Mönchengladbach:Im grünen Bereich

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Erneutes Elfmeterglück - drei der letzten sieben Tore der Gladbacher fielen vom Punkt. Der Belgier Thorgan Hazard verwandelt in der Nachspielzeit. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Cuisance, Ginter, Grifo, Zakaria - die Gladbacher Zugänge greifen. Doch gegen Hannover zeigt sich die Mannschaft noch fragil - profitiert aber von einem grotesken Fehlschuss.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Für alle, die finden, dass Borussia Mönchengladbach den eigenen Ansprüchen derzeit nicht gerecht wird, hat der Trainer Dieter Hecking einen Tipp: "Kleiner Hinweis: Schaut auf die Tabelle! Wir sind oben mit dabei, wir sind im grünen Bereich."

Die Fakten lügen nicht, auch wenn sie nicht immer mit dem Bauchgefühl korrelieren. Gladbach hat seinen Pokalauftakt beim Viertligisten RW Essen mit Mühe und Not gewonnen, hat daheim gegen Frankfurt verloren, wurde in Dortmund mit sechs Gegentoren gedemütigt und hat Hannover soeben nur deshalb 2:1 besiegt, weil dessen Stürmer Martin Harnik kurz vor Schluss eine todsichere Torchance vergeben und Gladbachs Thorgan Hazard in der vierten Minute der Nachspielzeit einen Elfmeter verwandelt hat. Die Borussen, in der Branche verschiedentlich als Champions-League-Anwärter gehandelt, tun sich schwer mit Ballbesitz und Tempospiel und finden zu selten die Räume im Rücken der Abwehr. Drei ihrer jüngsten sieben Tore fielen per Elfmeter, eins nach einem Freistoß. Auch defensiv sieht es mit zwölf Gegentoren in sieben Spielen mau aus.

Hecking tröstet sich mit der Statistik. Nach sieben Spielen mit fünf Gegnern aus der oberen Tabellenhälfte besitzt Gladbach elf Punkte und hält Kontakt zu den Europapokal-Plätzen. "Wir sind ehrlich genug zu sagen, dass es kein optimales Spiel von uns war", gestand Kapitän Lars Stindl, "aber wir haben die Grundtugenden gezeigt." Der Sportdirektor Max Eberl lobte die Mannschaft dafür, "Ruhe bewahrt und Leidenschaft gezeigt" zu haben.

Wäre das Spiel gegen Hannover verloren gegangen, dann wähnte man sich am Niederrhein nicht im grünen Bereich. So aber lässt sich Hoffnung schöpfen aus dem Umstand, dass der 18 Jahre alte Neuzugang Michael Cuisance erstmals in der Startelf stand und seine Sache im Mittelfeld gut macht, dass Neuzugang Matthias Ginter beim 1:0 sein erstes Tor für Gladbach schoss, und dass der zuvor verletzte Neuzugang Vincenzo Grifo in der 78. Minute erstmals eingewechselt wurde und in der 92. Minute den Sieg vorbereitete - Hannovers Salif Sané konnte ihn nur per Foul im Strafraum stoppen. Mit diesen Dreien und dem Schweizer Denis Zakaria hat Gladbach vier starke neue Spieler, die das Niveau aber noch nicht konstant heben.

Im 17. Pflichtspiel verliert Trainer Breitenreiter erstmals mit 96

Vom unterlegenen Team ergingen Komplimente an eine Gladbacher Mannschaft, die oft gar nicht so gut spielt, wie behauptet wird. "Dass wir hier so gut mithalten, hätte uns sicher niemand zugetraut", sagte Hannovers Trainer André Breitenreiter, der seinen Posten Mitte März angetreten hatte und seither in neun Zweitliga- und sechs Bundesliga-Spielen sowie einer Pokalpartie unbesiegt war. Nun ist seine Serie zu Ende, doch das aufregende Finale mit einem per Videobeweis zwei Minuten lang überprüften Elfmeter in der Nachspielzeit hat es Breitenreiter erleichtert, die unnötige Niederlage hinzunehmen: "Im Gegensatz zu den Spielern bin ich gar nicht so sehr traurig, weil wir eine echt starke Leistung gezeigt haben."

Das konnten die Gladbacher über sich nicht behaupten. Beim 1:0 daheim gegen Köln und beim 2:2 auswärts in Leipzig hatten sie angedeutet, wozu sie in der Lage sind. Ansonsten lassen sie jene Kontinuität vermissen, mit der sich ihr Klub abseits des Rasens stringent entwickelt. Neben dem Stadion wird ein klubeigenes Hotel gebaut, im selben Gebäude entstehen Arztpraxen und das Vereinsmuseum. Um in diesem Museum dereinst zu den denkwürdigen Exponaten zu gehören, müssen Gladbachs Spieler sich in nächster Zeit mächtig anstrengen.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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