel, dass die Bunte kommt und unvermittelt fragt: ,,Sagen Sie mal, das mit Ihrem zweiten Kind - war das geplant?'' Oder: ,,Machen Sie zu Hause auch Arbeiten einer Mutter - so Windeln wechseln?'' Oder: ,,Ihre Größe - war das für Sie irgendwann ein Problem?'' Oder: ,,Sie wirken so jungenhaft. Wären Sie gerne mehr Mann?''

Nick Heidfeld: neues Gefühl. (Foto: Foto: dpa)

Nick Heidfeld erlebt in diesen Tagen recht häufig, was Berühmtsein mit sich bringt- im Guten wie im Schlechten. Bei den Rennen in Melbourne, Sepang und Manama wurde er Vierter. Nach dem Abschied von Michael Schumacher ist er der mit Abstand beste deutsche Pilot in der Rennserie, die weltweit die meiste Beachtung findet. So etwas kreiert Interesse. An diesem Donnerstag zum Beispiel in München. Heidfeld darf den Sieger eines Computerspiels küren, welches ein Sponsor des Teams ausgetragen hat, das ihn beschäftigt. Ein roter Teppich ist ausgerollt, Flutlichtstrahler sind aufgestellt, grimmig blickende Türsteher und Kamerateams haben am Eingang Posten bezogen. Ein bisschen erinnert der Auftrieb an die Oscar-Verleihung.

Aber als Nick Heidfeld, der seit zehn Jahren mit Patricia Papen liiert ist, mit der er seit Juni 2005 eine Tochter hat, die ,,Juli'' heißt und mit der er im Juli das zweite gemeinsame Kind erwartet, das mehr oder weniger geplant war, von dem er aber noch nicht weiß, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, als dieser Nick Heidfeld also, der lediglich 1,65 Meter misst, für den das aber nie ein Problem war, der ab und zu Windeln wechselt und kein Problem damit hat, dass man ihm sein Alter von 29 Jahren nicht auf den ersten Blick ansieht, die Szene betritt, tut er das schüchtern abseits des Rampenlichts. Leicht verschnupft sagt er: ,,Ich fühle mich nicht als Star.''

Die Formel 1 ist manchmal ein schrilles Geschäft, in dem es drunter und drüber geht. Nick Heidfeld ist darin ein ruhiges Element geblieben. Seit sieben Jahren ist er dabei. Begonnen hat er im Jahr 2000 beim Rennstall des Franzosen Alain Prost. Zuvor war Heidfeld in der Formel 3000 gefahren. Dort hatte er einen Tick: Er trug links und rechts eine Uhr am Handgelenk. Damit lief es ganz gut. In der Formel 1 aber versagte die Nummer. Die Uhren liefen, aber sein Auto blieb oft stehen. Null Punkte. Seitdem hat Nick Heidfeld jeden Aberglauben abgelegt.

Im Jahr darauf durfte er für das Schweizer Sauber-Team ran. Er schlug sich nicht schlecht, aber sein Kollege Kimi Räikkönen überstrahlte ihn. Der Finne hatte zuvor lediglich ein paar Autorennen bestritten, doch am Ende der Saison engagierte Mercedes nicht Heidfeld, mit dem es bereits vertragliche Bande gab, sondern kaufte Räikkönen mit einer mächtigen Ablöse aus seinem Vertrag. Ein Jahr später erlebte Heidfeld quasi das Gleiche mit Felipe Massa. Der unbedarfte Brasilianer wurde von Ferrari abgeworben. Heidfeld blieb bei Sauber und maß sich mit Heinz-Harald Frentzen. Beide beendeten die Saison 2003 ungefähr gleichauf. Als Teamchef Peter Sauber anschließend beiden beschied, einer müsse gehen, zeigte sich Frentzen nobel: Nimm Nick, riet er Sauber, der ist noch jung. Dummerweise sickerte die Geste durch, was Heidfeld einen weiteren Makel einbrachte: Den, auf die Gunst anderer angewiesen zu sein.

Auf ein mühsames Jahr bei Jordan folgte ein gutes bei Williams-BMW, nach dem Heidfeld richtig gefragt war. Einige Teamchefs buhlten um ihn. Am Ende setzte sich BMW-Sportchef Mario Theissen durch, der einen umsichtigen Chauffeur suchte, der eine junge Equipe in die Erfolgsspur lenken kann. Heidfeld zeigte sich dabei zunächst gelegentlich ein wenig phlegmatisch. Jetzt, in der zweiten gemeinsamen Saison, hat sich der Knoten gelöst. In Malaysia hielt Heidfeld Felipe Massa im Ferrari 50Runden lang kaltblütig hinter sich. In Bahrain stürmte er heißblütig an Fernando Alonsos McLaren-Mercedes vorbei.

,,Ich stecke jetzt weniger Energie ins Team. Die Entwicklungen von dort kommen von alleine. Es ist schön, sich mehr auf Fahrer-spezifische Dinge konzentrieren zu können'', sagt Heidfeld. ,,Die Zusammenarbeit ist enger geworden'', sagt BMW-Sportchef Mario Theissen: ,,Wir mögen uns.'' Die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis Ende 2008 ist wahrscheinlich. Am Gehalt wird es nicht scheitern. Heidfeld, der in Stäfa bei Zürich wohnt, fühlt sich schon jetzt ,,gerecht bezahlt''. Zumindest hat er das den bunten Blättern erzählt.

© SZ vom 21.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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