1860 München gegen Aue:Gestählt durch die Debattenkultur

Mit einem Sieg gegen Erzgebirge Aue könnte Zweitligist TSV 1860 München tatsächlich einen gelungenen Saisonstart feiern. Trainer Reiner Maurer hat nach den jüngsten Chaoswochen vor allem zwei Dinge im Sinn: Er will weitere Siege. Und die Fans zurückgewinnen.

Gerald Kleffmann

Es gibt Zahlen, die Reiner Maurer beruhigen könnten, viele sogar, und wie man sie dreht und wendet, stets kommt aus Sicht des TSV 1860 München etwas Gutes heraus. Die Löwen haben zum Beispiel in den letzten 14 Zweitliga-Spielen, die sie saisonübergreifend bestritten haben, immer mindestens ein Tor erzielt. In der aktuellen Saison sind sie mit acht Treffern das erfolgreichste Team ihrer Klasse.

Energie Cottbus - 1860 München 0:5

Jubel in Cottbus: 1860-Stürmer Benjamin Lauth.

(Foto: Thomas Eisenhuth/dpa)

Die Heimbilanz gegen Erzgebirge Aue an diesem Sonntag (Arena, 13.30 Uhr) liest sich ebenfalls zum mit der Zunge Schnalzen. 11:1 Tore, drei Siege, zwei Remis. Die letzte Niederlage in der Arena? Ereignete sich im Februar, beim 0:2 gegen Augsburg, es soll Menschen geben, die sich daran erinnern.

Im Grunde spricht an diesem Wochenende so gut wie alles für die Sechziger, rein statistisch natürlich. Doch Löwen-Trainer Maurer, längst gestählt durch die Debattenkultur beim TSV, beeindruckt das alles nicht, und deshalb sagt er vor der Partie einen Satz voller Weisheit, der von Oscar Wilde stammen könnte, wenn der noch leben würde: "Es gibt überhaupt keine Sicherheit für jedes Spiel, nicht mal für den FC Barcelona." Gleichwohl merkt Maurer mit umso sicherer Stimme, an: "Unser Anspruch ist es natürlich schon, drei Punkte zu holen."

Das Vorteilhafte ist ja: Obige Weisheit hat auch für Aue Gültigkeit, das, wäre der Klub eine Aktie, weniger das Momentum auf seiner Seite hat als 1860. Der FC Erzgebirge, der eine vorzügliche Saison zuletzt spielte, startete mit einem Sieg, einem Unentschieden und einer Pleite in diese Spielzeit, die Münchner haben schon zweimal gewonnen, in Cottbus eindrucksvoll mit 5:0, es war der höchste Auswärtssieg - Achtung, jetzt wird es historisch - seit dem Meisterjahr 1966, als Neunkirchen 9:1 abgefertigt wurde.

Ein Erfolg nun könnte den positiven Trend untermauern, doch auch in dieser Situation lässt sich Maurer nicht zu euphorischen Gedankenspielen hinreißen, er kennt sein Umfeld. Nach dem Erstrundenpokalsieg in Osnabrück musste er sich quasi entschuldigen, dass sein Team erst nach Verlängerung bei einem Drittligisten gewonnen hatte, unerheblich, dass viele Favoriten gegen viel schwächere Gegner rausgeflogen waren.

Dass am Sonntag nur 20.000 Zuschauer erwartet werden, belegt, wie geschunden die Löwenseele offenbar noch ist, viele misstrauen noch dem kleinen Löwen-Hoch mit drei Siegen aus den vergangenen vier Partien. "Wir müssen die Fans für uns zurückgewinnen", hat Maurer erkannt. Und das gelingt nur mit Erfolgen.

Cottbus? Abgehakt!

Cottbus ist daher längst abgehakt, auch wenn Maurer betonte, wie gut der Erfolg seiner Mannschaft getan habe, "Aue wird viel schwieriger", warnte er, dann zählte er diverse Stärken des Gegners auf, die Laufbereitschaft, die Fähigkeit zum Kontern, die körperliche Größe vieler Spieler, der 1860 seine Spielweise anpassen müsse.

"Wir müssen unseren Vorteil am Boden suchen", sprach Maurer, der sich glücklich schätzen darf, einige kompakte Profis in seinem Kader zu besitzen, die das Spiel flach halten, im wahren Wortsinne.

Daniel Halfar etwa, der Mario Götze der Löwen, könnte so zu einem Faktor werden, Stefan Aigner wiederum hat sich zuletzt in prächtiger Form präsentiert, wie auch Benjamin Lauth, der in Cottbus an vier der fünf Tore beteiligt gewesen war. Ob Zugang Collin Benjamin, der seine muskulären Probleme überstanden hat, gleich in die Startelf rückt, ließ der Trainer offen, deutete aber an: "Es wird nicht so viele Veränderungen geben."

Wahrscheinlich also wird Daniel Bierofka vorerst auf seiner neuen defensiven Mittelfeldposition bleiben, neben Dominik Stahl, die beiden agierten in Cottbus wie ein Bollwerk. Ob ihr erster gemeinsamer Auftritt nebeneinander eine einmalige Glanzleistung war oder mehr Substanz dahinter steckt, muss sich erweisen.

Von Aue ist indes ordentlich Gegenwehr zu erwarten, deren Trainer Rico Schmitt forderte nach der Heimniederlage gegen Karlsruhe: "Wir müssen deutlich aggressiver auftreten."

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