1860 München:Weshalb sich 1860 von Sportchef Kreuzer trennte

Oliver Kreuzer

Hat er dem 1860-Investor zu oft widersprochen? Oliver Kreuzer

(Foto: dpa)

Der TSV 1860 München holt in Thomas Eichin einen neuen Sportchef. Unter anderem, weil sein Vorgänger Oliver Kreuzer Investor Hasan Ismaik zu oft widersprochen haben soll.

Von Philipp Schneider

Von einem Projekt ist nun wieder die Rede beim TSV 1860 München. Welch schönes, weil bedeutungsschweres Wort. Ein Projekt, verrät der Duden, ist eine "[groß angelegte] geplante oder bereits begonnene Unternehmung", oder zumindest ein "[groß angelegtes] Vorhaben". Selbst wenn einer die in Klammern gesetzte Größe gedanklich ausblendet, so bleibt noch immer übrig, dass hier jemand etwas plant, vorhat, oder gar mit etwas begonnen hat. Nur was genau projektiert eigentlich der Münchner Fußball-Zweitligist?

Er "glaube an dieses Projekt" wird Thomas Eichin, der neue Sportchef von 1860, in einer Mitteilung am Donnerstag zitiert. Und möglicherweise wusste Eichin gar nicht, dass die Existenz dieses Projekts, in das er eingeweiht ist, noch gar nicht mit der Welt geteilt wurde. Keiner weiß, seit wann es dieses Projekt gibt. Und erst recht kann niemand sagen, weshalb Oliver Kreuzer nicht länger Teil dieses Projekts sein darf. Fest steht nur: Kreuzer musste weichen, für Eichin, den ehemaligen Manager des Erstligisten Werder Bremen und jetzt also: den Projektmanager von 1860.

Auch am Tag nach den erstaunlichen Personalentscheidungen wollte sich kein Vereinsvertreter öffentlich äußern zu den Gründen für die Freistellung von Kreuzer, der sich in den acht Monaten bei Sechzig nichts zu Schulden kommen ließ. Offiziell darf bei Sechzig ja nicht mehr über die Hintergründe wichtiger Personalentscheidungen geredet werden. Seit im Mai ein sogenannter Strategie-Ausschuss ins Leben gerufen wurde. Acht Personen sitzen in dem Gremium, jeweils vier Vertreter von Vereins- und Investorenseite.

Probleme zwischen Ismaik und Kreuzer

Seit der Schaffung dieses Kabinetts wähnt sich Hasan Ismaik offenkundig am lange verfolgten Ziel seiner Sehnsucht, im Organigramm seiner Fußballfirma einen Ort geschaffen zu haben, an dem er die im Kooperationsvertrag verankerten Prinzipien von 50+1 aushebeln kann. Nötig wäre das kaum gewesen.

Weil seit der Wahl von Peter Cassalette zum Präsidenten kein einziger Konflikt überliefert ist, den Vereinsvertreter mit ihrem einzigen Financier ausgetragen hätten. Wer zahlt, schafft an, heißt es neuerdings aus dem Bauch des Löwen. Und zwischen Ismaik und Kreuzer soll eben "die Chemie" nicht länger gestimmt haben.

Mit Thomas Eichin soll bei 1860 alles besser werden

Kreuzer habe Widerworte gegeben, und er habe aufbrausend reagiert, wenn von ihm angeregte Transfers nicht die Zustimmung des jordanischen Geschäftsmanns gefunden hätten, heißt es. Außerdem habe Kreuzer (wie alle seine Vorgänger bei 1860) etwas zu forsch öffentlich beanstandet, dass er kein festes Budget zur Verfügung hatte, um seine Kaderplanung seriös voranzutreiben. Ihm wird vorgeworfen, in seiner Mail-Korrespondenz mit Ismaik teilweise zu frech formuliert zu haben.

Außerdem habe er bei der Kaderplanung andere Vorstellungen gehabt als Kosta Runjaic, der Trainer, an dessen Stelle Kreuzer gerne Franco Foda eingestellt hätte. Und er habe kein berauschendes Konzept für die kommende Saison präsentiert und keine guten Spieler versprochen. Im Gegensatz zu Thomas Eichin, von dem sich auch die Vereinsvertreter nun versprechen, er werde 1860 strukturell auf ein höheres Level heben.

In der Mitteilung wird Eichin Sportchef genannt, nicht Geschäftsführer Sport, weil die Auflösungsverträge mit den gegenwärtigen Geschäftsführern noch immer nicht unterzeichnet sind. Doch nach SZ-Informationen wird Eichin auch die Aufgaben von Finanzchef Markus Rejek übernehmen, wenn er - erstaunlich spät - am 1. August seine Büroräume an der Grünwalder Straße bezieht. Das sei allerdings kein Problem, da Eichin bis dahin aus der Ferne die Kaderplanung vorantreiben werde - und er bereits in den vergangenen Tagen in Kontakt mit Runjaic gestanden habe. Also auch schon zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung, auf der sich Cassalette für weitere drei Jahre wählen ließ - und den künftigen Geschäftsführer Eichin nicht mit einem Wort erwähnte, der in Bremen seinen Vertrag noch nicht aufgelöst hatte.

Es sollen neue Spieler kommen, die den Klub auf ein neues Level heben

Im Gegenzug versprechen sich die Vereinsvertreter bei 1860 nun dem Vernehmen nach, dass Ismaik investieren wird. Es heißt, dass die neuen Spieler, die in den nächsten Wochen an der Grünwalder Straße eintreffen sollen, allesamt Profis seien, die Sechzig auch fußballerisch auf ein höheres Level heben würden. Da darf man nun wahrlich gespannt sein. Andererseits: Würde Thomas Eichin in die zweite Liga wechseln, wenn ihm nicht ein ordentliches Budget in Aussicht gestellt worden wäre?

Der Wert eines Projekts zeigt sich erst an seinem Ende. Doch sollte Ismaik erstmals kräftig in seinen Fußballklub investieren, wäre das vielleicht mal eine Meldung wert gewesen.

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