Nationalspieler Philipp Lahm:Löw plant mit Linksverteidiger Lahm

Obwohl Philipp Lahm beim FC Bayern künftig wieder rechts verteidigt, plant ihn Joachim Löw für die EM auf links ein - das verriet der Bundestrainer der SZ. Momentan sehe er keinen Anlass, seine erfolgreiche Formation zu ändern. Was nach der EM geschieht, lässt Löw offen.

Christof Kneer

Die Aufstellung des FC Bayern München ist grundsätzlich von überregionalem Interesse, aber am Dienstag stieß sie auf noch mehr neugierige Beobachter als sonst. Neben Zuschauern, Reportern und feindlichen Scouts wagten vor allem die hauptberuflichen Linksverteidiger der Bundesliga ein paar verstohlene Seitenblicke auf die taktische Formation der Münchner.

Philipp Lahm

Gefragter Mann, links und rechts: Philipp Lahm.

(Foto: dpa)

Die Seitenblicke erbrachten am Ende das gewünschte Resultat, es war ja nicht zu übersehen: Philipp Lahm spielte gegen den FC Basel Rechtsverteidiger - wie zuvor schon gegen Hoffenheim und eine Halbzeit lang in Freiburg. Und was er nach dem Spiel sagte, klang erst recht ermutigend für die Linksverteidiger im Land: Er werde wohl erstmal rechts bleiben, deutete Lahm an.

Für ihn sind das nur ein paar kleine Schritte hinüber auf die andere Seite, aber für die Menschheit ist es ein großer Schritt - zumindest für jenen Teil der Menschheit, der aus deutschen Linksverteidigern besteht.

Wann immer der Außenverteidiger Lahm zuletzt die Seiten wechselte, hinterließ er Gewinner und Verlierer. Jeder Seitenwechsel schürte neue Hoffnungen und weckte neue Ängste, denn es war ja so: Spielte Lahm links, blockierte er diese Position auch in der Nationalelf für alle anderen, dafür durften Rechtsverteidiger wie Andreas Beck oder Sascha Riether unverhofft Karriere machen; spielte Lahm rechts (wie bei der WM 2010), waren die Becks und Riethers sofort wieder überflüssig, statt dessen wurden bundesweit Linksverteidiger gesucht.

Zuletzt schien der Flügelhopper zur Ruhe gekommen zu sein, er spielte links, angeblich endgültig, was Bundestrainer Joachim Löw rechts hinten zu Hilfslösungen mit Jérôme Boateng, Benedikt Höwedes und Christian Träsch inspirierte. Und jetzt spielt Lahm plötzlich wieder rechts bei Bayern - acht Wochen, bevor Löw mit seinem Kader ins Trainingslager nach Sardinien aufbricht. Was direkt nach Bayerns 7:0 gegen Basel die Frage aufwarf: Und jetzt? Was macht Löw jetzt?

"Für die EM darf es uns erstmal nicht beeinflussen, was die Bayern planen", sagte Löw am Donnerstag der SZ, "da wird das keine Rolle spielen." Löw lässt seine Elf seit Saisonbeginn mit einem Linksverteidiger Lahm antreten, und er hat "zunächst keine Veranlassung, etwas zu verändern".

Löw würde es sich schon zutrauen, seine Elf in der Vorbereitung neu auszubalancieren, aber er sieht zurzeit keinen Grund dazu. Seine Elf funktioniert, "und ob das bei Bayern eine Dauerlösung ist mit Lahm rechts und Alaba links, muss man ja erst mal abwarten".

Gespräch mit Heynckes

Für die Linksverteidiger der Liga ist das keine so gute Nachricht. Der Dortmunder Marcel Schmelzer und der Hamburger Dennis Aogo bleiben nun also Rivalen um den Platz hinter Philipp Lahm, sie haben erst mal keine Chance auf seinen Stammplatz. Und wieder andere Linksverteidiger - Schulz aus Hannover, Schäfer aus Wolfsburg, Jansen aus Hamburg - haben die letzte Hoffnung eingebüßt, wenigstens als Back-ups für Aogo oder Schmelzer zur EM zu reisen.

Dennoch muss niemand den Linksverteidigern empfehlen, überstürzt ihre Karrieren zu beenden. Löw will demnächst das Gespräch mit Bayern-Trainer Jupp Heynckes suchen, er will ein Gefühl dafür bekommen, ob es den Bayern ernst ist mit diesem neuerlichen Positionswechsel. Löw ist ein autarker Trainer, er lässt sich von der Liga nichts befehlen und niemanden ins Team singen, aber im Fall Lahm hat er stets betont, dass er sich an dessen Position im Verein orientiere.

Sein Kapitän ist ihm zu wichtig. "Wenn er ständig wechseln muss, ist es selbst für Philipp nicht einfach", sagt Löw. Es würde ihm nicht schmecken, wenn Lahm künftig den einen Teil der Saison (FC Bayern) rechts und den anderen Teil (Nationalelf) links verbringt. Sollte Lahm bei Bayern dauerhaft rechts verteidigen, müsse er "schon auch überlegen", wie er darauf reagiere, sagt Löw.

Sollte Lahm rechts bleiben, würde Löw diese Variante womöglich auch wieder übernehmen, und die Linksverteidiger im Land dürften wieder zarte Hoffnungen hegen - aber erst für die Zeit nach der EM.

Wie es aussieht, gibt es nur eine Möglichkeit, um diese Abhängigkeit von Lahms Rochaden in den Griff zu bekommen: Löw müsste seinen Kapitän endlich überreden, auf beiden Seiten gleichzeitig zu spielen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: