Kunstrasen bei 1860 München:Spenden-Aktion statt Investor-Million

1860 Muenchen Unveils New Sports Manager Oliver Kreuzer

Szene vom 1860-Trainingsplatz an der Grünwalder Straße

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Investor Hasan Ismaik hatte dem TSV 1860 Investitionen in die Infrastruktur versprochen - nun sammeln die Jugendspieler Spenden für einen neuen Kunstrasen.
  • Weitere besprochene Maßnahmen sind noch immer nicht umgesetzt.
  • Am Samstag kommt Ismaik nach München.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Lukas Aigner, 19, und Alexander Fuchs, 18, ahnten sicher nicht, dass sie mit ihrem Auftritt eine solche Diskussion auslösen würden. Die Nachwuchsspieler des TSV 1860 München meinten es ja nur gut, als sie erklärten, welche Blessuren sie sich auf dem alten Kunstrasen am Trainingsgelände schon zugezogen haben - Alexander ist schon zwei Mal die Kniescheibe rausgesprungen. Und sie meinten es sehr gut, als sie die Spendenaktion "Neues Grün für die Blauen" vorstellten, die zum Ziel habe, von 6000 Personen je 100 Euro zu sammeln, um den 600 000 Euro teuren neuen Kunstrasen zu bauen.

Das wäre bei der SpVgg Feldmoching oder bei Grün-Weiß Deggendorf eine tolle Aktion, bei den Löwen allerdings zog sie einen ganzen Rattenschwanz an Fragen hinter sich her, für deren Beantwortung Lukas Aigner und Alexander Fuchs selbstredend nicht zuständig waren. Wem gehört der Kunstrasen am Ende eigentlich, dem Verein oder der Profifußball-KGaA? Spenden darf nämlich nur der e.V. sammeln; der Platz kommt aber auch den Zweitliga-Profis zugute. Deren Kapitän Christopher Schindler hatte vor seiner Vertragsverlängerung erklärt, dass Investitionen ins veraltete Gelände eine Grundvoraussetzung seien, dass er bei Sechzig bleibe. Das Trainingsgelände ist ein Erbpachtgrundstück der Stadt; die Nutzung der Plätze ist im Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen KGaA und e.V. geregelt. Aber der Kunstrasen muss ja irgendjemand gehören, oder?

"Die klassische Spende geht nur über den e.V."

Er gehöre "niemand", teilte 1860 auf SZ-Anfrage zunächst überraschend mit. Er gehört allerdings der KGaA, und Vizepräsident Heinz Schmidt sagte, es sei "ein gewisses Problem, wenn man das als Spendenaktion macht, denn die klassische Spende geht nur über den e.V." KGaA-Geschäftsführer Markus Rejek erklärte daraufhin, dass die Spendengelder in den e.V. fließen, der für Spiele und Training Miete an die KGaA zahlt; so kommt das eingesammelte Geld letztlich doch zum Teil der Möglichkeit zugute, dass Jugendliche auf einem guten Kunstrasen spielen. Man habe die Sache vereinfacht dargestellt, weil man die "löwenstarke" Idee der Jugendlichen zum Geldsammeln "bärenstark" fand.

Auch wenn sich dieses gewisse Problem lösen ließ, blieb eine weitere Frage: Hatte nicht Investor Hasan Ismaik angekündigt, von den Transfererlösen des vergangenen Sommers 1,2 Millionen Euro in die Infrastruktur zu stecken? Doch, doch, beteuerte der Verein nun, und dabei bleibe es auch; die Maßnahmen inklusive des Kunstrasenplatzes seien auch bereits budgetiert.

"Wenn klare Fakten da sind, spielt Geld keine Rolle"

Es wäre aber auch nicht verwunderlich, wenn Ismaik seine Zusagen doch mal wieder eher zögerlich umsetzt. Zur Erinnerung: Die Absichtserklärung des Jordaniers, einen schönen neuen Kunstrasenplatz zu bauen, war Teil eines vom Verwaltungsratsvorsitzenden Karl-Christian Bay im Sommer mit Ismaik ausgehandelten Maßnahmenpakets, den Sechzigs Chronisten den Kompromiss von Abu Dhabi taufen könnten. Kern der Übereinkunft war eine Degradierung des damaligen Geschäftsführers Gerhard Poschner zum Sportdirektor, in Kombination mit einer zeitgleichen Beförderung von Ismaiks Cousin Noor Basha zum Geschäftsführer. Poschner ist weg, Basha befördert, alle anderen Maßnahmen aber, so hat es den Anschein, stecken in der Warteschleife.

Im September wollte Ismaik eigentlich Oberbürgermeister Dieter Reiter treffen, um über die Finanzierung eines eigenen Stadions zu reden, "wenn klare Fakten da sind, spielt Geld keine Rolle", hatte er verkündet. Zudem wurde die erneute Umwandlung von Darlehen in Genussscheine abgesprochen, die zumindest bis Anfang der Woche noch nicht umgesetzt war. Um die in dieser Angelegenheit noch anstehenden Verhandlungen mit Ismaik nicht zu gefährden, gab es im Verein die Überlegung, dass der neue Präsident Peter Cassalette nicht schon unmittelbar nach der Wahl den Sitz seines Vorgängers Siegfried Schneider im Beirat annehmen sollte.

Am Wochenende immerhin, so teilte es Basha am Donnerstag mit, wird Ismaik mal wieder in München erscheinen. Er wird sich das Spiel gegen den FC St. Pauli (Samstag, 13 Uhr, Arena Fröttmaning) anschauen, und er will "Gespräche führen". Mit Cassalette sicherlich, der seinen beruflichen Aufenthalt bei der Horexpo, einer Internationalen Ausstellung für Hotellerie und Catering, in Lissabon abbricht, um am Samstag zurück zu sein; mit Schneider wohl auch, und mit Ulrich Bez, Ismaiks Beiratsvertreter. Auch mit Reiter womöglich, doch noch? Dazu werde er keine Stellung nehmen, sagte Basha, so wie er auch nichts zu Inhalten der Gespräche sagen könne. Es gebe mit Ismaik auch "keine Pressekonferenz, gar nix", und am Montag werde er wieder abreisen.

Die Löwen sollten die Gelegenheit nutzen, mit dem Investor, der nicht mehr Investor genannt werden will, noch einmal über die Infrastruktur zu sprechen. Das vorgesehene Budget reiche eben nicht aus, um alle notwendigen Reparaturen auf dem Gelände durchzuführen, ließ der Verein zur weiteren Erklärung der Spendenaktion mitteilen. Ein neuer Naturrasen und ein neuer Kraftraum werden benötigt, die Rasenheizung funktioniert bekanntlich schon seit einigen Jahren nicht mehr richtig. Und wäre eine Investition in Infrastrukturmaßnahmen nicht sogar die beste Möglichkeit, um zu beweisen, dass Ismaik weiterhin an einer langfristigen Partnerschaft interessiert ist?

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