Delegiertenversammlung beim TSV 1860:"Richtig Pfeffer drin"

TSV 1860 München - Gerhard Mayrhofer

Gerhard Mayrhofer muss sich als Präsident bestätigen lassen - einigen bei den Löwen passt das nicht.

(Foto: dpa)

An diesem Abend gibt es einiges zu besprechen bei den Löwen: Die 1860-Delegierten, die sich schon selbst abgeschafft hatten, müssen plötzlich das Präsidium Mayrhofer bestätigen. Dessen Gegner Erich Meidert könnte pikante Details berichten.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Ganz am Ende einer Wahlkampfreise zieht es die Kandidaten ins Fernsehstudio. So ist das in der großen Bundespolitik, und so geht es auch zu in der verhältnismäßig kleineren, wenngleich wesentlich komplizierteren Vereinswelt des TSV 1860 München (in der es dessen ungeachtet immer nur einen Kandidaten gibt). Am Sonntagabend jedenfalls saß der gewählte Vereinspräsident Gerhard Mayrhofer im Fernsehstudio des Bayrischen Rundfunks, weil er sich an diesem Dienstag wieder wird wählen lassen müssen, im Sinne einer Bestätigung.

Ob er damit rechne, dass die Wahl diesmal rechtlich unanfechtbar sein werde, fragte ihn der Moderator. Er wisse es nicht, antwortete Mayrhofer, es könne durchaus sein, "dass es wieder irgendwo eine Problematik gibt. Da kann man nie wirklich sicher sein. Ich glaube nicht, dass es irgendeine Satzung von irgendeinem Verein in Deutschland gibt, die 100 Prozent wasserdicht ist."

Eine Wiederwahl ist für den Kandidaten immer eine spannende Angelegenheit, weiß er doch nie mit Gewissheit, wie sehr sein Beliebtheitsgrad in den vergangenen Monaten gelitten haben mag. Doch für Mayrhofer ist die Wahl an diesem Dienstag noch viel aufregender, tritt er doch erstmals vor ein Gremium, dass ihn nie bestätigen musste: Weil die Delegierten von 1860 das Delegiertensystem im April 2013 eigentlich abgeschafft hatten.

Die neuerliche außerordentliche Delegiertenversammlung, die an diesem Dienstag in Taufkirchen (18.30 Uhr) stattfindet, wurde notwendig, weil der Verwaltungsrat von 1860 einige Ladungsfehler begangenen hatte, wogegen das Vereinsmitglied Helmut Kirmaier klagte - und vom Oberlandesgericht in Teilen Recht erhielt. Reine Formsache also, diese Wahl? Alles wird gut?

Mitnichten, glaubt Kläger Kirmaier: "Morgen ist richtig Pfeffer drin!", kündigte er am Montag an, was er aus guter Quelle erfahren haben will: vom Delegierten Erich Meidert, der selbst 1860-Präsident werden wollte, ehe er im vergangenen Frühjahr vom Aufsichtsrat abgelehnt wurde. "Erich Meidert wird morgen reden", sagt Kirmaier: "Er wird auf das Tablett nehmen, dass er bedroht wurde. Und er wird Namen nennen."

Kirmaier sitzt am Montag in der Kanzlei seines Anwalts Heinz Veauthier. Vor sich auf dem Tisch liegt ein Stapel Papier, er hat sich vorbereitet. Das Treffen war seine Idee. Irgendwann sagt er: "Erich Meidert hat eine Trainerlizenz, der hat alles, der ist super." Mayrhofer hat keine Trainerlizenz, weswegen ihn Kirmaier nicht ganz so super findet.

Drohungen und Animositäten

Der Kläger ärgert sich zudem, dass er von 1860-Anwalt Guido Kambli indirekt als Erpresser hingestellt wurde, der Geld für eine Klagerücknahme wollte: "Ich habe gesagt, bei 500 000 Euro könnte ich schwach werden, aber ich bin ein anständiger Mensch", berichtet Kirmaier. "Und ich habe gesagt: Auch die 500 000 würden dem Verein doch nichts bringen, denn wenn ich die Klage zurücknehme, habt ihr noch keine Rechtssicherheit."

Schlimmer noch findet Kirmaier die Angelegenheit mit der Bedrohung, die der SZ in Form einer Aktennotiz Meiderts vorliegt, in der ebenfalls Namen genannt werden: der eines Fanclub-Vorsitzenden zum Beispiel, der Meidert am 11. Juli 2013 als Mayrhofers Mittelsmann am Telefon habe einschüchtern wollen. Für den Fall, dass Meidert von seiner Kandidatur nicht absehe, würden "Maßnahmen ergriffen", von denen sich Meidert "nie wieder erholen" werde.

Der Mittelsmann habe außerdem gesagt: "Ich soll dir ausrichten, du sollst den Quatsch lassen. Sonst machen sie Ernst." Mayrhofer entgegnet: "Was weiß ich, was der dem erzählt hat, das ist über ein Jahr her." Er habe "den Herrn Meidert nie in meinem Leben gesehen und kann ihn daher auch nicht bedroht haben".

Wenngleich die Art der Amtsführung Mayrhofers nicht allen Delegierten gefällt, kann man doch davon ausgehen, dass sie das Präsidium im Amt bestätigen. Denn sie befinden sich in einer Zwickmühle: Sie hatten sich eigentlich per (ungültiger) Satzungsänderung längst abgeschafft und wollen sich dem (wenn auch vom Gericht kassierten) Votum der Mitglieder nicht entgegenstellen.

Mayrhofer scheint allerdings nicht zu planen, nach der erneut zu vollziehenden Satzungsänderung noch eine zeitnahe Mitgliederversammlung einzuberufen, um sich auch dort noch einmal bestätigen zu lassen. So obliegt den Delegierten nun doch eine wegweisende vereinspolitische Entscheidung.

In jedem Fall, sagt Veauthier, wird er auch diesmal ohnehin alle Entscheidungen der Versammlung anfechten: "Dann wird Klage erhoben beim Landgericht." Denn Mayrhofer, bislang lediglich vom Registergericht zum Notvorstand bestimmt, sei mal wieder der falsche Gastgeber. Ob er einer Anfechtung beim Prozessgericht standhalten würde, sei ja unklar. "Die Notvorstandsbestellung als solche ist nicht in materieller Rechtskraft erwachsen", sagt Veauthier. Aus seiner Sicht gibt es nur eine Möglichkeit für 1860, eine rechtmäßige Veranstaltung abzuhalten: wenn nämlich der nach Veauthiers Ansicht noch im Präsidentenamt befindliche Dieter Schneider einladen würde.

Als einen eigenen Tagesordnungspunkt müsste das Präsidium Schneider vor seiner Entlastung laut Veauthier dann abhandeln: "Was machen wir mit der Zeit, in der Herr Mayrhofer aktiv war in der Geschäftsführung, obwohl er dazu nicht berechtigt war?" Der Verein müsste jemanden beauftragen, der "diese Vorgänge mit der Sache Mayrhofer" aufklärt. Mayrhofer müsse dann Auskunft erteilen "über sämtliche Geschäftsvorfälle in dieser Zeit. Denn wenn Dieter Schneider darüber keine Auskunft geben würde, könnte er nicht entlastet werden". Was unterschwellig mitschwingt, ist eine gewisse Skepsis gegenüber der Korrektheit aller Handlungen, die das Präsidium Mayrhofer begangen hat.

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