NBA: Dallas holt Jordan :What the...

Los Angeles Clippers v Dallas Mavericks

Nach Absagen in den vergangenen Jahren hat Dallas den Spieler bekommen, den sie wirklich haben wollten: Center DeAndre Jordan (oben).

(Foto: Ronald Martinez/AFP)

Dirk Nowitzki unterbricht seinen Urlaub und trägt entscheidend dazu bei, dass die Dallas Mavericks endlich jenen Spieler bekommen, den sie haben wollten.

Von Jürgen Schmieder, Dallas/Los Angeles

"What the ...?" Im amerikanischen Sprachgebrauch lassen sich für die drei Punkte gleich mehrere Wörter einsetzen, um Überraschung oder gar Entrüstung auszudrücken, im Deutschen lässt sich das dann mit Was in aller Welt oder Was zur Hölle umschreiben, weil es nun mal keine adäquate Übersetzung für Fuck gibt. Dirk Nowitzki fragte schon am Donnerstag bei Twitter: "Wie viele What-the-...-Momente hattet Ihr während der Free-Agent-Zeit bislang? Ich bin bei zehn..."

Wahrscheinlich hatte Nowitzki am Freitag noch einen weiteren What-the-...-Moment. Vielleicht prüfte er auch in seiner Villa in Dallas, ob Schweine nun fliegen können oder ob die Hölle eingefroren ist. Sein Verein, die Dallas Mavericks, hat zum ersten Mal seit vielen Jahren - und nach Absagen von Chris Paul, Dwight Howard und Carmelo Anthony in den vergangenen Sommerpausen - den Spieler bekommen, den sie wirklich haben wollten: Center DeAndre Jordan wechselt von den Los Angeles Clippers nach Dallas und erhält dort einen Vier-Jahres-Vertrag, der mit 80 Millionen Dollar vergütet wird.

Offenbar spielte die Anwesenheit von Nowitzki beim 150-Minuten-Meeting am Mittwoch eine bedeutsame Rolle. Aus dem Umfeld von Jordan, 26, ist zu hören, dass der Center überaus beeindruckt gewesen sei, dass Nowitzki seinen Urlaub mit der Familie unterbrochen habe, um gemeinsam mit Klub-Eigentümer Mark Cuban, Kollege Chandler Parsons und Trainer Rick Carlisle für den Verein zu werben. "Sie haben die Latte sehr, sehr hoch gelegt", sagte der Vertraute von Jordan noch vor den Verhandlungen mit den New York Knicks, den Los Angeles Lakers und den Clippers. Am Freitagmorgen entschied sich Jordan für die Mavericks.

Die Mavericks haben sich nach dem Abgang von Tyson Chandler zu den Phoenix Suns den besten Korbbeschützer und Rebounder der NBA gesichert - mit den beiden Flügelspielern Nowitzki und Chandler Parsons haben die Mavericks damit den wohl am besten besetzten Front Court der Liga, nach dem Wechsel von Monta Ellis zu den Indiana Pacers haben sie mit Wesley Matthews (von den Portland Trail Blazers) zudem einen brauchbaren Aufbauspieler bekommen. Sie benötigen nun noch einen so genannten Point Guard, derzeit befindet sich der Verein in Gesprächen mit Jeremy Lin (bislang Los Angeles Lakers). Das Fehlen eines prägenden Aufbauspielers und der Zukauf von Jordan dürfte die Position der Mavericks erheblich gestärkt haben.

Diese Entwicklung und die beiden What-the-...-Momente für die Dallas Mavericks sind durchaus überraschend, weil der Verein in den vergangenen Jahren eher erfolglos gewesen ist bei der Zusammenstellung eines Kaders, der Nowitzki am Ende seiner Karriere die Chance geben soll, nach 2011 noch einmal den Titel zu gewinnen. Im Gegenteil: Die Mavericks sorgten auch in dieser Sommerpause zunächst einmal für Gelächter, selbst bei Nowitzki.

Es ist gemeinhin bekannt, dass dessen Humor ungefähr so trocken ist wie ein sechs Tage altes Stück Brot. Er verkohlt Kollegen (über Chandler Parson etwa sagte er zu Beginn der vergangenen Saison: "Er zahlt jedes Abendessen - das ist ohnehin mein Geld."), er verkohlt seinen Mentor Holger Geschwindner regelmäßig beim Training - vor allem aber verkohlt er sich selbst: Nach dem Titelgewinn im Jahr 2011 etwa schmetterte er so lange "We Are the Champions", bis auch der letzte Mensch auf Erden kurzzeitig taub war, zudem forderte er einen neuen Haarschnitt für sich selbst beim der nächsten Version des NBA-Computerspiels.

Natürlich äußerte sich Nowitzki in diesem Jahr auch dazu, wen die Dallas Mavericks bei der Wahl der Nachwuchsspieler verpflichtet hatten: Satnam Singh Bhamara, ein 2,16 Meter großer Mann aus Indien, der nur deshalb am Draft teilgenommen hatte, weil er von amerikanischen Universitäten aufgrund schrecklicher schulischer Leistungen keine Stipendien angeboten bekommen hatte. Der Kommentar von Nowitzki dazu: "Ich hätte ja nicht gedacht, dass das möglich ist, aber wir haben tatsächlich jemanden ausgewählt, der noch langsamer ist als ich."

Was zur Hölle haben sich die Mavericks nur bei dieser Wahl gedacht? "Wir haben nun eine Milliarde Fans mehr", sagte Mavericks-Eigentümer Mark Cuban sogleich - und schickte nach der Verpflichtung von Jordan und Matthews gleich noch ein paar ehrliche Worte hinterher: "Hätten wir nicht einen der beiden bekommen, dann hätten wir uns zurückgezogen. Ganz einfach!" Das bedeutet übersetzt: Wären die Mavericks wieder gescheitert bei dem Versuch, talentierte Spieler zu bekommen, dann hätten sie versucht, in der kommenden Saison so schlecht wie möglich abzuschneiden, um sich bei der nächsten Wahl der Nachwuchsspieler möglichst aussichtsreich zu platzieren.

Ob Nowitzki darauf mit trockenem Humor reagiert hätte, darf stark bezweifelt werden. Nun aber haben die Mavericks ihre beiden Wunschspieler bekommen - und haben noch immer genügend Spielraum bei der Gehaltsobergrenze, um einen überdurchschnittlichen Aufbauspieler zu verpflichten oder auch mit J.J. Barea zu verlängern. Es könnte also durchaus sein, dass Nowitzki in den kommenden beiden Wochen noch einmal bei Twitter schreibt: "What the...?" Das wäre aber kein Ausdruck der Entrüstung, sondern einer für eine weitere angenehme Überraschung.

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