Münchner Basketballer:Es knallt beim FC Bayern

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Lester Bo McCalebb (li.) und Bryce Taylor (re.): In der Abwehr viel zu tun (Foto: imago/Buthmann)
  • Die Bayern-Basketballer offenbaren beim knappen Erfolg gegen Ulm erneut erhebliche Schwächen.
  • Trainer Svetislav Pesic wütet gegen seine Spieler - mit bemerkenswerten Worten.
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Aus der Halle von Jonas Beckenkamp

Wenn ein Sportjahr endet, blicken die Beteiligten gerne zurück. Ein paar nette Worte zum Abschluss, Versöhnliches aus der Schatztruhe der charmanten Plauderei oder gute Wünsche - was man halt so sagt, nach zwölf Monaten Schufterei. Doch ein Fazit wollte Svetislav Pesic zu diesem eigentlich erfolgreichen Jahr seiner Bayern-Basketballer nicht abgeben. Er hatte überhaupt keine Lust auf Besinnlichkeit. Stattdessen polterte er los. Seine Stimme füllte das Pressekabuff in der Rudi-Sedlmayer-Halle mit solcher Wucht, dass selbst die Schrebergärtner aus der Nachbarschaft mithören konnten.

"Wir haben heute Weihnachtsgeschenke verteilt. Aus solchen Spielen kann man nichts lernen. So will ich nicht gewinnen." Dass seine Mannschaft widerspenstige Ulmer nur dank eines Schlussspurts mit 100:93 (44:50) nach Hause geschickt hatte, war Pesic fast peinlich. In der Tat wirkten die Münchner gegen den Tabellenvierten über weite Strecken schlapp und konzeptlos. Sie offenbarten ein wiederkehrendes Problem dieser Saison: In der Defensive fehlte jegliche Lust am Zupacken, so dass die Gäste angeführt von ihrem Spielmacher-Duo Per Günther (13 Punkte, neun Assists) und Jaka Klobucar (20 Punkte) phasenweise Showtime-Basketball zelebrieren durften.

"Fehlende Spannung" und Larifari hatte Pesic bei seinen Männern ausgemacht - und zwar bei allen, "ohne Ausnahme", so das zischende Urteil des Coaches. Und er redete sich weiter in Rage: "Ich kritisiere die Haltung meiner Spieler. Wir haben keine Verantwortung gezeigt. Es gibt keinen Grund, eine Mannschaft wie Ulm zu unterschätzen, das verstehe ich nicht. Wenn wir so weiterspielen, werden wir in den nächsten Spielen bestraft." Deftige Worte - vorgetragen in aller Offenheit und in beißender Lautstärke. Die nächsten Gegner heißen Bamberg und Dijon (im Eurocup), Pesic bereiten sie offenbar ziemliche Kopfschmerzen.

Wer den 65-jährigen Serben kennt, kennt aber auch dessen Schlitzohrigkeit. Pesic führt mit seinen Auftritten stets etwas im Schilde, er wirkt an der Außenlinie bewusst auf Schiedsrichter ein oder piesackt seine Profis mit Schimpftiraden. Seine Art der Führung basiert auf kleinen Kitzeleien, ironischen Spitzen und gezieltem Grant. Wie ernst er es diesmal meinte, war schwer auszumachen, aber er ließ weitere bemerkenswerte Sätze los, zum Beispiel diesen: "Mit dieser Einstellung werden wir hier nicht länger zusammenarbeiten." Hat der Trainer etwa bald genug?

Die Bayern haben unter Pesic 2014 die Meisterschaft gewonnen, zudem zogen sie in der vergangenen Saison überraschend ins Top16 der besten Euroleague-Teams ein - es war also kein schlechtes Jahr für das ambitionierte Projekt der Münchner. Fakt ist jedoch, dass es dem Coach im zweiten Halbjahr 2014 nicht gelungen ist, die Mannschaft weiter zu entwickeln. Die zahlreichen Verletzten (u.a. Anton Gavel und Bryce Taylor) in der frühen Saisonphase sind nur eine sanfte Entschuldigung. Gegen Ulm kassierten die Bayern zum wiederholten Mal zu viele Punkte. Dass es noch mit dem Sieg klappte, lag an einer Energieleistung im letzten Viertel.

Da schnappte die Verteidigung ein paar Mal entscheidend zu, so dass die Gäste ihre Wucht verloren. Plötzlich knallten Ulmer Würfe nur an den Ring, während die Münchner fünf Dreier in Serie trafen. "Die Spieler haben kapiert, dass wir kurz vor der Niederlage standen. Wir konnten Ulm nicht weiter spazieren gehen lassen," dozierte Pesic. Wenigstens das also. Die deftige Kritik des Trainers an Haltung und Einsatzwillen seines Personals stieß zudem auf offene Ohren.

"Wir müssen uns hinten mehr reinhauen," erklärte Kapitän Taylor, der im Gegensatz zu Pesic aber kein grundlegendes Defizit ausgemacht hatte. Verteidigen können viele im Team, so der Amerikaner, es gäbe genügend Kämpfer und Typen, denen Abwehrarbeit etwas bedeutet. Es scheint also eher ein Kopfproblem zu sein, die Knochenarbeit unter dem eigenen Korb auch wirklich ernst zu nehmen. "Der Trainer sieht unsere Fähigkeiten und ist enttäuscht, dass wir sie nicht abrufen, das muss man verstehen," erklärte Taylor.

Einer, der zumindest vorne sein Talent erneut unter Beweis stellte, war Bo McCalebb. Der Spielmacher mit den eingebauten Sprungfedern, dessen Kurzvertrag in diesen Tagen um weitere fünf Wochen verlängert wurde, glänzte erneut als bester Punktesammler (19 Zähler). Er sagte: "Der Coach hat Recht mit seiner Kritik. Es ist nicht das erste Mal, dass wir hinten zu viel zulassen. Wir hatten einfach nicht die richtige Energie." Wenn ein langes Sportjahr endet, kann eben auch das passieren: Den Beteiligten geht zum Schluss ein wenig der Saft aus.

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