Neues Davis-Cup-Team:In Warstein schon ein "Sport-Star"

BNP Paribas Open

Die neue deutsche Nummer eins - beim Davis-Cup-Viertelfinale gegen Frankreich: Tobias Kamke.

(Foto: John G. Mabanglo/dpa)

Nach Querelen und Verletzungen vertritt ein B-Team den Deutschen Tennisbund beim Davis-Cup-Viertelfinale. Es soll die nächste deutsche Tennis-Generation sein. Wer sind die vier Neuen, die in Frankreich eine Überraschung schaffen wollen?

Von Saskia Aleythe und Lisa Sonnabend

Tommy Haas hat Rückenprobleme, Florian Mayer zwickt es an der Leiste und Philipp Kohlschreiber steht auch nicht zur Verfügung - wegen einer Ellbogen-Verletzung, aber auch wegen eines Streits mit Kapitän Carsten Arriens. Wenn am Wochenende die deutsche Davis-Cup-Mannschaft in Nancy gegen Frankreich antritt, werden deswegen neue Namen für den Deutschen Tennisbund spielen. Die Chancen für ein Weiterkommen: gering bis sehr gering. Dennoch lohnt ein Blick auf die neue Tennisgeneration. Wer sind die vier Davis-Cup-Spieler? Eine Übersicht.

Tobias Kamke

Wie schnell man vom Neuling zum Anführer werden kann, erlebt Tobias Kamke. Der 27-Jährige aus Lübeck gab im Februar vergangenen Jahres sein Davis-Cup-Debüt - und ist nun der erfahrenste Spieler. Deswegen wird er nun Einzel und Doppel spielen. Nach Frankreich reiste Kamke mit entsprechender Mentalität an: "Wir haben dort überhaupt nichts zu verlieren und brauchen uns deshalb auch vor niemandem zu verstecken."

Seit 2006 führt Kamke das Leben eines Tennisprofis, 2010 gelang ihm ein großer Leistungssprung. Innerhalb eines Jahres verbesserte er sich von Rang 254 auf 66 in der Weltrangliste, er bezwang den damaligen Top-Ten-Spieler Tomas Berdych beim Turnier in Basel und wurde von der Association of Tennis Professionals (ATP) zum "Newcomer des Jahres" gewählt.

2014 bringt für Kamke einen Neustart mit sich: Nach fünf Jahren trennte er sich im vergangenen Dezember von seinem Trainer Ralph Grambow, er trainiert nun zum Teil mit Sascha Nensel - dem Coach von Julia Görges. Was Kamke auf dem Court zum Anführer macht? Der ausdauernde Rechtshänder gilt als laufstark und kampfbereit. Eine Einstellung, die so manchem abtrünnigen Davis-Cup-Spieler in letzter Zeit fehlte. "Tobias ist für mich ein Spieler mit einem großen Potenzial", meint Kapitän Arriens. Kamke spielt am Freitag das erste Einzel gegen Julien Benneteau, aktuell 50. der Weltrangliste und damit 46 Plätze vor Kamke.

Peter Gojowczyk

ExxonMobil Qatar ATP Open Tennis tournament in Doha

2014 ist sein Jahr: Peter Gojowczyk

(Foto: dpa)

Diese Worte wird Arriens nach all den Querelen mit dem Davis-Cup-Team zuletzt gerne gehört haben. "Am Anfang habe ich es gar nicht so richtig glauben können, weil ich so überrascht und überwältigt war", sagte Peter Gojowczyk auf der Pressekonferenz in Nancy über seine Nominierung und blickte ein wenig unsicher in die Runde.

Gojowczyk, 24 Jahre alt, 1,87 Meter groß, David-Garrett-Pferdeschwanz, Weltranglistenposition 119, wird am Freitag nach Kamke das zweite Einzel bestreiten, gegen die Nummer eins der Franzosen, Jo-Wilfried Tsonga.

Das Jahr 2014 lief bislang vielversprechend für den Profi, der aus Eisenhofen im Landkreis Dachau bei München kommt. Im Januar startete er beim Turnier in Doha als Qualifikant, schlug Kohlschreiber und Dustin Brown - und befand sich erstmals im Halbfinale eines ATP-Turniers. Dort wartete Rafael Nadal, doch Gojowczyk ließ sich von seinem Gegner, von dem er sich ein halbes Jahr zuvor noch ein Autogramm geholt hatte, nicht einschüchtern. Er gewann dank seiner wuchtigen Grundlinienschläge überraschend den ersten Satz, am Ende verlor er knapp 6:4, 2:6, 3:6. Nadal sagte danach beeindruckt: "Ich hatte gehofft, dass er nicht so weiterspielt."

Gojowczyks Ziel ist es, eines Tages die Top 50 zu erreichen. Sein Wunsch ist es, unter den Top 10 zu stehen. Mit der Davis-Cup-Teilnahme kann er schon einmal ein Lebensziel abhaken: "Da geht jetzt ein absoluter Kindheitstraum in Erfüllung", sagte er auf der Pressekonferenz in Nancy noch. Carsten Arriens lächelte.

"Gefährliches, schnelles Spiel"

Jan-Lennard Struff

TENNIS ATP Australian Open 2014 MELBOURNE AUSTRALIEN 13 JAN 14 TENNIS ATP Tennis Herren World

Zukunftshoffnung: Jan-Lennard Struff

(Foto: imago sportfotodienst)

Reisen, ein Studium beginnen, Freunde besuchen, faulenzen: Ziemlich vieles, was 19-Jährige so tun, hätte Jan-Lennard Struff nach seinem Abitur 2009 anstellen können. Doch er tat, was wenige 19-Jährige tun: Er startete das Experiment Tennisprofi. Ein Jahr lang wollte er gucken, wie weit es für ihn nach oben gehen kann. Die ersten Erfolge stellen ihn so zufrieden, dass er seinen Plan fortsetzt. Mittlerweile ist er auf Weltranglistenplatz 93 angekommen und steigert sich kontinuierlich.

Im Februar zog der 23-Jährige zum ersten Mal in ein Halbfinale eines ATP-Turniers ein - auch da schlug er sich beachtlich. Gegen Jo-Wilfried Tsonga, derzeit Zwölfter im Profitennis, verpasste er mit 6:7 (4:7), 5:7 nur knapp die noch größere Überraschung. Die Nominierung für den Davis Cup ist damit folgerichtig. "Er verfügt über ein sehr gefährliches, schnelles Spiel", sagt Arriens.

Struff ist ein ruhiger Geselle, bezeichnet sich selbst als gelassen und tritt so auch auf dem Court auf. Körperlich ist er indes kaum zu übersehen, mit 1,97 Meter liegen seine Vorteile beim Aufschlag. Struff hat eine Vorliebe für Sandplätze, steigerte sich aber zuletzt auf Hartplätzen. Dass er es 2013 ins Hauptfeld von Wimbledon und Paris schaffte, hat er vor allem seinem verbesserten Return zu verdanken.

Zu Hause in Warstein, einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, ehrte DerWesten.de "Struffi" bereits als "Sport-Star"- inklusive 44-seitiger Bildergalerie. Für Struff wird es die nächsten Wochen aber nicht nur als Sportler spannend: Als Unterstützer von Borussia Dortmund stehen ihm aufregende Zeiten bevor.

Andre Begemann

Am Mittwochmorgen klopfte jemand an der Hotelzimmer-Tür von Andre Begemann. Der 29-Jährige drehte sich im Bett herum. Doch es klopfte penetrant weiter, solange, bis sich der 29-Jährige schließlich erhob. Vor der Tür stand kein Hotel-Angestellter, sondern der Team-Arzt der deutschen Davis-Cup-Mannschaft. Es war bereits 11.10 Uhr, Andre Begemann hatte verschlafen. In einem Blog berichtet Begemann ausführlich über seine Erlebnisse mit dem Davis-Cup-Team und er hat viel zu erzählen. Es ist erst sein zweiter Einsatz, vieles ist für ihn neu. Begemann schreibt vom Training, von der Stimmung im Team oder den Gesprächen beim Abendessen mit der Mannschaft.

Begemann wird am Samstag im Doppel zusammen mit Kamke antreten, in der Doppelrangliste wird er an Position 48 geführt. Mit seinem Partner Martin Emmrich konnte er sich bereits zwei ATP-Titel sichern.

Begemann kommt aus dem 500-Seelendorf Donop in Ostwestfalen. Dort gibt es einen Bäcker, eine Kindertagesstätte und ein Feuerwehrhaus. Einen Tennisplatz allerdings nicht. Begemanns Karriere begann deswegen recht zögerlich. Erst als er mit 20 Jahren für ein Jahr nach Kalifornien zog, fand er die nötigen Voraussetzungen vor. Begemann gewann mit dem Team der Pepperdine University die Nationalen Collegemeisterschaften und fasste den Entschluss, Profi zu werden. Im Einzel war Position 166 seine bislang beste Platzierung, im Doppel läuft es besser, nun konzentriert er sich auf diesen Wettbewerb - sein Ziel: die Top Ten.

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