Dennis Schröder in den NBA-Playoffs:Kleiner Chef unter Super-Egos

Dennis Schröder

Die ersten Playoffs als Starter: Dennis Schröder mit seinen Atlanta Hawks in der NBA.

(Foto: Erik S. Lesser/dpa)
  • In den Playoffs der NBA will der deutsche Basketballer Dennis Schröder zeigen, das er als Spielmacher gewachsen ist.
  • Doch in der ersten Runde wartet mit John Wall ein sehr starker Gegenspieler.

Von Christopher Meltzer

An Selbstvertrauen fehlt es den meisten Basketballern der NBA nicht. Schon gar nicht jetzt, da in der US-Profiliga nur noch die besten 16 Mannschaften verblieben sind und sich in den Playoffs um die Meisterschaft streiten. Ungewöhnlich ist es also nicht, wenn ein Spieler nun behauptet: "Wir können jeden schlagen." Und doch gibt es Basketballer, die dazu besonders berechtigt scheinen. Etwa Stephen Curry, der für die Golden State Warriors spielt, den großen Favoriten.

Oder LeBron James, der mit den Cleveland Cavaliers den Titel verteidigen möchte. Nur ist ein solcher Satz weder von Curry noch von James überliefert. Er stammt von Dennis Schröder, 23, der vor vier Jahren noch mit Braunschweig in deutschen Basketballhallen aufgetreten ist, jetzt aber die Atlanta Hawks auf der größten Bühne der NBA anführen soll.

Um zu verstehen, wie Schröder an diese bedeutende Rolle gelangt ist, muss man die Zeit um ein Jahr zurückdrehen. Damals traf Atlanta in der zweiten Playoff-Runde auf Cleveland, den späteren Meister. Und obwohl die Hawks nicht ein Spiel für sich entscheiden konnten, offenbarte sich ihren Verantwortlichen doch eine wertvolle Erkenntnis. Sie betraf Dennis Schröder. Als Atlanta im vierten Spiel der Serie vor dem eigenen Publikum das Ausscheiden drohte, leisteten nicht die erfahrenen Profis der Hawks Widerstand, sondern ihr junger Spielmacher, der die wichtigen Momente bis dahin meistens nur von der Ersatzbank verfolgt hatte, plötzlich aber 21 Punkte auftischte.

Schröders Leistung genügte nicht, um Cleveland zu bezwingen, wohl aber, um die eigenen Chefs zu überzeugen. Noch im gleichen Sommer tauschten diese nämlich Jeff Teague weg, den eigentlichen Spielmacher. Die Hawks beförderten Schröder anschließend nicht nur in die Startformation, sondern auch auf der Gehaltsliste: 70 Millionen Dollar wird er in den nächsten vier Jahr verdienen.

Schröder versucht, sich gut zu verkaufen

Wenn ein Klub einen jungen Spieler mit viel Geld überhäuft, geht er zugleich auch eine Wette ein. Nur sind sie sich in Atlanta nicht sicher, ob ihre Wette mit Dennis Schröder aufgeht. Er selbst zweifelt freilich nicht daran. Schröder tritt stets selbstbewusst auf. Manche legen ihm das als Arroganz aus, doch wer zwischen den Super-Egos der NBA bestehen will, muss sich gut verkaufen. Der Nationalspieler glaubt, schon bald in die Riege der fähigsten Point Guards eindringen zu können. Aber kann er das wirklich?

Eine Antwort auf diese Frage hat Schröders erste Saison in Verantwortung nicht geliefert. Er erzielt viele Punkte (17.9 pro Spiel), sagen die einen. Er benötigt dafür aber auch viele Würfe (15,4 pro Spiel), entgegnen die anderen. Dieses Hin und Her setzt sich fort: Die einen bejubeln seinen unglaublich schnellen Antritt, die anderen tadeln die vielen Ballverluste. "Er hat viele Dinge gut gemacht", findet Atlantas Trainer Mike Budenholzer: "Wir hatten einige Tiefs, aber die haben wir erwartet. Dennis will großartig sein, das macht ihn besonders."

Nun darf man in der Bewertung nicht vergessen: Schröder ist erst 23 Jahre alt, füllt aber schon die anspruchsvollste Position im Basketball aus. Was diese Aufgabe erschwert: Noch nie zuvor in der Geschichte der NBA haben sich derart viele hochbegabte Point Guards in der Liga getummelt. Jahr für Jahre drängen vom College neue Spielmacher in den Profibereich. Es ist nicht leicht, in der Masse aufzufallen.

Die Playoffs jedoch bieten die Bühne dafür. Da trifft es sich gut, dass Schröder in der ersten Runde auf einen Spielmacher trifft, den viele für den besten in der Eastern Conference halten: John Wall von den Washington Wizards. Nur ein Platz hat Washington und Atlanta in der Abschlusstabelle getrennt. Trotzdem rechnen die Experten den Hawks vor dem ersten Spiel der Serie am Sonntag (19 Uhr) nur geringe Chancen aus. Ihr Kernargument: Die Wizards haben den besseren Point Guard.

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