Nach Olympia:Kraft, lass nach!

Athletics - Men's 200m Final

Usain Bolt hat viiiiiele Muskeln - was macht er mit ihnen nach Olympia?

(Foto: REUTERS)

Muskeln abtrainieren? Oder einfach am Strand liegen? Was Sportler nach großen Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen in Rio machen - und wie sie sich am besten erholen.

Von Werner Bartens

Es ist nicht leicht, Olympionike zu sein. Wer nicht Usain Bolt oder Michael Phelps heißt, sportelt jahrelang weitgehend im Verborgenen, kann sich von Zuwendungen der Sporthilfe kaum über Wasser halten - um dann kurz im Rampenlicht zu stehen und, wenn es blöd läuft, im Vorlauf auszuscheiden. Und statt anschließend eine verdiente Pause zu genießen, heißt es nach den Olympischen Spielen: Weitermachen, nicht nachlassen, sonst drohen Sportlerherz und andere Gefahren.

"Erholung ist wichtig. Nach so einem Ereignis müssen Körper und Geist regenerieren, damit irgendwann wieder gezielt Reize gesetzt werden können", sagt Bernd Wolfarth, Leitender Arzt der deutschen Olympia-Mannschaft. Außerdem ermüden nicht nur die Muskeln, sondern auch die Psyche. Das 24-köpfige Ärzteteam in Rio weiß, dass Athleten meist zwei bis vier Wochen Pause machen und diese unterschiedlich gestalten. "Wir nennen keine Namen, aber der eine liegt im Liegestuhl, für andere bedeutet Pause machen, dass sie statt fünf Stunden nur zwei Stunden täglich trainieren", sagt Wolfarth.

Die Warnung vor dem Sportlerherz ist hingegen ein Mythos. "Es ist wissenschaftlich nicht belegt, dass Ausdauersportler ihr vergrößertes Herz abtrainieren müssen", sagt Martin Halle, Chef der Sportmedizin an der TU München. "Das Herz muss ja auch weiterhin permanent pumpen und bildet sich von allein in seiner Größe zurück." Zudem sind Leistungssportler nach Verletzungen ja manchmal vier Wochen oder länger ans Bett gefesselt, ohne dass dies Herz, Kreislauf oder anderen besonders trainierten Organsystemen schaden würde.

Von einem Tag auf den anderen mit dem Training aufzuhören, empfehlen Ärzte trotzdem nicht. "Top-Athleten sollten zumindest den auch für Laien empfohlenen Mindestumfang an Sport weitermachen, damit Kreislauf und Stoffwechsel gesund bleiben und sie diversen Leiden vorbeugen", sagt Andreas Nieß, Chef der Sportmedizin an der Uni Tübingen.

Was sich Sportler antrainiert haben, bildet sich in Pausen rasch zurück. Der niedrige Ruhepuls der Ausdauersportler bewegt sich nach zehn Tagen Nichtstun um bis zu zehn Schläge nach oben. Die Kraft von Ringern und Gewichthebern lässt ähnlich schnell nach. Technische Fertigkeiten verlieren sich rasch, wenn man nicht täglich übt. Pausieren Fußballprofis drei Wochen, sinken ihre Ausdauerwerte. "Nach vier Wochen Pause gelingt die Leistungssteigerung aber wieder schnell. Da ist es wichtiger, sich zwischendurch von Trainer und Übungstrott zu erholen", sagt Sportmediziner Halle.

Medaillengewinner bei Olympischen Spielen leben statistisch gesehen länger, auch wenn sie den Sport nach dem größten Triumph abrupt reduzieren. Man muss sich also keine Sorgen um Paul Biedermann nach seinem Karriereende machen, oder falls Fabian Hambüchen erst mal in den Urlaub entschwindet. Die größte Gefahr ist jedoch, dass ehemalige Athleten nach der Karriere ihr Essverhalten beibehalten und verfetten - oder in ein tiefes Loch fallen. Auch deshalb wird reduziertes Training empfohlen. "Sinnhafte Rückbildung kann nach dem Ende der Karriere dabei helfen, sich damit auseinanderzusetzen, wie es jetzt weitergeht", sagt Olympia-Arzt Wolfarth.

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