NBA-Finale: Dallas gegen Miami:Comeback trotz Fieber

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Dirk Nowitzki spielt mit Grippe und 39 Grad Fieber - und erzielt die entscheidenden Punkte beim 86:83 der Dallas Mavericks gegen die Miami Heat. In einer der spannendsten Finalserien in der Geschichte der NBA steht es nun 2:2.

Jürgen Schmieder

Dirk Nowitzki stützte seine Hände auf den Knien ab, es sah so aus, als würde er im nächsten Moment einfach nach hinten umkippen. Völlig erschöpft stand er kurz vor Ende der vierten Partie der NBA-Finalserie zwischen den Dallas Mavericks und Miami Heat auf dem Parkett, in seinem müden Blick konnte man viele Dinge deuten, jedoch nicht, dass er nun gleich den Ball bekommen und die entscheidenden Punkte für seine Mannschaft erzielen würde.

Dirk Nowitzki zeigt trotz Fieber Einsatz beim Spiel der Dallas Mavericks gegen Miami Heat. (Foto: AFP)

Nowitzki bekam den Ball, umspielte seinen Gegenspieler und warf den Ball zum 84:81 in den Korb. Weil Jason Terry danach noch zwei Freiwürfe verwandelte, gewannen die Mavericks die Partie mit 86:83 und glichen die Best-of-seven-Serie zum 2:2 aus. Nach dem Spiel schlich Nowitzki sofort in die Kabine, er wollte seine Leistung (21 Punkte, elf Rebounds) nicht kommentieren - die deshalb so herausragend war, weil Nowitzki mit Grippe und 39 Grad Fieber agierte.

"Er hat vor dem Spiel andauernd gehustet, die Doktoren konnten das Fieber nicht senken, er konnte kaum sprechen", sagte Kollege Tyson Chandler nach dem Spiel. "Dennoch macht er den entscheidenden Korb für uns. Er hat heute gezeigt, welch unglaubliches Herz er hat." Erneut gab es ein Comeback der Mavericks im Schlussviertel - obwohl Nowitzki genau davor gewarnt hatte.

"Wir dürfen nicht mehr so weit zurückliegen", hatte er nach der dritten Partie gesagt. "Wenn wir einen großen Rückstand aufholen müssen, haben wir danach meistens nicht mehr die Energie, in Führung zu gehen und zu gewinnen." In allen drei Spielen waren die Mavericks mit mehr als zehn Punkten zurückgelegen, nur die zweite Partie hatten sie noch gewinnen können.

Nowitzki hatte seine Forderung, dem Gegner keinen allzu großen Vorsprung zu gönnen, auch mit Blick auf die komplette Finalserie gegen die Miami Heat ausgesprochen. Noch nie in der Geschichte der NBA ist ein Verein nach einem 1:3-Rückstand noch Meister geworden. "Das ist ein Spiel, das wir unbedingt gewinnen müssen", hatte Nowitzki deshalb gesagt - und dabei vor allem seinen Kollegen Jason Terry in die Pflicht genommen: "Er war bisher in entscheidenden Situationen nicht der Spieler, den wir brauchen."

Würfe, die jeden Gegenspieler zur Verzweiflung treiben

Nowitzkis Abend begann zunächst eindrucksvoll, er erzielte die ersten sechs Punkte für die Mavericks mit Würfen, die jeden Gegenspieler zur Verzweiflung treiben: Er springt nach oben und hinten gleichzeitig, er kickt den rechten Fuß nach vorne und wirkt dabei, als würde er das Gleichgewicht verlieren. Dann wirft er den Ball in relativ hohem Bogen in Richtung Korb.

Nach diesen ersten Minuten allerdings agierten die Mavericks schlampig in der Verteidigung und noch schlampiger bei den Rebounds. Das führte dazu, dass die Miami Heat die Partie trotz einer schrecklichen Trefferquote von 26 Prozent bis zum Ende des ersten Viertels (21:21) ausgeglichen gestalten und sich zu Beginn des zweiten Viertels eine Acht-Punkte-Führung herausspielen konnten.

Die Mavericks schienen sich in diesem Moment an die mahnenden Worte Nowitzkis zu erinnern. Sogleich starteten sie eine Aufholjagd, bei der sich vor allem Jason Terry und Tyson Chandler (insgesamt 13 Punkte und 16 Rebounds) hervortaten, zur Halbzeit stand es nur noch 47:45 für Miami.

In der zweiten Halbzeit war Nowitzki dann deutlich anzusehen, wie sehr ihn die Grippe schwächte - und es war klar, dass andere für ihn würden einspringen müssen, wenn die Mavericks den 1:3-Rückstand würden verhindern wollen. Nur: Es gelang zunächst keinem seiner Kollegen, vielmehr spielte sich Miami Heat im Windschatten des erneut magisch agierenden Dwyane Wade (insgesamt 32 Punkte) eine knappe Führung am Ende des dritten Viertels (69:65) heraus - die sie zu Beginn des Schlussviertels auf neun Punkte ausbauen konnten.

Nun schien Jason Terry der mahnenden Worte Nowitzkis zu gedenken, er erzielte zwei schnelle Körbe, um den Lauf Miamis zu stoppen. Zu diesem Zeitpunkt lief Nowitzki nicht mehr über das Spielfeld, es war eine Mischung aus taumeln und torkeln - dennoch verwandelte er vier Freiwürfe in Folge und erzielte einen Korb aus dem Spiel heraus. Danach schaffte Terry (insgesamt 17 Punkte) einen Korbleger - und plötzlich stand es 79:78 für Dallas.

In dieser Phase unterliefen Wade plötzlich groteske Ballverluste - also sollte LeBron James einspringen. Der hatte vor dieser Partie trotz der 2:1-Führung seines Vereins Kritik einstecken müssen dafür, warum er keine auffallende Rolle spiele in dieser Finalserie. "Sie schauen nur auf die eine Seite des Spielfeldes", hatte James genervt auf die Fragen der Reporter geantwortet und auf seine unglaublichen Qualitäten als Verteidiger und Teamplayer verwiesen: "Wenn es um persönlichen Erfolg ginge, könnte ich längst Golf spielen. Ich tausche jeden individuellen Titel gegen die Meisterschaft."

Nun hätte ihn seine Mannschaft sowohl in der Offensive als auch in der Defensive benötigt, doch James entschied sich dafür, unsichtbar zu bleiben. Gerade einmal acht Punkte erzielte der Mann, der sich seinen Spitznamen "der Auserwählte" ganz unbescheiden auf den Rücken hat tätowieren lassen, von seinen Fähigkeiten als Verteidiger war im Schlussviertel, als er gegen Jason Terry spielte, kaum etwas zu sehen. Auch Chris Bosh (insgesamt 24 Punkte), in der ersten Halbzeit noch auffällig, zog sich unter James' Tarnkappe zurück.

"Nun brauchen wir einen Heimsieg"

Am Ende gab es dann jene Szene, in der Nowitzki zuerst erschöpft herumstand und dann die wichtigen Punkte für seine Mannschaft erzielte. "Er spielt großartige Playoffs und eine großartige Finalserie", sagte sein Trainer Rick Carlisle nach dem Spiel. "Ich habe versucht, ihm so viele Verschnaufpausen wie möglich zu geben - und am Ende hat er wieder einmal gezeigt, was für ein unglaublicher Spieler er ist."

Die Finalserie zwischen den Dallas Mavericks und Miami Heat scheint sich zu einem der spannendsten Duelle in der Geschichte der NBA zu entwickeln. "Wir sind wieder zurückgekommen, sowohl im Spiel als auch in der Serie", sagte Tyson Chandler nach dem Spiel. "Nun brauchen wir einen Heimsieg am Donnerstag, dann können wir selbstbewusst die letzten beiden Spiele in Miami angehen."

2:2 steht es nun nach vier Partien, zählt man die Punkte aus den vier Spielen zusammen, dann erhält man einen Zwischenstand von 356:351 für Miami - so knapp war es nach vier Finalspielen noch nie. Es würde nach den ersten vier Partien nicht verwundern, wenn diese Serie erst im siebten Spiel entschieden würde. Der Termin dafür wäre der kommende Dienstag. Bis dahin sollte Dirk Nowitzki wieder gesund sein.

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