Nach Dopinggeständnis:Jones gibt Olympia-Medaillen zurück

Der gestürzte Leichtathletik-Star Marion Jones hat drei Tage nach ihrem Dopinggeständnis am vergangenen Freitag die fünf bei den Olympischen Sommerspielen 2000 in Sydney gewonnenen Medaillen zurückgegeben.

Das bestätigte am Montag ihr New Yorker Anwalt Henry DePippo telefonisch der Nachrichtenagentur Reuters. Die 31 Jahre alte US-Sprinterin hatte Dopingvergehen zum Zeitpunkt der Sommerspiele in Australien eingeräumt.

In Sydney hatte Jones Gold über 100, 200 und 4x400 m gewonnen, sowie Bronze über 4x100 m und im Weitsprung geholt. Bereits zuvor war ihr einmal ein Titel aberkannt worden.

Weil ihre Staffelkollegin Kelli White Doping bei der Weltmeisterschaft 2001 zugegeben hatte, war auch Jones das 4x100-m-Gold nachträglich wieder aberkannt worden.

"Eine gewöhnliche Betrügerin"

Peter Ueberroth, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees der USA, sagte zu der Medaillenrückgabe: "Sie hat den Sport, ihre Teamkollegen, ihre Konkurrenten, ihr Land und sich selbst getäuscht. Marion Jones ist keine Olympiasiegerin, nur eine ganz gewöhnliche Betrügerin."

Jones hatte US-Bezirksrichter Kenneth Karas am Freitag in White Plains nördlich von New York City gestanden, im Vorfeld von Olympia 2000 einige Male die im kalifornischen Balco-Labor entstandene Designerdroge Tetrahydrogestrinon (THG) konsumiert und im Zuge der Ermittlungen einen zweifachen Meineid geleistet zu haben.

Anschließend erklärte sie unter Tränen ihren Rücktritt "von dem Sport, den ich so sehr liebe. Ich schäme mich dafür, dass ich euer aller Vertrauen missbraucht habe. Ich habe mein Land verraten und ich habe mich selber verraten, und ihr habt jedes Recht, wütend auf mich zu sein."

Marion Jones musste ihren Pass abgeben und wurde auf Bewährung auf freien Fuß gesetzt. Am 11. Januar muss sie zum Urteilsspruch erneut vor Gericht erscheinen. Nach Lage der Dinge dürfte sie wegen ihres Geständnisses mit einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe davonkommen. Zweimal hatte sie die Ermittler im Balco-Skandal im November 2003 unter Eid belogen und behauptet, niemals mit THG in Berührung gekommen zu sein.

"Eine Lüge, Euer Ehren"

"Das war eine Lüge, Euer Ehren, denn ich wusste, dass ich es mehrfach konsumiert hatte", gestand sie nun Richter Karas. Ihr damaliger Coach Trevor Graham habe ihr bei der Vorbereitung auf Olympia 2000 gesagt, sie solle es sich unter die Zunge schmieren und dann runterschlucken.

Die Tatsache, dass Jones von Graham angeblich nicht über den Inhalt der öligen Substanz informiert wurde, spielt vor Gericht keine Rolle. Grahams Anwalt Joseph Zeszotarski wollte die Aussagen von Jones nicht kommentieren: "Wir werden uns zu den Vorwürfen während unserer Verhandlung im Gerichtssaal äußern."

Graham muss sich am 26. November in San Francisco wegen dreifachen Meineids vor Gericht verantworten. Er streitet alle Vorwürfe ab.

IAAF-Präsident Lamine Diack sprach am Wochenende von einer Tragödie und einem der übelsten Betrugsmanöver in der Geschichte des Sports. "Marion Jones hat nicht nur sich selbst, sondern das Ansehen des Sports in der ganzen Welt beschmutzt", sagte Diack: "Ich bin zutiefst enttäuscht, dass eine Athletin mit einem so begnadeten Talent auf Drogendealer hereinfällt."

Das IOC und die Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) hatten im Dezember 2004 die Ermittlungen gegen Marion Jones aufgenommen. Ihr Name und der ihres damaligen Lebensgefährten Tim Montgomery waren immer wieder in Zusammenhang mit dem Skandal um das von Victor Conte geleitete Balco-Labor aufgetaucht.

Nie positiv getestet worden

Jones war während ihrer gesamten Karriere nie positiv auf eine verbotene Substanz getestet worden, dennoch beschuldigte Conte sie des Dopings. Jones verklagte ihn auf 25 Millionen Dollar, später einigte man sich außergerichtlich.

Während die 31-jährige Jones nach ihrem Auftritt vor Gericht in Begleitung ihrer Mutter in einer schwarzen Limousine davonfuhr, ließ die Reaktion des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nicht lange auf sich warten. "Das ist ein trauriger Tag für den Sport. Das einzig Positive ist die Tatsache, dass ihr Geständnis hoffentlich den endgültigen Durchbruch in der Balco-Affäre bedeutet", sagte IOC-Präsident Jacques Rogge.

Das letzte Wort liegt nun beim Richter, der die Strafe zur Bewährung aussetzen oder Hausarrest anordnen kann. Die laut Gesetz mögliche Geldbuße von bis zu 500.000 Dollar dürfte wohl ebenfalls nicht verhängt werden, denn trotz jahrelanger üppiger Antrittsgelder und Sponsorenverträge ist Jones heute offenbar finanziell am Ende.

Sie könne lediglich noch über 2000 Dollar verfügen, hatte die einstige Werbe-Millionärin kürzlich behauptet. Das 100-m-Gold von Sydney bekäme übrigens die Griechin Ekaterini Thanou, die von den Spielen 2004 wegen Nichterscheinens zur Dopingkontrolle ausgeschlossen worden war. Ihre Bestrafung kann nicht rückwirkend "erweitert" werden.

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