Möglichkeiten:Uli Hoeneß: Wird dieser Mann wieder, was er war?

Uli Hoeneß ist frei. Die Haft habe ihn "nachdenklich" werden lassen, sagen Bekannte. Zunächst will er nur Fan sein. Und dann?

Von Christof Kneer

Was soll man sich wohl lieber anschauen: das Bundesligaspiel der Bayern-Fußballer gegen Darmstadt oder das parallel ausgetragene Pokal-Halbfinale der Bayern-Basketballer gegen Bamberg? Schon für den neutralen Sportfan ist das keine leichte Entscheidung, aber für den nicht ganz neutralen Sportfan Uli Hoeneß führt diese Frage zu einem heftigen Interessenskonflikt. Fußball oder Basketball?

Uli Hoeneß war am vorvergangenen Wochenende in der Basketball-Halle, es gibt wunderbare Bilder, die ihn beim fröhlichen Klatschen zeigen. Man kann allerdings nicht behaupten, dass es eine freie Entscheidung war. Hoeneß hatte keine Wahl. Zu hören ist, dass es ihm die Bewährungsauflagen nicht erlaubt hätten, die Münchner Fußball-Arena zu besuchen.

Die Verantwortlichen beim FC Bayern schweigen militant

Von diesem Montag an ist Uli Hoeneß wieder so frei. Wenn er will, kann er ab sofort die prächtigsten Interessenskonflikte ausleben, er hat jetzt wieder freie Platzwahl. Schon an diesem Mittwoch könnte Hoeneß - theoretisch - das abendliche Bundesligaspiel der Bayern-Fußballer gegen Mainz 05 besuchen, und man muss nicht mit einem besonderen prophetischen Talent begabt sein, um vorherzusagen, dass die Kameras vor dem Spiel am Mittwochabend erst mal gründlich die Haupttribüne absuchen werden.

Die Frage, ob und wann Uli Hoeneß wieder kommt und auf welchen Platz er sich dann setzen wird, beschäftigt den FC Bayern und die ganze Branche, vor allem natürlich im übertragenen Sinne. Wird dieser mächtige Mann wieder, was er war? Wird er etwas anderes im Verein? Wird er gar nichts mehr? Das militante Schweigen aller Verantwortlichen im Klub deutet einstweilen auf zweierlei hin - zum einen, dass keiner der Verantwortlichen im Kopf und im Herzen von Uli Hoeneß steckt und deshalb keiner wirklich sicher ist. Zum anderen aber schon auch, dass sie alle davon ausgehen, dass dieser wuchtige Mann nach einer angemessenen Pause wieder in die Kommandozentrale jenes Vereins zurückkehrt, den er einst mit den Worten "Das war's noch nicht" verlassen hat.

Im Herbst könnte es für Hoeneß interessant werden - dann wird der Bayern-Präsident gewählt

Mit der Haftentlassung endet zunächst einmal seine mit den Behörden abgestimmte Tätigkeit beim FC Bayern, Hoeneß ist nun nicht mehr das, was bei ihm ohnehin immer recht schräg klang: "Assistent der Abteilungsleitung Junior Team". Damit hat Uli Hoeneß nun keine offizielle Funktion mehr beim FC Bayern. Wenn er in den kommenden Wochen also - wie angekündigt - ab und zu in der Geschäftsstelle vorbeischaut, dann tut er das in seiner Funktion als Uli Hoeneß.

Ein Vertrauter spricht von "Entscheidungswucht" bei Hoeneß

Er wolle "dranbleiben" am Jugendthema, hat Hoeneß gerade einem seit Jahren vertrauten Reporter des Sportmagazins kicker erklärt. Es war eine knappe Botschaft, mit der er sich nun erst einmal aus der Öffentlichkeit verabschiedet. Kernaussage: Er werde in den nächsten Monaten "den Fußball genießen, ins Stadion gehen und wieder Fan sein". Im Juni, so ist zu hören, sei ein längerer Familienurlaub geplant, und Anfang Juli wolle er sich erklären. Der 1. Juli ist der offizielle Stichtag für den Beginn einer neuen Saison - dass dieses Datum zurzeit immer wieder im Bayern-Umfeld auftaucht, kann ein hübscher Zufall sein. Man sollte sicherheitshalber aber davon ausgehen, dass dieses Datum den Beginn einer neuen, alten Zeitrechnung markieren könnte - einer Zeit, in der Hoeneß wieder offiziell eintritt in den Klub, und dann eher nicht als Assistent der Abteilungsleitung des Junior-Teams.

Nur einmal wird Hoeneß demnächst öffentlich auftreten, am 13. März soll er eine Laudatio auf den Trainer Jupp Heynckes halten, dem die Stadt Mönchengladbach einen Ehrenpreis verleiht. Danach wird sich Hoeneß wieder zurückziehen und die Gewissheit mit in seine Pause nehmen, dass ihn im Fall der Fälle kein Kampf erwartet. Er weiß: Wenn er zurückkehren will, wird ihm der Klub in vorauseilender Begeisterung jede auf dem Gelände verfügbare Tür öffnen. Vorauseilend, wenn auch vielleicht nicht ganz so begeistert würde auch der amtierende Präsident Karl Hopfner Platz machen; er hat früh verlauten lassen, dass er bei den Neuwahlen im Herbst nie gegen Hoeneß antreten werde, was insofern eine ganz gute Idee ist, als er natürlich verlieren würde. Ob es womöglich zu einer salomonischen Gewaltenteilung kommt (Hoeneß wird wieder Präsident, Hopfner bleibt Aufsichtsratschef) oder ob vielleicht sogar beide Ämter bei Hoeneß landen, bleibt abzuwarten. Fest steht allerdings, dass der Präsident des e.V. laut Klubsatzung dem Aufsichtsrat angehören muss.

Kaderplaner Reschke frühstückt mit dem Assistenen des Junior Teams

Der Gefängnisaufenthalt habe Hoeneß "nachdenklich" gemacht, sagt ein Vertrauter aus alten Tagen, er sei aber "auf keinen Fall beschädigt". Mit dem klassischen Hoeneß-Charisma habe sich der Saft-und-Kraft-Mensch auch auf die Jugendarbeit geworfen, heißt es, Hoeneß habe einen "neuen Geist und eine neue Dynamik" vorgelebt und dafür gesorgt, dass die in Fraktionen zersplitterte Nachwuchsriege "wieder an einem Strang zieht". Die "Entscheidungswucht" von Hoeneß sei nach wie vor bemerkenswert: Hätte irgendein Mitglied der Jugendabteilung angeregt, einen Trainingsplatz zu vergrößern und die Flutlichtmasten zu versetzen, damit Bayerns A-Jugend ihre Wettbewerbsspiele wieder an der Säbener Straße austragen kann, er wäre mindestens belächelt worden. Als Hoeneß dies vorschlug, rückten die Bagger an.

Der FC Bayern bleibt Hoeneß' Lebensthema, und man darf annehmen, dass auch der Assistent des Junior-Teams Kenntnis hatte von den Debatten im Klub. Sein Büro lag praktischerweise auf der Ebene der Klubbosse, und manchmal hat sich der Kaderplaner Michael Reschke bei Auslandsreisen extra frühe Rückflüge organisiert - damit er in der Geschäftsstelle noch mit dem Assistenten des Junior-Teams frühstücken konnte.

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