1860 München: Hamada Iraki:Der Investorenflüsterer aus Palästina

Er ist der Statthalter des mächtigen Investors: Hamada Iraki hat seine Chance erkannt, beim Zweitligisten 1860 München an der Seite von Hasan Ismaik aufzusteigen. Der Banker möchte offenbar alles bestimmen - und seine Machtfülle ist enorm.

Klaus Ott

Als die Schlacht geschlagen war, als der vereinbarte Waffenstillstand begann, da tauchte Hamada Iraki plötzlich auf dem Trainingsgelände des TSV 1860 München auf. Der Investmentbanker und künftige TSV-Aufsichtsrat sprach mit den Fans, er versuchte, gute Stimmung zu verbreiten und die Konflikte kleinzureden. "Wir sitzen doch alle in einem Boot", sagte der Bankdirektor, der auch privat Millionengeschäfte macht.

Alle Sechziger müssten als Einheit auftreten und das Beste für den Klub herausholen. Es hat nur noch gefehlt, dass Iraki das Motto der Musketiere propagiert: Einer für alle, alle für einen. Aber das wäre dann doch ein bisschen zu dick aufgetragen gewesen. Es war auch so schon ein ungewöhnlicher Auftritt.

Iraki, 39, gebürtiger Palästinenser, Managing Director und Chef der Abteilung Mittlerer Osten und Nordafrika bei der Münchner Außenstelle der italienischen Großbank Unicredit, ist ja lieber der Mann im Hintergrund, der von dort aus die Fäden zieht. Er hat, als der Fußball-Zweitligist TSV 1860 im Frühjahr fast pleite war, den arabischen Immobilien-Millionär Hasan Ismaik als Retter und Investor aufgetrieben. Und nun ist der Unicredit-Direktor im vom Arbeitgeber genehmigten Nebenjob Ismaiks Statthalter bei den Sechzigern, den Löwen.

Ein Statthalter mit vielen Funktionen, die nicht miteinander zu vereinbaren sind: Investoren-Vertreter, Klub-Kontrolleur, zudem Geschäftspartner des TSV. Ein Statthalter, der gewissermaßen den König der Löwen spielen wollte, obwohl ihm diese Rolle nicht zusteht, und der so dazu beitrug, dass der TSV seinem Ruf als Chaos-Klub erneut gerecht wurde. Öffentlich darüber reden mag Iraki nicht. Er bittet um Verständnis dafür, dass er sich nicht zu 1860 und zu seiner Person äußere. Nur noch der Klub selbst werde Stellung beziehen. So habe man das vereinbart, damit Ruhe einkehre.

Von Iraki ist bekannt, dass er in München zwei Cafés, ein Nachtlokal und ein Hotel betreibt. Und dass er bedeutende Kunden der Unicredit gelegentlich zu Spielen des FC Bayern begleitet. Das italienische Finanzinstitut verfügt über seine deutsche Tochter Hypovereinsbank (HVB) über zwei Logen in der Allianz Arena, die dem FC Bayern gehört und in der auch die Sechziger spielen.

Die HVB ist Bayern-Sponsor. In der Arena kümmert sich der Investmentbanker um Unicredit-Klienten und bekommt dort bei Auftritten des FC Bayern mit, wie sehr Fußball und Geschäft verzahnt sind. Hat ihn das dazu verleitet, selbst ins Fußballgeschäft einzusteigen? Jedenfalls hat Iraki sofort zugegriffen, als sich im Frühjahr die Möglichkeit bot, in Hasan Ismaik einen guten und vermögenden Bekannten vom Persischen Golf als Investor zu den Münchner Löwen zu lotsen. Und als sich die Chance auftat, an Ismaiks Seite selbst schnell aufzusteigen.

Ein Privatmann, der "ein bisschen hilft"

Irakis Machtfülle ist enorm. Bei Konflikten mit Klubfunktionären soll er schon mal warnend entgegnen, 1860 wolle sich doch nicht das Wohlwollen des Investors verscherzen. Iraki ist für zwei der wichtigsten Gremien vorgesehen, für den Aufsichtsrat und den Beirat der Fußball GmbH & Co KGaA der Löwen. Dort könnte er dann über seine eigenen Geschäfte mit den Sechzigern mitbestimmen: die Vermarktung des Zweitligisten bei Sponsoren und Vips durch ihn und Ismaik, und die geplante Übernahme des Fanartikel-Geschäfts durch die beiden.

Hamada Iraki 1860 München

Hamada Iraki (l.) und Hasan Ismaik.

(Foto: imago sportfotodienst)

In London und am Persischen Golf in Abu Dhabi, von wo Ismaik seine Firmen betreibt, sollen Fanartikel-Filialen geplant sein. Als ob die Briten und die Araber nur darauf warten, sich mit blauen Trikots, Schals und Mützen aus München einzukleiden von einem deutschen Zweitligisten, der ziemlich lange nicht mehr international gespielt hat. Vereinspräsident Dieter Schneider, ohne dessen Einsatz es den TSV 1860 in der zweiten Liga nicht mehr gäbe, hat Iraki vor solchen Plänen gewarnt.

Schneider hat sich auch dagegen gewehrt, dass Iraki nach und nach den kompletten Klub unter seine Kontrolle bringt. Irakis Antwort: Er habe dem Verein mitgeteilt, dass er mit Schneider nicht mehr rede. Wenige Tage zuvor hatte Iraki - auch in Ismaiks Namen - dem Präsidenten Schneider noch versichert: "Wir bauen weiterhin auf Sie." Man schätze seine Arbeit, er möge sich gut erholen, schließlich fange die Arbeit jetzt erst richtig an.

Das war wohl eher eine Floskel, ebenso wie Irakis einstige Äußerung, er werde bei 1860 "keine offizielle Rolle" spielen, sondern als Privatmann etwas helfen. Das sieht längst anders aus. Der Investmentbanker möchte offenbar alles bestimmen. Er wollte sogar festlegen, wen der TSV in die Klub-Gremien entsendet. Irakis Steuerberater kümmert sich um die Klub-Finanzen; die Spielerverträge sollte Ismaiks deutscher Sportanwalt gestalten (was 1860 abblockte).

Und selbst für Trainer Reiner Maurer und Sportchef Florian Hinterberger bietet sich Iraki angeblich als Ansprechpartner an, der viele Dinge möglich machen könne, wie Flüge zu Auswärtsspielen. So wird es im Klub erzählt. Die SZ hat Iraki mit all diesen Dingen konfrontiert, doch er schweigt dazu. Er mag auch nicht über die von ihm, Ismaik und einem weiteren Partner gegründete Sportagentur H.I. Squared reden, was so viel heißt wie Hamada Iraki und Hasan Ismaik hoch zwei.

H.I. & H.I. verkaufen mit ihrer Agentur die nächsten zehn Jahre den TSV bei Werbekunden, Sponsoren und Vips. Zu diesem Zweck haben die beiden den alten Agenturvertrag des TSV mit IMG, einem der weltweit größten Sportvermarkter, für vier Millionen Euro abgelöst. Das Geld will zurückverdient werden, und vielleicht ist das der Grund für einige ziemlich rigide Passagen im Abkommen zwischen H.I. Squared und dem TSV.

Der Zweitligist darf laut Vertrag keine "Maßnahme ergreifen, die es dem Vermarkter unmöglich macht", die von Iraki und Ismaik ausgegebenen Millionen wieder einzuspielen. 1860 hat nur zwei Tage Zeit, von der Agentur vorgelegte Sponsorenverträge zu prüfen und zu unterschreiben. Außerdem entscheidet H.I. Squared "unwiderruflich und exklusiv" über Logen und weitere Vip-Plätze in der Arena.

Eine vom TSV 1860 eingeschaltete Anwaltskanzlei hat das Vertragswerk für "dringend überarbeitungsbedürftig" erklärt. Vermutlich gilt das nicht nur in diesem Fall.

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