NHL:Fünf Deutsche jagen die begehrteste Eishockey-Trophäe der Welt

  • In der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL haben fünf Deutsche die Chance, den Titel zu gewinnen.
  • Der Stanley Cup ist eine der ältesten und bedeutendsten Sport-Trophäen in den USA.
  • Für Routinier und Ausnahmespieler Christian Ehrhoff, der für Titelverteidiger Chicago spielt, ist es wohl die letzte Chance auf den Cup.

Von Jürgen Schmieder, Johannes Schnitzler und Ulrich Hartmann

Tom Kühnhackl

Alter: 24, Geburtsort: Landshut, Klub: Pittsburgh Penguins, Position: rechter Flügel, Jahresgehalt: ca. 575000 US-Dollar

Es gibt eine schöne Geschichte aus der Zeit, als Tom Kühnhackl im Januar bei den Pittsburgh Penguins in den Profikader berufen wurde. Sein Vater Erich - Deutschlands "Eishockeyspieler des Jahrhunderts", Spitzname: Kleiderschrank auf Kufen - war in die USA gereist, um die ersten NHL-Partien seines Sohnes live zu erleben. Als ihn zwei Ordner in der Arena mit seinem Sohn entdeckten, fragten sie ihn, ob er denn auch mal gespielt habe. Seine Antwort: "Ach, nur ein bisschen."

Die trockene Bescheidenheit des Vaters hat der Sohn geerbt, Tom Kühnhackl spricht ohne Sentimentalität über die ersten Jahre in den USA: "Es war furchtbar, wenn ich daran zurückdenke. Mein Vater meinte, da müsse ich nun maldurch - ich bin froh, dass er mir immer wieder einen Tritt in den Hintern gegeben hat." Die Penguins haben im letzten Viertel der regulären Saison die meisten Punkte geholt, vergangene Woche erzielte Kühnhackl sein erstes Playoff-Tor. In der Serie gegen die New York Rangers steht es 2:1 für Pittsburgh, in der Nacht zu Mittwoch gelang Kühnhackl beim 3:1 seine erste Vorlage in den Playoffs.

Kühnhackl agiert in der dritten Reihe mit Matt Cullen und Eric Fehr, er spielt auch in Unterzahl. "Das ist ein undankbarer Job, aber das ist mir egal", sagt er und ergänzt in Anspielung auf die vielen blauen Flecken durch geblockte Schüsse: "Ein weiser Mann sagte mal: Ist doch nur Gummi!" Der weise Mann könnte Vater Erich gewesen sein.

Philipp Grubauer

Alter: 24, Geburtsort: Rosenheim, Klub: Washington Capitals, Position: Torwart, Jahresgehalt: ca. 750000 US-Dollar

Die Tradition deutscher Torhüter bei den Washington Capitals ist zeitlich gesehen lang, wenn auch nur mit einem einzigen Namen verbunden: Olaf Kölzig. In Südafrika als Kind deutscher Eltern geboren, kam Kölzig bereits als Dreijähriger nach Kanada. Seine ersten beiden NHL-Spiele machte er 1989 als 19-Jähriger für Washington, doch ehe er sich Stammtorwart nennen durfte, sollten acht Jahre vergehen.

Kölzig spielte fast 800 Mal für die Caps, er verbrachte seine gesamte NHL-Karriere in Washington. Lediglich in seiner letzten Saison half er für acht Spiele in Tampa Bay aus. In Washington verehren sie Kölzig als Olie the Goalie. Philipp Grubauer, geboren in Rosenheim, kam als 17-Jähriger nach Nordamerika. Als Kind hat er oft NHL- Videos gesehen, meistens von Kölzig. Seine ersten beiden NHL-Spiele machte Grubauer mit 21 für Washington.

Nun ist er 24, hat 42 Mal für die Caps gespielt - wenn man so will, also seine gesamte NHL-Karriere in Washington verbracht -, doch in den ersten drei Playoff-Partien gegen Philadelphia saß er auf der Bank. Hauptrundensieger Washington führt 3:0 und steht vor dem Viertelfinal-Einzug, Grubauer hat also noch Zeit. Und was Geduld betrifft, kann er von seinem Trainer lernen: "Er hat mein Spiel auf ein ganz anderes Niveau gehoben", sagt Grubauer. "Es gibt keinen, von dem ich mehr lernen könnte." Der Name des Torwarttrainers: Olaf Kölzig.

Thomas Greiss

Alter: 30, Geburtsort: Füssen, Klub: New York Islanders, Position: Torwart, Jahresgehalt: ca. 1.500000 US-Dollar

Wenn der Füssener Thomas Greiss einen Puck pariert, dann schreit der amerikanische TV-Kommentator: "Grace!" Bei Greiss ist es halt so, dass sie seinen Namen in Nordamerika so aussprechen wie ihren Begriff für "Anmut". 42 Mal hat Greiss in seinem allerersten NHL-Playoff-Spiel einen Puck pariert, genauso oft wurde "Grace!" gerufen. Und selbst wenn der Fernseh-Kommentator es nicht wörtlich gemeint haben sollte, so hat Thomas Greiss seine New York Islanders gegen die Florida Panthers doch mit tollen Aktionen in der Serie 1:0 in Führung gebracht.

Es ist eine enge Serie, Greiss kann zum Helden werden. Dabei ist er bloß Ersatz für den verletzten Jaroslav Halak. Es ist zehn Jahre her, dass Greiss rübergegangen ist in die NHL, damals von den Kölner Haien zu den San José Sharks. Von Hai zu Hai. Wie bei so vielen anderen jungen Spielern ist seine Karriere nicht geradlinig verlaufen. Immer wieder wurde er in Minor Leagues abgeschoben.

Über Phoenix und Pittsburgh kam er schließlich nach New York. 130 NHL-Spiele hat er bislang gemacht. Das ist nicht viel, aber jetzt spielt er erstmals Playoffs - und das ziemlich gut. In Füssen sind sie stolz auf ihn, und vielleicht ist er auch ein bisschen stolz auf Füssen. Immerhin ist der Klub soeben in die Landesliga aufgestiegen. Das könnte Greiss ruhig erwähnen, wenn ihn die TV-Kommentatoren mal interviewen.

Routinier Ehrhoff wurde noch nie Meister

Christian Ehrhoff

Alter: 33, Geburtsort: Moers, Klub: Chicago Blackhawks, Position: linker Verteidiger, Jahresgehalt: ca. 1.500000 US-Dollar

"Nur nicht mehr umziehen!" Das sagte Christian Ehrhoff im vergangenen November, als er in einer Strandbar im Süden von Los Angeles saß und den Sonnenuntergang über dem Pazifischen Ozean betrachtete. Er wollte unbedingt hier bleiben, warum auch nicht? Ehrhoff war 33 Jahre alt, da kann ein Eishockeyspieler schon mal über die letzte Station seiner Karriere nachdenken.

Er spielte bei den Los Angeles Kings, einem Titelfavoriten. Seiner Frau und den beiden Töchtern gefiel es in diesem Dorf am Strand. Der nächste Umzug, das war die Hoffnung der Ehrhoffs, der würde ins kürzlich fertig gestellte Haus in Krefeld führen. Nach der NHL-Karriere. Im Februar allerdings schoben die Kings den Verteidiger zum Ersatzteam Ontario Reign ab und suchten einen geeigneten Verein für einen Tausch. Das Problem dabei: Ehrhoff war mal einer der besten (und bestbezahlten) Defensivspieler der Liga, er wurde jedoch nie Meister.

Er wollte also unbedingt zu einem Verein, der eine reelle Chance auf den Titel hatte. Er kam zu den Chicago Blackhawks, wo er nun zwischen dritter Abwehrreihe und Tribüne pendelt, in den Playoffs gegen die St. Louis Blues kam er in den ersten drei Spielen (0:3) nicht zum Einsatz: "Wenn ich spielen sollte, dann freue ich mich. Ich bin in einem guten Team und hoffe auf Einsätze", sagt er. Sicher ist nur: In dieser Saison wird er nicht mehr umziehen müssen.

Korbinian Holzer

Alter: 28, Geburtsort: München, Klub: Anaheim Ducks, Position: rechter Verteidiger, Jahresgehalt: ca. 750000 US-Dollar

NHL-Franchises sind kundenorientierte Unternehmen. Die Toronto Maple Leafs etwa bieten auf ihrer Homepage einen Service an, der ihren Fans helfen soll, Namen von Spielern aus exotischen Ländern wie Finnland, Kasachstan oder Deutschland korrekt auszusprechen. Und so riefen die Fans in Toronto immer "Auf geht's Holzuhr, los!", wenn Korbinian Holzer spielte.

Holzer spielt nicht mehr für Toronto. In fünf Jahren für die Maple Leafs kam der 1,91 Meter große Verteidiger auf nur 58 Einsätze. Meistens wartete er im Farmteam auf einen call, wie das in der Branchensprache heißt. Meistens blieb der Ruf aus. Im März 2015 tauschte Toronto Holzer gegen Eric Brewer, einen 37-jährigen dreimaligen Weltmeister mit mehr als 1000 NHL-Einsätzen. Kein schlechter Deal für Holzer, den gebürtigen Münchner, der das Eishockeyspielen in Geretsried und Bad Tölz gelernt hat.

Mit den Anaheim Ducks, seinem neuen Klub, stand er in den Playoffs, das heißt: Er saß. Holzer machte für die Ducks bis zum Saisonende kein Spiel. Stattdessen machte er sich Gedanken. Man munkelte von einer Rückkehr nach Deutschland, wo der Nationalspieler zuletzt in Düsseldorf unter Vertrag war. Diese Saison stand Holzer dann trotz einer Viruserkrankung, die ihn für einige Wochen lahmlegte, 29 Mal auf NHL-Eis. Auf sein erstes Playoff-Spiel wartet er noch. Am Ende der Saison läuft sein Vertrag aus. Die Holzuhr tickt.

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