1860 München:Ruhepol in der Rasselbande

Danny Schwarz ist einer der Gründe für den beschwingten Saisonauftakt bei den Münchnern.

Thomas Hummel

Wenn Danny Schwarz zwischen seinen Mannschaftskameraden steht, wirkt er wie ein Exot. Viele haben jungenhaft rosige Haut, blond gefärbte Haare stehen in alle Richtungen, Fußballschuhe strahlen in bunten Farben. Dazwischen steht Danny Schwarz, 31, mit den angegrauten Schläfen.

Elf Jahre Profi-Fußball haben ihm ein paar Falten in die Gesichtshaut gegraben. Seit drei Monaten spielt er wieder beim Zweitligisten TSV 1860 München und ist unversehens zum Anführer einer Rasselbande geworden.

Schwarz ist derzeit einer der vier Mannschaftsväter bei Sechzig: Im Tor Michael Hofmann, 33, in der Innenverteidigung Gregg Berhalter, 33, Torben Hoffmann, 31, und er im zentralen Mittelfeld.

Weil der TSV 1860 nach einer schon fast bizarren Finanzmisere kein Geld mehr für weitere etablierte Profis hat, springt um diese Vier eine Ansammlung teils sehr talentierter Jungspunde über den Platz.

Dabei hat sich ein Kader gefunden, der den Fans so viel Freude macht wie schon lange keine Mannschaft des TSV 1860 mehr - wohl auch an diesem Freitag wieder, beim Freundschaftsspiel gegen den VfB Stuttgart in Aichach (18.30 Uhr).

Nach drei Spieltagen steht Sechzig jedenfalls auf Platz drei. Und ein Grund dafür heißt Danny Schwarz.

Dabei dürfte er seinen Wechsel vom Karlsruher SC zurück nach München im Frühjahr mehr als einmal bereut haben. Schwarz hatte schon im Januar dieses Jahres einen Vertrag bei Sechzig unterschrieben.

Er war die letzte Personalie unter der Regie von Trainer Rainer Maurer und Sportdirektor Roland Kneißl (eine der wenigen wirklich gelungenen Personalien dieser Ära). "Im Januar war Sechzig mit das Beste in der zweiten Liga. Die Allianz Arena war der absolute Bringer, und außerdem kannten wir uns ja", erzählt Schwarz.

Zweifel in der Rückrunde

Da er bereits fünf Jahre in München gespielt hatte, zuerst in Unterhaching, dann bei 1860, stimmte auch seine Familie für eine Rückkehr. Doch dann begann die Rückrunde der zweiten Liga. Und Danny Schwarz kamen Zweifel.

Während er mit Karlsruhe bis zum letzten Spieltag um den Aufstieg kämpfte, ging es mit seinem neuen Verein rapide bergab. "Ich hatte da schon ein flaues Gefühl im Magen", gibt er zu.

Er habe oft mit befreundeten Spielern bei Sechzig telefoniert, um sich zu erkundigen, ob das auch alles wahr sei, was er da aus den Zeitungen erfahre.

Ruhepol in der Rasselbande

"Was in den Zeitungen steht, kann man ja auch nicht immer glauben." Betrüblicherweise stimmte fast alles, was da stand, die ganze sportliche und finanzielle Misere.

Als er in München ankam, erschrak er zuerst. Eigentlich hatte er gedacht, er kehre in einen Kreis alter Bekannter zurück. Von diesen war aber kaum einer mehr da. Sondern lauter Jungspunde mit Stachelhaaren und bunten Schuhen.

Doch einen besseren Mann für diesen Neubeginn hätte sich Sechzig nicht wünschen können. Als Fußballer und als Mensch.

Auf dem Feld gibt er in der Zentrale den Jungen Halt. Nebenmann Daniel Baier sagte kürzlich, er sei froh, so einen erfahrenen Spieler neben sich zu wissen, der ihn führt. Schwarz agiert gerade in der Defensive fast wie ein spielender Trainer, immer das Gemeinwohl im Sinn, immer für den anderen mitdenkend. Er schreit den Nebenleuten zu, wohin sie zu laufen haben, ist selbst dort, wo sich eine Lücke auftut.

Dazu beherrscht er die Kunst des kurzen Passes, der die oft hektischen Zweikampf-Situationen in der zweiten Liga beruhigt, den Gegner irritiert und aus dem Rhythmus bringt.

Das Vertrauen von Trainer Walter Schachner in Schwarz ist entsprechend groß: "Bei Danny muss ich mir keine Sorgen machen." Allein, Schachner wünscht sich, dass Schwarz öfter die Defensivpflichten vergisst und seine Stärken im Angriff einbringt.

Wie in Burghausen, als er nach einem fulminanten Volleyschuss nur deshalb nicht jubeln durfte, weil der Gegner mit Uwe Gospodarek einen Ausnahme-Torwart stellt.

Auch der Charakter des Danny Schwarz erscheint für das Projekt Neuaufbau bei Sechzig wie geschaffen. Einer wie er, der sieben Spielzeiten in der ersten Liga hinter sich hat, könnte hier als Zampano auftreten, der alles besser weiß als die kleinen Rotzlöffel. Er wisse zwar, sagt Schwarz dazu, dass er eine Führungsrolle innehabe.

"Aber ich rede mit den Jungen vielleicht ein, zwei Sätze in der Halbzeit. Ich will die ja nicht zuquatschen." Mit dieser unprätentiösen Art genießt Schwarz im Kader hohen Respekt.

Und wahrscheinlich würde sich das nur dann ändern, wenn Danny Schwarz plötzlich mit einer blondierten Stachelfrisur und bunten Schuhen auf den Platz läuft. Zu erwarten ist das allerdings nicht.

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