Nationalelf: Mario Gomez:"Spaß macht es nur, wenn man spielt"

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Reservist Mario Gomez über die Freude am Training und zwei Arten von Selbstvertrauen.

Claudio Catuogno

SZ: Herr Gomez, Sie haben am Samstag in Köln beim Kampf von Felix Sturm am Ring gesessen. Ist das auch Ihr Motto für die nächsten Wochen: durchboxen?

Beim FC Bayern und in der Nationalelf derzeit nur Reservist: Mario Gomez. (Foto: dpa)

Mario Gomez: Ich habe großen Respekt vor den Boxern. Ich habe das selbst mal versucht: Auch wenn man zwölf Runden nur in der Deckung steht und nichts macht, werden die Arme lahm. Und wenn man dann noch alle zwei Sekunden eins auf die Nuss bekommt ...

SZ: Sie müssen gerade viele Spiele von der Bank aus verfolgen. Das ist vermutlich auch ziemlich schmerzhaft.

Gomez: Alles hat seine Gründe. Im Moment spielen wir beim FC Bayern und in der Nationalelf mit nur einem Stürmer. Das ist nicht nur für mich, sondern für alle Stürmer nicht einfach. Aber klar: Ich bin Fußballer, weil es mir Spaß macht, und Spaß macht es nur, wenn man spielt.

SZ: Derzeit macht es keinen Spaß?

Gomez: Ich freue mich jeden Tag aufs Training. Aber nach dem zweiten Saisonspiel, das ich bei den Bayern auf der Bank saß, war ich schon wieder ungeduldig. Jetzt bin ich es immer noch.

SZ: Haben Sie sich eine Art Zwei-Stufen-Plan zurechtgelegt? Erst muss es beim FC Bayern wieder laufen, dann steigen auch die Chancen in der Nationalelf?

Gomez: Das sehe ich unabhängig voneinander. Auch Lukas Podolski und Miro Klose haben im Verein ja keine große Saison gespielt, aber dann eine super WM. Genauso weiß der Bundestrainer auch, was er an mir hat. Im Trainingslager in Südtirol hat er zu mir gesagt: 'Mario, ich bin mit deinem Training super zufrieden, aber der Miro hat so viel für die Mannschaft geleistet, ich werde ihm erst mal weiter vertrauen. Rein nach den Trainingsleistungen gehörst du in die Mannschaft.' Auch so was macht Mut.

SZ: Vermutlich ziehen Sie auch Selbstvertrauen aus jener Phase Ende 2009, als Sie sechs Tore in fünf Spielen schossen und fester Teil der Bayernelf waren - ehe Sie sich verletzten.

Gomez: Meiner Meinung nach gibt es zwei Arten Selbstvertrauen. Ich habe das Selbstvertrauen in mich, dass ich Fähigkeiten habe, die viele andere nicht haben. Das bestätigt sich jeden Tag im Training. Wenn man im Training elf gegen elf spielt, dann dürfen ja 22 mitmachen, das ist das Gute. Auf der anderen Seite gibt es das spielspezifische Selbstvertrauen: Wenn du von der Bank kommst, dann fehlt das oft, aber wenn du nur zehn Minuten im Spiel bist, hast du maximal eine Gelegenheit, dich auszuzeichnen. Das ist das Problem. Wenn man den Mario Gomez der vergangenen Jahre gewohnt ist, der immer getroffen hat, und wenn das jetzt ausbleibt, weil die Umstände andere sind, aber die Ansprüche sind die gleichen geblieben - dann wirkt das natürlich ein bisschen unglücklich. Das gebe ich zu.

SZ: Trotzdem haben Sie entschieden, beim FC Bayern zu bleiben.

Gomez: Ich habe jahrelang trainiert und gekämpft, um bei den Bayern und damit bei einem europäischen Top-Verein zu spielen. Also laufe ich nicht nach einem Jahr wieder davon. Und wenn ich dann immer höre, was für eine katastrophale Saison ich angeblich hinter mir habe, aber weiß, dass ich trotzdem zehn Tore gemacht habe, dann finde ich das schon wieder, ja: lustig. Da gebe ich den Traum FC Bayern nicht so schnell auf. Letztlich habe ich mich mit meiner Familie im Sommer zu keiner Zeit damit beschäftigt zu wechseln.

SZ: Aber als kurz vor Ende der Transferperiode ein Angebot des FC Liverpool eintraf, haben Sie sich ernsthaft damit befasst.

Gomez: Das war eine andere Situation. Bei Liverpool wäre der Traum Bayern München nicht zu Ende gewesen...

SZ: ...weil der Klub Sie ausleihen wollte ...

Gomez: ... und ich hätte eine große Chance gehabt zu spielen. Bei einem ausländischen Top-Verein. Da macht man sich seine Gedanken. Aber die Bayern haben früh signalisiert, dass das Angebot für sie nicht in Frage kommt, und ich habe in den Gesprächen auch immer wieder gespürt, dass man um mich kämpft. Das hat mich beeindruckt.

SZ: Umso mehr erwarten Sie von Louis van Gaal jetzt eine faire Chance?

Gomez: Ich weiß, dass ich bei van Gaal eine faire Chance habe. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich vergangenes Jahr für zwei Monate draußen war, wie der Trainer zu mir kam und gesagt hat: Er erkennt bei mir eine große Differenz zwischen Training und Spiel. Ich habe gesagt: Ja, kann sein, aber es ist nicht so einfach, immer von der Bank zu kommen. Dann meinte Louis van Gaal: Dann weiß er nicht, ob es überhaupt Sinn ergibt, mich einzuwechseln. Eine Woche später habe ich gegen Leverkusen ein Spiel von Anfang an bekommen, habe nach zwölf Minuten getroffen, danach war ich erst mal fest in der Mannschaft drin. Oft geht es sehr schnell.

SZ: Franz Beckenbauer hat kürzlich den Eindruck geäußert, Sie seien nicht mehr so beweglich wie früher.

Gomez: Wenn unser Ehrenpräsident das sagt, darf ich ihm natürlich nicht widersprechen. Aber letztlich muss ich sagen, dass das nicht die Wahrheit ist. Ich bin austrainiert, daran hat sich im Vergleich zu meiner Stuttgarter Zeit nichts geändert. Das System ist ein anderes: Ich habe für meinen Stil, für meine Bewegungen jetzt nicht mehr so viel Platz. Aber ich verstehe ja solche Zweifel: Ich habe viel Geld gekostet.

© SZ vom 06.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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