Nach Negativserie in der Bundesliga:Hoffenheim trennt sich von Trainer Babbel

Der Absturz auf Platz 16 ist den Verantwortlichen zu viel - jetzt reagiert die TSG Hoffenheim und entlässt Trainer Markus Babbel. Das hat der Verein nun auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Als Nachfolger soll zunächst ein Jugendtrainer einspringen.

Markus Babbel, TSG 1899 Hoffenheim, Fußball, Bundesliga, Trainer

Ratlos, hilflos, Job los: Markus Babbel ist nicht mehr Trainer in Hoffenheim.

(Foto: REUTERS)

Noch am Sonntag waren aus Hoffenheim die branchenüblichen Aussagen zu hören: Wie es mit Trainer Markus Babbel weitergeht, stehe derzeit nicht fest, man müsse sich erst beraten - jetzt haben sich Manager Andreas Müller und Vereinsgeldgeber Dietmar Hopp geeinigt. Der bisherige Coach muss nach dem Niedergang des Klubs auf Platz 16 der Bundesliga-Tabelle gehen.

"Unsere sportlich zunehmend bedrohliche Situation und der einhergehende, negative Trend haben mir keine Wahl gelassen. Wir müssen jetzt den Reset-Knopf drücken und neu beginnen", kommentierte Manager Andreas Müller bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz auf dem Klubgelände in Zuzenhausen die Entlassung Babbels, der eigentlich noch bis 2014 beim abstiegsgefährdeten Bundesligisten unter Vertrag stand: "Wir müssen alle zusammenrücken, um aus dieser prekären Lage rauszukommen."

Als Nachfolger Babbels, dessen Co-Trainer Rainer Widmayer ebenfalls gehen muss, wird zunächst der bisherige U23-Trainer Frank Kramer installiert. Er soll zumindest bei den abschließenden Hinrunden-Partien beim Hamburger SV und gegen Meister Borussia Dortmund auf der Bank sitzen. Laut Müller könnte Kramer "möglicherweise aber auch darüber hinaus" im Amt bleiben: "In dieser Konstellation haben wir zudem die notwendige Ruhe, uns alle weiteren Schritte zu überlegen."

Müller gab an, dass man den passenden Trainer für die Zukunft in aller Ruhe suchen wolle. Als Favorit gilt nach wie vor Marco Kurz, der mit Müller gemeinsam bei Schalke 04 unter Vertrag stand. Kramer wird von seinem laufenden Fußballlehrer-Lehrgang freigestellt. "Dafür habe ich grünes Licht. Ich stelle mich selbstbewusst der schwierigen Aufgabe", sagte Kramer: "Meine Gedanken kreisen nur um das HSV-Spiel. In den wenigen Tagen bis zum Spiel wird es vor allem darum gehen, den Spielern wieder das Vertrauen in ihre eigenen Stärken zurückzugeben. Dafür werde ich alles tun."

Schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte

Vor der Entlasslung Babbels hatten die Telefondrähte nach Florida, wo Mäzen Dietmar Hopp bis Mitte Dezember Urlaub macht, geglüht. Ein Krisengipfel mit den Geschäftsführern Alexander Waldi, Frank Briel und Jochen A. Rotthaus auf dem verschneiten Trainingsgelände besiegelte am Tag nach dem bitteren 1:4 (0:2) gegen Werder Bremen endgültig das Ende der Zusammenarbeit mit dem erfolglosen Trainer. Als die Profis am Nachmittag trotz des freien Tages auf dem Gelände eintrafen, war das Aus für Babbel beschlossene Sache. Die Entscheidung gegen Babbel, der erst am 10. Februar Holger Stanislawski beerbt hatte, wunderte angesichts der deprimierenden Bilanz des Trainers niemanden mehr.

Der Sensations-Herbstmeister von 2008 steht nach 15 Spieltagen auf dem Relegationsplatz und hat nur eines der zurückliegenden zehn Spiele gewonnen. Schon jetzt steht fest, dass Hoffenheim die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte spielen wird. "Es ist ganz klar, dass es für uns nur noch darum geht, in der Liga zu bleiben", sagte Müller, der am Sonntagabend noch rund 300 aufgebrachte Fans beruhigen musste.

Babbel hat Hoffenheim auf dem achten Tabellenplatz übernommen. In 29 Spielen holte der 40-Jährige mit seinem Team aber lediglich 29 Punkte - das ist der schlechteste Punkteschnitt aller Hoffenheimer Bundesliga-Trainer. Für den Coach stehen 7 Siege, 8 Unentschieden und 14 Niederlagen zu Buche. Dazu kam das 0:4 beim Viertligisten Berliner AK in der ersten Runde des DFB-Pokals. Der Klub stellt zudem die mit Abstand schlechteste Defensive (36 Gegentore) der Eliteklasse und hatte zu diesem Zeitpunkt einer Saison noch nie weniger Punkte (12) auf dem Konto. Hoffenheim hat bereits vier Zähler Rückstand auf den 15. Tabellenplatz.

Dennoch gab sich Babbel, der vor der Saison zur Verwunderung vieler Beobachter den Einzug in der Europacup als Ziel ausgegeben hatte, nach dem Bremen-Spiel noch kämpferisch: "Ich bin der Letzte, der von Bord geht, wenn es schwierig ist." Der Coach, der bis zur Verpflichtung Müllers im September als Teammanager bei 1899 gearbeitet hat, stand aber auch wegen seiner Transferpolitik in der Kritik. Ex-Nationaltorwart Tim Wiese spielte schwach, wurde von Verletzungen geplagt und zuletzt von Babbel degradiert. Der Schweizer Nationalstürmer Eren Derdiyok kam nicht über eine Reservistenrolle hinaus. In Hoffenheim gibt es allerdings auch ein grundsätzliches Trainer-Problem: Nach der Entlassung von Ralf Rangnick im Januar 2011 fehlt jegliche Kontinuität. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren saßen Marco Pezzaiuoli, Stanislawski und Babbel auf der Bank.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: