Münchner Fußballklubs:Arena der Eitelkeiten

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Nächste Runde im Stadionstreit zwischen 1860 München und dem FC Bayern: Der Catering-Prozess fällt aus. Dafür gehen die Klubs mit Erklärungen gegeneinander vor.

Gerald Kleffmann

Am Mittwoch sollte eigentlich das Urteil im sogenannten Catering-Prozess im Landgericht München I gesprochen werden, der FC Bayern fordert ja mittels seiner eigenen Stadion GmbH vom Lokalrivalen TSV 1860 Geld fürs Catering in der Arena. Doch der Termin platzte und wurde aufgrund neuer Umstände kurzfristig verschoben, auf Mitte Juli. Wahrscheinlich hätte niemand dieser Sache groß Beachtung geschenkt, vor allem am Tag, nachdem feststand, dass die Sechziger als Profimannschaft nicht ins Grünwalder Stadion zurückkehren werden. Der FC Bayern und 1860 hätten sich nur zurückhaltend verhalten müssen, was sie aber nicht taten, ganz im Gegenteil. Beide Fußballklubs gingen am Mittwoch mit Erklärungen gegeneinander vor, und nun schwelt er wieder richtig, der Streit zwischen den Roten und den Blauen.

Dieses neue unrühmliche Kapitel begann damit, dass der Termin beim Landgericht auf den 14. Juli verlegt worden war. Der FC Bayern hätte dem Gericht neue Argumente präsentiert, hieß es. Die Löwen erhalten damit laut eines Hinweisbeschlusses des Gerichts - so der Fachausdruck - Zeit, auf die nicht öffentlich gemachten FCB-Argumente zu reagieren. Am Mittwochmorgen ging unversehens der FC Bayern an die Öffentlichkeit. Zusammen mit der Stadion GmbH verbreitete er in dem um 10.43 Uhr veröffentlichten Schreiben, dass er mit "dem Mieter (1860) nach wie vor zu keinem weiteren Gespräch in dieser Angelegenheit zur Verfügung" stehe.

Stoffers kontert

Desweiteren lobte der FC Bayern, dass seine neuen Argumente vom Gericht als "entscheidungserheblich erachtet" worden seien. "Insbesondere wies die Vorsitzende Richterin darauf hin, dass der TSV 1860 zur behaupteten Kartellrechtswidrigkeit der Catering-Vereinbarung nichts Ausreichendes und damit Entscheidendes vorgetragen hat." Die Spitze saß - und holte 1860 aus der selbst auferlegten Deckung.

1860-Geschäftsführer Manfred Stoffers, der noch am Dienstag um 20.30 Uhr lässig den Urteils-Aufschub kommentierte hatte ("Das Urteil wird unsere Rechtsauffassung bestätigen, es dauert halt nur ein paar Wochen länger") und sogar die Chance sah, doch noch ein außergerichtliches Gespräch mit dem FC Bayern zu führen, konterte um 12.15 Uhr unter dem Titel: "1860 München weist 'Jubelmeldung' des FC Bayern zurück". Bezugnehmend auf die FCB-Veröffentlichung erwiderte Stoffers: "In der Pressemeldung wird suggeriert, die Vorsitzende Richterin habe darauf hingewiesen, dass der TSV 1860 nichts Ausreichendes und damit Entscheidendes zur behaupteten Kartellrechtswidrigkeit vorgetragen habe. Ob das Gericht über diese höchst eigenwillige Form der Interpretation prozessual üblicher Hinweise glücklich ist, kann und will ich nicht beurteilen" - was er mit dieser Aussage natürlich trotzdem tat.

Nachdem 1860 anschließend giftete, dass "die Gegenseite erstmalig überhaupt etwas Substanzhaltiges zu dem Prozess vorgetragen habe", legte Stoffers konkreter nach. "Die Gegenseite hat zum Beispiel behauptet, die Allianz Arena sei für uns in den vergangenen Jahren nicht die einzig mögliche Spielstätte gewesen. Wir hätten ja schließlich ins Grünwalder Stadion ausweichen können. Jetzt werden wir darlegen, weshalb das Grünwalder Stadion als Alternative zur Allianz Arena für Profifußball ausscheidet." Daraus ließe sich folgern, die Löwen hätten den am Dienstag von der Stadt abgeschmetterten Rückkehrversuch ins Grünwalder Stadion auch deshalb unternommen, um jetzt im Catering-Prozess ein gewichtiges Argument zu haben. 1860 wie der FCB wollten am Mittwoch nichts weiter kommentieren.

Streitwert von 500.000 Euro

Richterin Elisabeth Waitzinger wird somit allerhand zu tun haben, diesen einzigartigen Fall zu lösen, in dem es längst nicht nur um Fakten, Verträge und Wirtschaftsinteressen geht, sondern auch um Emotionen, Eitelkeiten und persönliche Aversionen einiger Beteiligter. Spätestens am 14. Juli wird die Öffentlichkeit bei der mündlichen Verhandlung im Justizgebäude am Lenbachplatz erfahren, wer im Recht ist: der FC Bayern, der als Vermieter der Arena finanziell zu beklagen hat, dass die Sechziger bei ihren Heimspielen nicht die vertraglich ausgemachten Bewirtungskosten für 3000 Business-Seats-Besucher leisten - oder doch die Sechziger, die die pauschale Abnahme von 3000 mal Essen & Trinken als kartellrechtswidrig einstufen und seit Monaten nur noch das bezahlen, was im Business-Bereich der Arena pro Kopf und Heimspiel tatsächlich verzehrt wird. Die Löwen vertreten die Ansicht, dass sie im April 2006 keine Spielort-Alternative zur Arena hatten und gezwungen waren, aus der finanziellen Notlage heraus die Mietbedingungen der Stadion GmbH zu akzeptieren. Der Streitwert bemisst sich mittlerweile auf rund 500.000 Euro.

Sollte 1860 Recht bekommen, müsste der Zweitligist, derzeit Siebter in der Tabelle, den von der Stadion GmbH eingeklagten Fehlbetrag von 500000 Euro nicht begleichen. Zudem könnte der TSV hoffen, dass er den in den vergangenen Jahren zu viel bezahlten Betrag von 2,1 Millionen Euro für Catering-Aufwendungen zurückerhält. Dass sich der Verein Chancen ausrechnet, ist nachvollziehbar. Bei einem ersten Gerichtstreffen Anfang Februar hatte Waitzinger Sechzigs Position gestärkt.

© SZ vom 25.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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