Münchner Nullnummer bei der Eintracht:Wenn der Schlüssel klemmt

Bayern findet keine Lösung, Frankfurts Abwehr-Bollwerk zu überlisten. Statt über die Spielweise des Gegners zu klagen, sollten es die Münchner am Mittwoch gegen den FC Arsenal besser machen.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Nichts wie weg. Beinahe fluchtartig machte sich Karl-Heinz Rummenigge am späten Freitagabend in der Frankfurter Arena auf den Weg. Der Vorstandschef des FC Bayern beschleunigte sogar den Schritt, um auf dem Weg Richtung Tiefgarage den Fragestellern zu entkommen. Da wollte einer nach dem 0:0 partout kein Statement abgeben. Weil sich der Boss sonst zum Beschwerdeführer aufgeschwungen hätte?

Das übernahm dann Philipp Lahm. Im roten Trainingsanzug brachte er mit ernster Miene die Vorhaltungen gegen die Frankfurter Eintracht vor, die zumindest eine Halbzeit lang kaum teilgenommen hatte am Spiel. Die Klage des Kapitäns: "Ich hatte nach den letzten Wochen gedacht, defensiver als defensiv geht nicht. Aber wir sind eines Besseren belehrt worden."

Lahm, 31, gilt gemeinhin als Mann des Ausgleichs, Zwischentöne sind ihm wichtig, deshalb fügte er auch an: "Ich bin nicht überrascht: Alle Gegner spielen defensiv, darauf muss man sich einstellen. Aber es gibt einen Unterschied zwischen defensiv und defensiv." Besser gefällt Lahm nämlich die Nadelstichpolitik, die beispielsweise vor anderthalb Wochen der FC Arsenal in der Champions League gegen die Bayern anwendete. Auch in London lauerte der Kontrahent im Stile einer Handballmannschaft um den eigenen Strafraum, um dann aber später immer öfter auszuschwärmen. Und die Bayern zum ersten Male in dieser Saison in einem Pflichtspiel zu überlisten.

Eintracht Frankfurt Hradecky and Bayern Munich's Martinez fight for the ball during their German first division Bundesliga soccer match in Frankfurt

Es gab kein Durchkommen für Martinez und die Bayern-Angreifer gegen Eintracht Frankfurt, Torwart Hradecky packt zu.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Europäischen Startrekord verpasst

Lahm, das war deutlich herauszuhören, spielt lieber gegen Arsenal als die Eintracht, insofern passt es, dass genau dieser Gegner am Mittwoch in München vorstellig wird. Die vom Frankfurter Bollwerk jäh gestoppte Siegesserie in der Bundesliga und der verhinderte Rekord für die europäischen Topligen mit elf Siegen in den ersten elf Spielen - von Tottenham Hotspur aus der Saison 1960/61 - drückte bei den Bayern sichtlich auf die Stimmung.

Auch Verteidiger Jerome Boateng hatte die Frankfurter Abwehrhaltung so gar nicht gefallen. "Ich hoffe nicht, dass jetzt alle so spielen. Ich weiß nicht, ob das schön für den Fußball ist. Dass eine Mannschaft mit elf Mann 30 Meter vor dem Tor steht, habe ich so noch nicht erlebt." Wirklich nicht? Ähnlich verhielt sich in der Vorwoche der 1. FC Köln (0:4) und genauso auch Werder Bremen (0:1) vor zwei Wochen als Heimelf. Frankfurt aber holte als erste Mannschaft in dieser Saison auch einen Punkt gegen Bayern.

Schema & Statistik

Alle Daten und Fakten zum Spiel stehen hier.

Nationaltorwart Manuel Neuer, der sich nur nach einem eigenen Fauxpas strecken musste, monierte: "Es war einfach so, dass es schwer war. Der Gegner fängt nach 30 Minuten an, auf Zeit zu spielen. Wir haben dieses Mal die Lücken nicht gefunden." Vor allem Xabi Alonso und Arturo Vidal versäumten es, aus der Schaltzentrale auch mal per Vertikalspiel Akzente zu setzen. Auch ging das Rezept nicht wirklich auf, mit Arjen Robben, Douglas Costa und Kingsley Coman drei Flügelspieler über die ganze Breite des Feldes rotieren zu lassen. Vor allem Robben legte einen irritierenden Auftritt hin - seine Flugeinlage in der Schlussphase brachte dem Niederländer eine gelbe Karte wegen Schauspielerei ein.

Nur Guardiola klagt nicht

"Wir hatten genug Chancen, dieses Spiel zu gewinnen. Wir haben alles probiert bis zur letzten Minute", konstatierte Trainer Pep Guardiola. Den Klagenden wollte er sich ansonsten nicht anschließen. "Natürlich kann der Gegner spielen, wie er will. Fußball ist nicht das, was man sich wünscht", sagte er. Mit dem anfänglichen Verzicht auf Thomas Müller, Thiago und David Alaba hatte er zudem ein Trio geschont, das auf engem Raum für gewisse Überraschungsmomente sorgen kann.

Aber der FC Bayern muss mit seinem Luxuskader dann trotzdem sein Spiel durchbringen können. Am Ende standen in der Bilanz bei 68 Prozent Ballbesitz nur 10:8 Torschüsse für den Branchenprimus - seltsam einfallslos prallte der bayerische Breitwandfußball ab. Die Münchner wirkten wie der Schlüsseldienst, der für die zugefallene Haustür allerlei Werkzeug mitbringt, aber dann doch nicht den richtigen Dietrich dabei hat.

Auch deshalb verdiente sich der Gastgeber das Remis, das der Anhang der Adlerträger feierte wie einen Sieg. Als die fünfminütige Nachspielzeit endlich vorüber war, ertönte infernalisches Gebrüll auf den Rängen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: