Nachwuchssurferin Rosina Neuerer:Vom Eisbach an die Spitze gespült

Lesezeit: 3 min

In ihrem Element ist Rosina Neuerer immer, wenn sie in die Nähe von Wasser kommt. (Foto: privat)
  • Rosina Neuerer ist deutsche Juniorenmeisterin im Wellenreiten. Und das, obwohl die 15-Jährige fast nur auf dem Münchner Eisbach trainiert.
  • Doch jetzt zieht es Neuerer nach Teneriffa, wo sie auf einer internationalen Schule Abitur machen und Surf-Profi werden will.

Von Stefan Galler

Die Füße sind nicht das Problem, das erzählen Eisbach-Surfer immer wieder. Die Schuhe, in die sie in den kalten Zeiten des Jahres schlüpfen, halten die Feuchtigkeit ganz gut fern. Schlimmer ist es für die Hände, die zuerst auskühlen. Doch wahre Wellenreiter kümmert auch das nicht. Rosina Neuerer zum Beispiel steht auch mal bei minus zwölf Grad Lufttemperatur im Englischen Garten auf dem Brett. Ihre Widerstandskraft und ihr Ehrgeiz haben sich ausgezahlt: Anfang Oktober wurde die 15-Jährige in Vieux Boucau an der französischen Atlantikküste deutsche Juniorenmeisterin im Wellenreiten.

Das ist schon insofern bemerkenswert, als Rosina Neuerer sich dabei gegen allerlei Konkurrentinnen durchsetzte, die tagtäglich im Meer trainieren können. Laut ihrer Mutter Monika muss das jedoch kein Nachteil sein: "Die Eisbach-Surfer halten deswegen dem Vergleich mit den Leuten von der Küste stand, weil sie hier ständig auf dem Board stehen können und sie nicht wie die anderen den Wellen hinterher paddeln müssen." Und so konnte sich die Gymnasiastin aus Kleinhelfendorf, einem Ortsteil der Gemeinde Aying am Rande des Landkreises München, den Titel sichern. Übrigens im Finale der besten Vier unter anderem gegen ihre Freundin Janina Zeitler, die aus Brunnthal kommt.

Vom Skifahren zum Surfen

Rosina wurde Erste, Janina Zweite, auf Platz drei landete Jojo Alpers, die wechselweise auf Sylt und in der Karibik lebt und trainiert. Die wenigsten deutschen Spitzensurfer wohnen auch in der Bundesrepublik, sagt Monika Neuerer: "Die leben in Portugal, Fuerteventura, Teneriffa oder sogar in El Salvador."

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Ihrer Freundschaft zu ihrer lokalen Konkurrentin aus dem Nachbarort tut der sportliche Wettkampf keinen Abbruch, sagt Rosina: "Ohne Janina wäre ich nicht so gut, wie ich bin. Wir pushen uns gegenseitig auf ein immer höheres Level." Kennengelernt haben sich die beiden beim Skifahren im WSV Glonn. Beide waren auf einem guten Weg in Richtung Leistungssport, dann verletzte sich Rosina bei zwei Stürzen schwer, zog sich unter anderem eine Nackenstauchung zu. "Es war uns dann irgendwann zu gefährlich für unsere Tochter", sagt Monika Neuerer.

Da traf es sich gut, dass das Mädchen bereits eine andere Leidenschaft für sich entdeckt hatte. Das klassische Windsurfen sei allerdings nie das Ding ihrer Tochter gewesen, berichtet Mutter Monika. "Wenn wir in den Familien-Surfurlaub gefahren sind, hat sie sich lieber im Meer auf eine Luftmatratze gestellt."

Als Zwölfjährige bekam Rosina dann ihr erstes Board zum Wellenreiten, sammelte Erfahrung in Bruckmühl an der Mangfall, wo sie mit einem Seil an einer Brücke gesichert die ersten Stunden auf dem Brett verbrachte. Recht schnell wechselte sie an die Floßlände in Thalkirchen und von dort aus zuerst an die Dianabad-Schwelle im Englischen Garten, ehe sie 2014 auf die ein paar Hundert Meter entfernte große Eisbachwelle umstieg. "Es ist eine Sucht", sagt Rosina Neuerer. "Wenn man einmal auf dem Brett gestanden hat, will man es immer wieder."

Dass Rosina Neuerer ihrem Sport tatsächlich am Meer nachgeht, ist ein eher seltenes Bild. Die Schülerin lebt und trainiert in München. Noch. (Foto: privat)

Während ihr die ersten Trainingsstätten rasch langweilig geworden sind, ist der Eisbach noch immer eine Herausforderung. Oder, wie es die 15-Jährige ausdrückt: "Da ist es jedes Mal cool." Genauso wie am Münchner Flughafen, wo seit 2011 jeden Sommer das "Surf & Style"-Festival mit einer künstlichen stehenden Welle stattfindet. Der Andrang dort ist so groß, dass sich die Surfer vorher für die Teilnahme anmelden müssen. "Rosina fährt trotzdem jeden Tag raus und surft so viel wie sie kann", sagt Monika Neuerer. 2014 machte der Teenager am Airport dann erstmals bei einem großen Wettbewerb auf sich aufmerksam: Bei der im Rahmen des "Surf & Style" ausgetragenen Europameisterschaft belegte sie in der Juniorenklasse den neunten Rang. Im selben Jahr wurde sie Zweite bei der deutschen Meisterschaft in St. Girons Plage/Frankreich.

Nun also hat sie die deutsche Spitze erklommen. Für das nächste Jahr rechnet Rosina mit einer ersten Einladung für ein Camp der Nationalmannschaft. "Ich würde mich schon freuen, wenn ich dabei sein könnte", sagt die Schülerin, die jedoch kurzfristig ganz andere Ziele hat: Sie möchte bereits im Winter nach Teneriffa übersiedeln, dort auf einer internationalen Schule das Abitur machen und ihrem Traum, eines Tages Surf-Profi zu werden, ein Stück näher kommen.

Auslandserfahrung konnte sie bereits in Australien sammeln: In den letzten Monaten des vergangenen Schuljahres und weiten Teilen der Sommerferien weilte sie in Noosa an der Sunshine Coast - insgesamt gut fünf Monate. Eine kostspielige Sache, aber die Eltern waren nach eigener Aussage "vom bayerischen Schulsystem genervt", also erfüllten sie der Tochter den Wunsch. "In der Schule hat sie keine Probleme, deshalb konnten wir das verantworten", sagt die Mutter.

Keine Angst vor Haien

Surf-Trainer Hayden Scott stellte Rosina zum Abschluss ein hervorragendes Zeugnis aus. Es sei phänomenal gewesen, erstmals eine ausländische Surferin im School Surfing Excellence Program gehabt zu haben, sagte Scott. "Sie weiß genau, wohin sie mit ihrer Leistung will und hat den Ehrgeiz, ihre Ziele zu erreichen." Bemerkenswert, wie sich das eher schüchterne Mädchen am anderen Ende der Welt zurechtfand. Aber die Wellenreiter sind eine besondere Spezies, eine Clique, in der weltweit dieselbe Sprache gesprochen wird.

Anpassungsfähig ist Rosina ohnehin, sie hat keine Berührungsängste. Und vor den Haien, die in Australien immer wieder Wellenreiter in helle Panik versetzen, fürchtet sie sich auch nicht. Dazu ist sie auch noch im Sternzeichen Fische geboren. Die Voraussetzungen für eine Profikarriere als Wellenreiterin könnten kaum besser sein.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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