Neuer Trainer Martin Schmidt:Mainz dreht die Lautstärke auf

  • Wer ist der neue Coach von Mainz 05? Martin Schmidt wurde einst von Thomas Tuchel zum Verein geholt.
  • Er gilt als akribischer Arbeiter - und als deutlich emotionalerer Typ als sein Vorgänger Kaspar Hjulmand.
  • Schmidt sagt: "Wir wollen die Zügel loslassen und wieder nach vorne maschieren."

Von Carsten Eberts

Ein einziger Buchstabe macht diesen hübschen Witz kaputt. Nein, nicht der frühere Skispringer Martin Schmitt übernimmt die Trainergeschicke beim FSV Mainz 05, sondern Martin Schmidt - mit "dt" statt "tt". Ein Schweizer, von Beruf Fußballtrainer, der zuletzt die U23 des Vereins verantwortete. Der in seinem Leben zwar viel Ski gefahren, aber vermutlich noch nie eine Schanze hinunter gebrettert ist.

Die Ereignisse haben sich bei Mainz 05 überschlagen seit dem turbulenten 2:4 am Freitagabend in Dortmund. Doch es war nicht dieses Spiel, es war die Gesamtbilanz, die dem bisherigen Coach Kaspar Hjulmand zum Verhängnis wurde: Tabellenplatz 14, nur ein Sieg aus zuletzt 13 Spielen. Mit diesem Kader dürfe man nicht absteigen, hatte Christian Heidel, der mächtige Manager des Klubs, vor dem Auftritt beim BVB gesagt. Da war Hjulmands Ruf bereits arg angeknackst.

Nun also Martin Schmidt, eine interne Lösung, aber eine viel beachtete: Am Dienstagmorgen leitete der 47-Jährige bereits das Training, in blauem Trainingsanzug wirbelte er über den Rasen, schleppte sogar einen Wasserkasten selbst. Er gilt als deutlich emotionalerer Typ als Hjulmand. Früher war er Extremskifahrer, dann fuhr er Autorennen, hatte eine eigene Tuning-Firma. Es kann sehr laut werden, wenn Schmidt an der Seitenlinie tobt, da steht er sogar unter Derwisch-Verdacht: Dann gestikuliert er, geht in die Knie, schimpft sich in Rage, dirigiert und korrigiert. Die vierten Offiziellen in der Bundesliga können sich auf etwas mehr Trubel einstellen.

Bei seiner Vorstellung ist Schmidt heiser

Darunter leidet schon mal Schmidts Stimme. Bei der Vorstellung am Dienstagmittag in der Mainzer Arena ist er merklich heiser. "Ich bin normalerweise ein lauter Trainer", entschuldigt er sich, aber beim letzten Drittligaspiel der U23 hatte er es mit der Schreierei etwas übertrieben. Nach einigen beruflichen Umwegen hatte Schmidt zehn Jahre als Trainer in der Schweiz gearbeitet, 2010 kam er nach Mainz - übrigens auf Drängen von Hjulmands Vorgänger Thomas Tuchel. "Ein sehr feiner Kerl mit extrem hohem Fachwissen", sagte Tuchel einst über Schmidt.

Schon als Tuchel im Mai 2014 überraschend seine Auszeit verkündete, war Schmidt ein ernsthafter Kandidat, doch der Klub entschied sich für Hjulmand. Mit acht Monaten Verspätung erhält Schmidt nun seine Chance. "Ich weiß, welche Prinzipien und Attribute wir wieder rauskitzeln wollen", erklärte Schmidt: "Wir wollen die Zügel loslassen und wieder nach vorne maschieren." Das klang doch sehr nach dem, was Mainz 05 in der Bundesliga berühmt gemacht hat.

Mit Hjulmand passte es nicht

Mit dem öffentlich eher braven Hjulmand hatte es einfach nicht gepasst. Fast zu perfekt schien die Geschichte im Sommer, als Mainz in Hjulmand den dänischen Tuchel gefunden zu haben glaubte. Erste Rückschläge wie das frühe Aus in der Europa League (gegen Asteras Tripolis) und im DFB Pokal (FC Chemnitz) überstand man noch gemeinsam. Hjulmand galt als großer Fachmann, Anpassungsprobleme wurden ihm zugestanden. Die Negativserie brachte den Verein jedoch zum Nachdenken.

Hjulmand sei beratungsresistent, hieß es schon länger im Verein. Trotz Heidels Bitten, an die Kernkompetenzen des Teams zu denken, sprich mutiger spielen zu lassen, ließ er weiter schnelle Passfolgen trainieren, vernachlässigte die Mainzer Tugenden. Das Team lieferte einen matten Auftritt nach dem anderen ab, sogar das Zuschauerinteresse ließ nach. Doch Hjulmand blieb stur.

Heidel verabschiedete ihn trotzdem mit netten Worten, sagte aber, das Team brauche nun jemanden, der "Verein und Fans in einer schwierigen Phase einen und mitreißen" könne. Martin Schmidt traut er dies zu.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: