Basketball in der NBA:Bei Dirk Nowitzki knarzt der Körper

Dallas Mavericks v Indiana Pacers

Dirk Nowitzki hat einige neue Spieler um sich - den Auftakt verloren seine Mavs in Indiana.

(Foto: AFP)
  • In seiner 19. Saison mit den Dallas Mavericks kann der deutsche Basketballer weitere Rekorde brechen.
  • Amerika staunt über den alten Nowitzki, dessen Fähigkeiten immer noch einmalig sind.

Von Joachim Mölter

Im vergangenen Sommer hat der Basketballprofi Dirk Nowitzki mal so richtig Urlaub gemacht. Monatelang ist er mit der Familie durch die Welt gereist, hat seine Eltern in Würzburg besucht und seine Schwiegereltern in Schweden; er war als Zuschauer bei der Fußball-EM in Frankreich im Stadion und bei der EM-Qualifikation der Basketballer in der Halle. Und als er vor ein paar Wochen wieder ins Teamtraining bei seinem Klub eingestiegen ist, bei den Dallas Mavericks, da hat er den Müßiggang zu spüren bekommen: Da murrten die Muskeln, knarzten die Knochen, quietschten die Sehnen. "Ich hab' mich nicht toll bewegt", gibt Nowitzki zu, "aber jetzt fühle ich mich wieder besser."

Es ist kein Wunder, dass sich Dirk Nowitzkis Körper bemerkbar macht, der 38-Jährige geht in seine 19. Saison in der NBA, der stärksten und strapaziösesten Basketball-Liga der Welt. Es gibt nicht viele, die so lange dort durchgehalten haben, und es gibt noch weniger, die die ganze Zeit bei einem einzigen Klub geblieben sind.

Wenn Nowitzki seinen neuen, mit insgesamt 50 Millionen Dollar dotierten Zweijahresvertrag erfüllt, den er im Sommer mit den Mavericks abgeschlossen hat, wird er der zweite NBA-Profi sein, der zwei Jahrzehnte für das gleiche Team gespielt hat: Der erste war der unlängst zurückgetretene Kobe Bryant bei den Los Angeles Lakers. Und wenn Nowitzkis Körper mitmacht, wird er als einer der fünf besten Korbjäger in die Geschichte der NBA eingehen. Der sechstbeste ist er bereits, zu dem vor ihm liegenden Wilt Chamberlain (31 419) fehlen weniger als 2000 Punkte.

Der Saisonauftakt gegen Indiana ging verloren

"Solche Rekorde sind nicht der Grund, warum ich noch spiele", sagt Dirk Nowitzki - es macht ihm einfach immer noch Spaß. Mit seiner individuellen Lebensleistung will er sich "vielleicht in zehn, fünfzehn Jahren" beschäftigen, "wenn ich mal auf meine Karriere zurückblicke". Wenn sein heute einjähriger Sohn groß geworden ist und er ihm sagen kann: "Max, schau' her, der Papa hat mal was gekonnt."

Der Papa kann immer noch eine Menge auf dem Basketball-Parkett, er kann es vielleicht nur nicht mehr so oft wie in seinen besten Zeiten, als er mit den Mavericks die Meisterschaft gewann (2011) oder zum wertvollsten Spieler der Liga gekürt wurde (2007). Am Mittwochabend, bei dem mit 121:130 nach Verlängerung verlorenen Saisonauftakt bei den Indiana Pacers, wies Dirk Nowitzki seine ungebrochene Leistungsfähigkeit jedenfalls nach. Er erzielte 22 Punkte, sammelte acht Rebounds ein, blockte zwei gegnerische Würfe ab - nicht schlecht für einen Mann seines Alters.

Im Lauf seiner Karriere hat Dirk Nowitzki mehr als 200 Mannschaftskameraden in Dallas kommen und gehen sehen, die genaue Zahl weiß er nicht. Vor dieser Saison sind wieder neue dazugekommen, der talentierte Allrounder Harrison Barnes, 24, und der routinierte Center Andrew Bogut, 31, vom Vorjahresfinalisten Golden State Warriors zum Beispiel. Von den beiden verspricht sich Nowitzki die nötige Unterstützung, damit die Mavericks nicht nur ein weiteres Mal die Playoffs erreichen, sondern dort mal wieder wenigstens die zweite Runde. Nach dem Titelgewinn 2011 ist ihnen das ja nicht mehr gelungen.

Auf Spott reagiert er mit feinem Humor

"Wir sind eine ältere und langsame Mannschaft", sagt Dirk Nowitzki über sein diesjähriges Team, "das Rezept gegen uns wird sein, das Spiel schnell zu machen." Es ist ja kein Geheimnis, dass gerade der 2,13 Meter große Nowitzki nicht mehr der Flinkste auf den Beinen ist, vor allem in seiner Abwehrarbeit ist das zu sehen. Ein amerikanischer Journalist hat neulich geschrieben, Nowitzki renne so langsam, als steckten seine Füße in Zement fest.

Treffen kann man den Würzburger mit solchen Äußerungen nicht mehr, er hat sich in all den Jahren eine feine Selbstironie zugelegt und als Antwort getwittert: "Haargenau! Das Problem ist nur: Ich bin in meiner gesamten Karriere so gelaufen. Früher war's wie im Treibsand, jetzt ist's wie in trockenem Zement."

Nowitzkis Spielweise hängt nicht von seiner Athletik ab, "da hab' ich nicht viel verloren", sagt er mit einem weiteren Anflug von Selbstironie. Er hat immer von seinem Spielverständnis und seinem technisch sauberen Wurf gelebt; insofern "hat mir die Entwicklung in der NBA in die Hände gespielt", weiß er. Als er im vergangenen Jahrtausend in die USA kam, wurde viel gedribbelt, eins gegen eins gespielt, und wer groß war, stand bloß unter dem Korb herum. Seitdem sei der Stil europäischer geworden, "es ist mehr Bewegung im Spiel, es wird mehr von außen geworfen, mittlerweile können ja sogar die Center Dreier treffen", sagt Nowitzki, der viel zu dieser Entwicklung beigetragen hat.

Dass er als Seven-Footer, wie die groß gewachsenen Männer im Basketball genannt werden, aus der Distanz treffen konnte, war seinerzeit neu und revolutionär; und das hat dazu geführt, dass sich die Klubs verstärkt nach handwerklich gut ausgebildeten Europäern umgeschaut haben sowie generell nach treffsicheren Riesen.

Darüber, dass er die Rolle der groß gewachsenen Akteure nachhaltig verändert und das Basketballspiel damit neu geprägt hat, macht sich Dirk Nowitzki keine Gedanken; das überlässt er anderen, er selbst ist ja noch bei der Arbeit an seinem Lebenswerk. Seine Kinder werden später schon sehen, was der Papa mal gekonnt hat.

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