Mittelfeld beim FC Bayern München:Der Mannschaftsarzt stellt auf

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"Ich werde elf Spieler haben": Pep Guardiola

(Foto: AFP)

Trainer Pep Guardiola schwärmt für Mittelfeldspieler, vor der Partie gegen Stuttgart muss er aber erkennen: Er hat fast keine mehr. Das wirkt sich auch auf den Spielstil der Mannschaft aus.

Von Benedikt Warmbrunn

Eine unvollständige Liste der Dinge, für die Pep Guardiola schon seine tiefe Zuneigung ausgedrückt hat: seine Heimat Katalonien, Philipp Lahm, Cannelloni, Manuel Neuer und Arjen Robben, die britische Band Coldplay, zwischendurch sogar für den Stürmer Mario Mandzukic. Es ist eine unvollständige Liste, sie wird häufig aktualisiert (siehe: den im Sommer kommentarlos abgegebenen Mandzukic), müsste man sie sortieren, wäre jedoch nach jeder Aktualisierung eine Gruppe ganz weit oben: Mittelfeldspieler. Pep Guardiola sagt: "Ich liebe sie."

Der Trainer des FC Bayern kontrolliert ein Fußball-Spiel gerne aus dem Zentrum heraus, von dort soll sein Team den Gegner zermürben mit pass-sicherem Ballbesitz (auch ganz weit oben auf jeder Liste). Guardiolas Liebe zu Mittelfeldspielern ist vor dem Heimspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) gegen den VfB Stuttgart jedoch eine enttäuschte: Er hat fast keine mehr.

Geprägt von einer ausgesprochenen Leere

Javier Martínez: Kreuzbandriss. Thiago: Innenbandriss im Knie. Bastian Schweinsteiger: Patellasehnenprobleme. Der Ende August aufgrund der Verletzungssorgen verpflichtete Xabi Alonso: angeschlagen wegen Beschwerden am Sprunggelenk. Hinzu kommen die Außenspieler Arjen Robben (ebenfalls Schmerzen am Sprunggelenk) sowie Franck Ribéry, der nach Beschwerden an der Patellasehne erst seit wenigen Tagen mit der Mannschaft trainiert. Das Zentrum des Spiels des FC Bayern ist zurzeit geprägt von einer ausgesprochenen Leere.

Am Freitag hat Pep Guardiola ein paar Worte vor dem Spiel gegen Stuttgart gesagt, zwischendurch rutschte dabei der VfB-Trainer Armin Veh auf der Liste der Zuneigung weit nach oben ("Er hat sich in meinem ersten Jahr um mich gekümmert"). In erster Linie jedoch referierte Guardiola über den aktuellen Krankenstand. Ob Ribéry, Robben, Alonso am Samstag spielen könnten? Das wisse er nicht, sagte Guardiola, nur so viel: "Die Spieler, die fit sind, sind bereit. Die Spieler, die nicht fit sind, sind nicht bereit."

Rode? "Er ist ein guter Typ"

Auch weil einige Spieler weder fit noch bereit sind, hat Guardiola in den ersten Partien dieser Saison seine Spielweise angepasst, das Team spielt sich den Ball nicht mehr ganz so ausdauernd zu, sucht gelegentlich den schnelleren und direkteren Weg zum Tor (das 2:0 im ersten Heimspiel gegen Wolfsburg etwa war ein Guardiola-untypischer Konter). Da der Trainer seine Aufstellung zurzeit im Mittelfeld noch häufiger aktualisieren muss als seine Liste der Zuneigung, vertraut er zudem noch nicht ganz den neu entstandenen Strukturen. Auch wenn der Trainer sich öffentlich betont entspannt gibt, zu erkennen an seiner unwiderstehlichen Logik: "Wenn wir mit Gianluca Gaudino spielen, spielen wir mit Gianluca Gaudino, keine Frage." Der 17-Jährige ist jedoch allenfalls eine Option für das Spiel gegen Stuttgart, nicht aber für den Champions-League-Auftakt am Mittwoch gegen Manchester City.

Gelobt hat Guardiola am Freitag den Mittelfeldspieler Sebastian Rode, der fit und bereit ist: "Ich mag es, mit ihm zu arbeiten, er ist ein guter Typ." Dass Rode nicht so stark in der Spielgestaltung ist wie Thiago oder Alonso, hat Guardiola großzügig unerwähnt gelassen, stattdessen sagte er: "Er ist laufstark, das ist sehr gut für unser Gegenpressing."

Wegen all der Verletzten stimmt Guardiola seine Aufstellung zurzeit mit einem Mann ab, mit dem er nicht immer ein konfliktfreies Verhältnis hatte: mit Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Thiago etwa schickte Guardiola nach dessen Innenbandriss nach Barcelona, der Mittelfeldspieler wurde dort entgegen Müller-Wohlfahrts Empfehlung mit Kortisonspritzen behandelt. Am Freitag sagte Guardiola: "Wir haben eine gute Kommunikation." Er telefoniere "fast täglich" mit dem Arzt. Dennoch könne er nicht mehr sagen über die Gesundheit der Spieler, "ich bin kein Arzt, es tut mir leid". Dennoch sei er sicher: "Ich werde elf Spieler haben."

Geredet hat Guardiola auch über Angelegenheiten, für die er nie Zuneigung empfinden wird. Etwa über die Kritik von Michel Platini, dem Präsidenten des europäischen Fußball-Verbandes Uefa, am Rücktritt von Franck Ribéry aus der französischen Nationalmannschaft. Platini wollte Ribéry dafür sperren lassen, Guardiola sagte: "Ich verstehe die Polemik nicht."

Außerdem ging es um die vermeintliche Spanier-Fraktion beim FC Bayern mit fünf Spielern sowie dem Trainerstab, im Verein ärgern sie sich über die Berichterstattung darüber,der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge schrieb im Stadionheft von "einer schäbigen Kampagne" und deutete Rassismus an. Guardiola sagte: "Ich habe schon zweimal über dieses Thema gesprochen, ich möchte nie wieder darüber reden. Wir sind Fußballspieler. Wir sind Fußballtrainer." Guardiola hatte nichts gesagt. Und doch genug, um erkennen zu lassen, wie sehr ihn die Diskussion stört.

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