1860 München:"Dann geht es nicht weiter"

Regional Liga Bayern TSV 1860 München -   Saison 2017 / 2018

"Es ist unseren Repräsentanten nicht möglich, an der Veranstaltung teilzunehmen": Der Versicherungskonzern, der auf der Brust der Löwen um Sascha Mölders (vorne) wirbt, hat den Vertrag noch nicht unterschrieben.

(Foto: Stefan Matzke/sampics)
  • Der Trikotsponsor boykottiert die eigene Präsentation - doch das ist nur eines der kleineren Probleme des TSV 1860 München.
  • Weil Investor Hasan Ismaik noch nicht bereit ist, die Rückzahlung eines Darlehens zu stunden, droht dem Klub die Insolvenz.
  • Vor der Mitgliederversammlung am 23. Juli stehen sich Befürworter und Gegner des Investors so unversöhnlich wie nie zuvor gegenüber.

Von Markus Schäflein

Am frühen Samstagabend trat der Irrsinn, der den TSV 1860 München erfasst hat, an zwei verschiedenen Orten an die Oberfläche, rund 100 Kilometer voneinander entfernt. In Bodenmais im Bayerischen Wald stellte der Fußball-Regionalligist sein neues Trikot vor, im Rahmen eines Testspiels gegen den Bayernligisten Heimstetten (4:0). Dass der neue Innenverteidiger Aaron Berzel auf seinem Leibchen "Brezel" genannt wurde, war dabei nicht einmal der kurioseste Aspekt. Vertreter des Trikotsponsors zogen es vor, die Veranstaltung zu meiden. Es sei seinen "Repräsentanten nicht möglich, an der Vorstellung (...) teilzunehmen", erklärte das Versicherungsunternehmen in einer Pressemitteilung in der Nacht zuvor um 0.32 Uhr.

Fanbeauftragter Sabbagh stellt klar, dass Ismaik weiterhin die Geschäftsordnung ändern will

Natürlich ging es, auch wenn sein Name nicht genannt wurde, mal wieder um den jordanischen Investor Hasan Ismaik. Dieser schob die Fälligkeit eines im Sommer 2018 auslaufenden Darlehens über acht Millionen Euro weiterhin nicht auf; für eine positive Fortführungsprognose der 1860-KGaA ist diese Stundung aber nötig. Solange Ismaik sie nicht vornimmt, wird der Hauptsponsor weder den Trikotwerbevertrag unterschreiben noch gar, wie angedacht, mit einem Zwei-Millionen-Euro-Darlehen aushelfen. Dass Ismaiks Unterschrift fehlt, blockiert noch viele weitere wichtige Schritte, die Geschäftsführer Markus Fauser vorbereitet hat; auch die Verträge über einen Auszug aus der Fröttmaninger Arena, bei denen etwa Caterer Arena One oder Namenssponsor Allianz auch Stundungen zustimmen müssen, hängen daran. Es könnte also gar zu der kuriosen Situation kommen, dass Sechzig sein erstes Regionalliga-Heimspiel gegen Wacker Burghausen am 21. Juli tatsächlich in der Arena austragen muss.

Zeitgleich zur Trikotpräsentation feierte in Rudelzhausen im Landkreis Freising der investorenfreundliche Fanverband Arge sein 40-jähriges Bestehen. Ismaiks Übersetzer und Fanbeauftragter Mutaz Sabbagh erklärte dort, weshalb Ismaik die Stundung noch nicht vorgenommen habe. "Es müssen noch mehrere Themen besprochen werden", sagte Sabbagh. "Die Änderungen in der Geschäftsordnung, die man verlangt hat, die auch mit den Statuten von DFB und DFL konform sind, wurden noch nicht umgesetzt. Es ist aus Sicht der Investorenseite aber notwendig, dass diese Punkte geklärt werden. Man hat einen weiten Blick und möchte diese Strukturänderung auch garantieren für die nächsten Jahre." Einige der Forderungen, die Ismaik mit der Zahlung von elf Millionen Euro für die Drittligalizenz verknüpft hatte, die er letztlich dann nicht leistete, bleiben also offenkundig bestehen - nur verbindet er sie jetzt mit der Stundung des Darlehens. Dazu gehörten unter anderem die Verlegung von Kompetenzen aus dem paritätisch besetzten Beirat in den Aufsichtsrat, in dem er die Mehrheit besitzt, die partielle Abschaffung des Weisungsrechts des e.V. an den Geschäftsführer, eine Neuverhandlung des Servicevertrags zwischen KGaA und e.V. sowie die Rückführung von Markenrechten aus dem e.V. in die KGaA.

Auch Präsident Robert Reisinger sprach bei der Veranstaltung der Arge und erklärte seine Sicht der Lage. "Jeder wartet auf das Signal aus Abu Dhabi. Das Geld ist ja schon weg. Das haben wir dank Herrn Pereira (früherer Trainer, d. Red.) schon verbraten", erklärte Reisinger. "Das muss Ismaik einfach stunden, um der KGaA eine Überlebenschance zu geben. Auch der FC Bayern stundet uns Geld und trägt seinen Teil bei. Auch der e.V. mit den 500 000 Euro aus dem Kooperationsvertrag. Jeder Gläubiger der KGaA tut das - außer Ismaik. Wenn er das nicht macht, geht es nicht weiter."

Dann steht der Gang zum Insolvenzgericht an. Die Frage ist bloß, welchen Stichtag Geschäftsführer Fauser hierfür setzt. Denkbar wäre der erste Regionalliga-Spieltag - am Donnerstag tritt Sechzig in Memmingen zum Eröffnungsspiel an. Möglicherweise wartet er aber auch die Mitgliederversammlung ab. Der 23. Juli, auf den sie verschoben wurde, dürfte ein besonders schicksalreicher Tag werden in der schicksalreichen Historie des TSV.

So unversöhnlich wie nie zuvor

So unversöhnlich wie nie zuvor werden dort die Befürworter Ismaiks, hauptsächlich aus den Reihen der Arge, und die Anhänger eines selbstbestimmten e.V. aufeinandertreffen. Für all jene, die sich nichts sehnlicher wünschen als die Beendigung der so genannten Zusammenarbeit mit Ismaik, hat Ulla Hoppen von der Gruppierung "Löwenfans gegen Rechts" einen Antrag zur Abstimmung eingereicht, der nichts Weniger vorsieht als die gänzliche Aufkündigung des Kooperationsvertrages mit Ismaik.

Dass Ismaik die Drittligalizenz nicht sicherte, ist laut dem Antrag eine "Hauptpflichtverletzung"

Der TSV solle, heißt es darin wörtlich, "den Kooperationsvertrag mit HAM International Ltd. aus dem Jahr 2011 unverzüglich nach dieser Mitgliederversammlung außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich kündigen" und dazu, sollte dies nötig sein, auch die Geschäftsführung der KGaA anweisen. Zudem solle der paritätisch besetzte Beirat der Geschäftsführungs-GmbH "vollständig abgeschafft werden".

Als Begründung führt Hoppen an: "Die HAM International hat die im Lizenzierungsverfahren zugesagte Zahlung für die Lizenzbedingungen der DFL nicht geleistet. Dies stellt eine Hauptpflichtverletzung dar." Ohnehin ist es frappierend, wie konsequent seit sechs Jahren gegen diesen gut gemeinten Vertrag verstoßen wird. Unter anderem heißt es darin: "Die Vertragsparteien verpflichten sich zu gegenseitigem Respekt, Wohlverhalten und Loyalität." Und: "Beide werden die eigenen Gesellschafteranteile (...) mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns halten und verwalten sowie sich dabei an den Notwendigkeiten von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ausrichten."

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