Nadiem Amiri:Mit 100 Körnern

Lesezeit: 2 min

Der U21-Nationalspieler ebnet Hoffenheim mit seinem 1:0 den Weg zu einem wichtigen Sieg. In der "Nagelsmann-Tabelle" ist die TSG nun Dritter.

Von Tobias Schächter, Frankfurt

Nadiem Amiri sprach, wie er zuvor gespielt hatte: aufregend und ohne Filter. Er sei immer noch heiß, scherzte er nach dem 2:0-Auswärtssieg seiner TSG Hoffenheim bei Eintracht Frankfurt. Gerade eingewechselt, hatte der 19-Jährige den Ball im Mittelkreis erobert, war unwiderstehlich angetreten, über den halben Platz gelaufen und hatte den Ball aus 16 Metern ins Tor geschossen. Amiri war der Matchwinner beim so schmeichelhaften wie wichtigen Hoffenheimer Sieg. Das 1:0 nach 62 Minuten war die Vorentscheidung für die Badener gegen harmlose Frankfurter. Das 2:0 kurz vor dem Abpfiff durch den ebenfalls eingewechselten Mark Uth brachte die TSG trotz einer vor allem in der Defensive lange erschreckend schwachen Leistung dem Klassenerhalt näher.

Mit 31 Zählern steht die die TSG nun vier Punkte vor dem Tabellenvorletzten aus Frankfurt. Als Julian Nagelsmann das Traineramt in Hoffenheim von Huub Stevens übernahm, lag die TSG noch sieben Zähler hinter der Eintracht. Mit dem erst 28 Jahre jungen Trainer feierte diese Mannschaft sofort Erfolgserlebnisse. In der zum Leidwesen der Hoffenheimer nicht offiziell gültigen "Nagelsmann-Tabelle" hat das Team seinen dritten Platz gefestigt. Und von Nagelsmanns Jugend redet niemand mehr, jedenfalls nicht im verächtlichen Tonfall.

Über Nagelsmanns Jugend spricht niemand mehr - jedenfalls nicht negativ

Stattdessen lobt TSG-Sportchef Alexander Rosen die "natürliche Führungskraft" dieses Trainers, dessen Mut und Optimismus sich auf die Spieler übertrugen. Rosen glaubt, dass die Elf jetzt von den Erfolgserlebnissen zu Beginn der Nagelsmann-Zeitrechnung profitiert. Das kann sein, denn wie schon letzte Woche gegen Köln (1:1-Ausgleich in letzte Sekunde) hat die Mannschaft derzeit Spielglück. Nur beim 1:5 in Stuttgart spielte die Elf schlechter als in Frankfurt. Am Ende aber war sie trotzdem der Sieger.

Nagelsmann wechselte in Amiri einen Spieler mit jenem Siegeswillen und jener Dynamik ein, die der Elf eine Stunde lang gefehlt hatten. Amiri, in Ludwigshafen geboren und mit afghanischen Wurzeln, ist fraglos ein großes Talent. Schon einige Male deutete der laufstarke und technisch brillante offensive Mittelfeldspieler seine außergewöhnlichen Fähigkeiten an. Zuletzt wirkte er ein wenig ausgepowert. "Ich hatte den Eindruck, dass ihm zuletzt die Spritzigkeit gefehlt hat. Aber er braucht alle 100 Körner, um seine beste Leistung zu bringen", erklärte Nagelsmann die Versetzung Amiris auf die Bank. Die beiden kennen sich sehr gut, Nagelsmann ist Förderer des Talents seit seiner Zeit als U 19-Trainer. "Der Trainer wusste, dass ich extremst heiß bin, wenn ich reinkomme", sagte Amiri: "Ich war etwas müde in den letzten Spielen, was aber auch normal ist in meiner ersten richtigen Profisaison."

Als Reservespieler sieht sich Amiri dauerhaft aber nicht. "Ich spiele lieber von Anfang an", stellte er forsch klar, am liebsten schon nächste Woche gegen Hertha BSC. Am Samstag aber war der euphorisierte Amiri "extremst" glücklich, über den Sieg in Frankfurt, den er natürlich als "extremst wichtigen Schritt" in Richtung Klassenerhalt empfand. "Genau solche Spiele musst du gewinnen", meinte der Matchwinner, der zuletzt in der deutschen U 21-Auswahl debütierte und womöglich für Deutschland zu den Olympischen Spielen fliegen darf. Wenn er im Sommer immer noch heiß ist.

© SZ vom 10.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: