1860 München unterliegt Köln:Verloren im Nachtnebel

Zweitligist TSV 1860 München spielt 52 Minuten in Unterzahl und verliert 0:2 gegen den 1. FC Köln. Reiner Maurers Mannschaft wagt im eigenen Stadion zu selten mutige Aktionen - und an Kreativität mangelt es ihr erneut.

Gerald Kleffmann

TSV 1860 Muenchen - 1. FC Koeln

Tatsächlich Gelb-Rot: 1860-Mittelfeldmann Grigoris Makos (l.) musste in der 38. Minute vom Platz. Er hatte Kölns Matthias Lehmann mit dem Ellenbogen im Gesicht getroffen.

(Foto: dapd)

Vor dem Spiel hatte es dramatisch klingende Worte gegeben, die klare Hinweise auf die Bedeutung dieser Zweitliga-Partie am Freitag gaben. "Hier unterschätzt keiner die Situation. Und hier ist auch keiner, der nur im Ansatz versucht, die Situation schönzureden", sagte Frank Schaefer, Sportlicher Leiter des 1. FC Köln. Bei den Löwen klang das Alarmierende so: "Nach unseren letzten Heimspielen würden wir uns und unseren Fans einen großen Gefallen tun, wenn wir jetzt ein gutes Spiel abliefern", sprach Reiner Maurer, Trainer des TSV 1860 München.

Siebter gegen Zwölfter, das war die Ausgangssituation der beiden Traditionsklubs gewesen, die ihren Erwartungen mal wieder hinterherkicken und somit verunsichert in ein Duell gingen, das ein Fan im Internet apokalyptisch ankündigte: "Die Voraussetzungen für eines der schlechtesten Spiele sind gegeben." Ganz so schlimm kam es dann nicht, allerdings wird dieser Abend wieder für viel Gesprächsstoff sorgen in Giesing, speziell über Trainer Reiner Maurer. Mit dem 0:2 (0:1) - wie gegen den FC St. Pauli vor zwei Wochen - setzte der TSV seine negative Heimserie fort; es war das dritte Spiel in der Arena nacheinander ohne Sieg.

Und Maurer, er war bereits gewappnet, er ahnte: "Wir werden jetzt im Umfeld wieder viel Unruhe haben. Wir haben den Befreiungsschlag nicht schaffen können."

Gut 25800 Zuschauer (unter denen auf Einladung des 1860-Investorenvertreters Hamada Iraki auch Sven-Göran Eriksson war, Englands früherer Nationalcoach) erlebten einen spektakulären Auftakt der Rheinländer, die schon in der dritten Minute in Jubel ausbrechen durften. Nach einem abgefälschten Fernschuss von Mato Jajalo folgte ein Eckball, den Adil Chihi mit viel Effet trat und Kevin McKenna per Kopf entschlossen im Tor unterbrachte.

Schwungvolle Momente von Stoppelkamp

Kölns Trainer Holger Stanislawski, in der Heimat schwer in der Kritik (dort greifen die gleichen Gesetze wie in München), wurde darauf bestürmt von den Spielern, die sich auf diese Weise zu ihrem Coach bekannten. Die Sechziger mussten sich daraufhin erst sammeln, und als sich der Nebel der Rauchbomben legte, die unerfreulicherweise im Kölner Block gezündet wurden, sah das Löwen-Spiel durchaus ansehnlich aus. In der 14. Minute schoss Linksverteidiger Arne Feick, der erneut den Vorzug vor Moritz Volz erhielt, erstmals für 1860 aufs Tor.

TSV 1860 Muenchen - 1. FC Koeln

Konnte sich mit seinem Team gegen Köln nicht befreien: 1860-Trainer Reiner Maurer. 

(Foto: dapd)

Die Partie blieb zerfahren und hitzig, das Mittelfeld wurde von beiden Teams schnell überbrückt. Als Kölns Anthony Ujah aus der Distanz abzog, machte Löwen-Torwart Gabor Kiraly einen besseren Eindruck als beim 0:1; den sympathischen Ungarn darf man nun im Übrigen Rekord-Mann nennen, am Mittwoch löste er durch seinen 87. Länderspiel-Einsatz gegen Norwegen Gyula Grosics, WM-Keeper von 1954, als Rekordnationalspieler ab.

Sechzig versuchte vermehrt über die rechte Seite, wo Moritz Stoppelkamp viele schwungvolle Momente hatte, den Toröffner zu finden, doch die Lage wurde schlagartig eine neue, als Grigoris Makos sich nach einer ersten Unbeherrschtheit (Gelb in der 27. Minute nach einer wüsten Grätsche) zu einer zweiten hinreißen ließ. Ein Ellbogenschlag gegen den früheren Sechziger Matthias Lehmann wurde jedenfalls als solche von Schiedsrichter Markus Schmidt so gewertet, die gelb-rote Karte folgte (38.). Zur Halbzeitpause kassierte der Unparteiische gellende Pfiffe.

Wo die Sechziger ansetzen konnten, verriet eine Zwischenbilanz: Mit nur 35 Prozent gewonnener Zweikämpfe ist es schwer, sich Vorteile zu erspielen, und so war es verständlich, dass Trainer Maurer immer öfter fuchtelnd an der Seitenlinie auftauchte und zur Gegenwehr animierte. Nun war es ganz normaler Nachtnebel, der die Sicht auf dem Platz immer wieder beeinträchtigte und womöglich die Kölner vergessen ließ, dass sie ja faktisch ein Mann mehr waren. Von der numerischen Überlegenheit war aber nichts zu sehen, und Sechzig fasste neuen Offensivmut. Doch wiederholt rieb sich Benjamin Lauth als einzige Spitze auf, und Daniel Halfar, der durchaus zu zaubern weiß, fand keinen Weg, sich oder einen Kollegen in Szene zu setzen. Kurzum, es fehlte ein Akteur mit einem fruchtenden Geistesblitz.

So folgte eine natürliche Reaktion unter Fußballern, die Sechziger begannen, mit endlos hohen Pässen in den Kölner Strafraum ihr Heil zu suchen, doch gefordert wurden die Verteidiger Miso Brecko und Dominic Maroh sowie Torwart Timo Horn nur selten. Die Kräfteverhältnisse schienen an diesem ohnehin frostigen Abend wie eingefroren zu sein, da überraschte der FC mit einem intelligent vorgetragenen Konter. Jajalo setzte sich gegen zwei Münchner im Mittelfeld durch und passte in den Lauf von Chihi, der Kiraly keine Chance ließ mit einem flachen Schlenzer aus 15 Metern (75.). Sechzig rannte noch ein paar Mal an, aber das Los war besiegelt: 1860 verlor, und die Fans ließen ihre Wut am Trainer aus: "Maurer raus".

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