Milliarden-Deal in der Premier League:Wenn der Fußball in Geld badet

Milliarden-Deal in der Premier League: SZ-Grafik, Fotos: AP, Getty

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  • Die Premier League nimmt durch Abschluss eines drei Jahre währenden TV-Vertrags knapp sieben Milliarden Euro ein.
  • Aus politischen Kreisen gibt es nun Forderungen, den nächsten Zugewinn auch in die Förderung der Fußball-Basis zu stecken.
  • Hier geht es zur Tabelle und den Ergebnissen der Premier League

Von Philipp Selldorf

In der englischen Premier League spielen großartige Fußballer wie Eden Hazard, Kun Aguero oder Angel di Maria, und der weltweit großartigste ist natürlich Per Mertesacker. Aber die Männer, die die Premier League jetzt noch wertvoller und teurer machen, die heißen Jeremy Darroch und Gavin Patersson. Diese beiden Männer sind nach Ansicht von Christian Seifert, dem Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), "die wichtigsten Spieler der Premier League". Darroch und Patersson gehören weder dem FC Chelsea noch Manchester United an, ihre Klubs heißen British Sky Broadcasting (BSkyB) und British Telecommunications (BT), deren Vorständen sie vorsitzen. Und die Medienunternehmen gaben nun erfreut bekannt, dass sie sich das Vergnügen, die Spiele der Premier League übertragen zu dürfen, künftig noch etwas mehr kosten lassen als bisher schon. Deshalb wird die erste englische Liga von der Saison 2016/17 an im Rahmen ihres neuen, drei Jahre währenden Fernsehvertrags 5,136 Milliarden Pfund einnehmen - fast sieben Milliarden Euro und damit 2,7 Milliarden mehr als bisher. Die Auslandsvermarktung bringt derzeit zusätzlich 1,2 Milliarden Euro ein. Zum Vergleich: In Deutschland hofft man, von 2016 an rund 160 Millionen einzusammeln.

Selbst für die verwöhnten englischen Verhältnisse ist dieser Abschluss erstaunlich. Richard Scuadmore, der Ligachef, erntete Gelächter, als er bei der Vorstellung des Geschäfts feststellte: "Die kleine, alte Premier League macht sich ganz gut." Das typische Understatement kommt selbst den eingeborenen Insulanern komisch vor. Ursprünglich hatten die Branchenkenner erwartet, dass die Gebote für die diversen Pakete des neuen TV-Vertrags bei etwa vier Milliarden Pfund schließen würden. Fünf Milliarden galten als Utopie.

Deutsche Bundesligen erhalten rund 2,5 Milliarden Euro

Nun ist diese Grenze sogar überschritten worden, der englische Fußball kann demnächst im Geld baden. Das kann er allerdings auch jetzt schon, finanziell ist die englische Liga allen anderen Ligen in Europa bereits uneinholbar enteilt. Die beiden deutschen Bundesligen erhalten durch den aktuellen, vier Jahre gültigen Fernsehvertrag rund 2,5 Milliarden Euro. Während der FC Bayern derzeit mit fixen TV-Einnahmen von 38 Millionen Euro rechnen darf, nimmt künftig selbst der Letzte der englischen Liga mehr als 130 Millionen ein. Im jüngsten Bundesligareport, den Christian Seifert neulich in Frankfurt präsentierte, stehen zwar allerhand imposante Zahlen, die von einem weitgehend gesunden und vernünftig regulierten Profibetrieb zeugen. Aber was die Medienerlöse angeht, dürfen die deutschen Klubs nicht mal davon träumen, die englischen Vereine herauszufordern: "Es bringt überhaupt nichts, sich an der Premier League zu orientieren", sagte Seifert und verwies auf die ungleiche Marktlage in den Ländern: "In England hat Sky zehn Millionen Kunden und macht eine Milliarde Gewinn."

Der deutsche Ableger des Konzerns freut sich dagegen, jetzt die Marke von vier Millionen Abonnenten übertroffen zu haben. Und hierzulande firmiert Sky als Monopolist, während in England auch der zweite Anbieter BT dank drei Millionen Kunden Gewinne im Abo-Geschäft erwirtschaftet.

Forderungen der Fußball-Basis

Milliarden-Deal in der Premier League: Der deutsche Nationalspieler Per Mertesacker spielt in der Premier League

Der deutsche Nationalspieler Per Mertesacker spielt in der Premier League

(Foto: AP)

Nun fragen sich die Deutschen und erst recht die Engländer: Wem wird das viele Geld zugutekommen - außer den Profis, ihren Beratern und den Führungskräften der Klubs? Aus der Politik kamen prompt Forderungen, den Zugewinn in die Basis-Förderung zu stecken; Lobbygruppen wünschen, dass auch die Fans bedacht werden. Englands Profifußball boomt zwar, aber viele alte, eingeschworene Anhänger sehen die wirtschaftlichen Auswüchse skeptisch oder haben sich bereits abgewandt. Ben Shave von der Fan-Organisation "Supporters Direct", die sich für die demokratische Beteiligung der Fans am Spiel engagiert, sagte der SZ: "Wir hoffen auf konkrete Ergebnisse im Dialog mit der Premier League." Ein Beispiel wäre die Garantie für bezahlbare Stadiontickets. Auf Auswärtstour bezahlt ein Fan für das Ticket derzeit 53 Euro, mehr als das Doppelte, das der deutsche Fan ausgeben muss. "Es ist eine Aufgabe der Politik, mehr soziale Verantwortung zu tragen", sagt Shave.

Beispiel eines nicht subventionierten Vereins

"Supporters Direct" geht den institutionellen Weg und diskutiert die Interessen der Fans (nicht nur englischer) mit der britischen Regierung, der Europäischen Union und der Uefa, und immerhin: Auch die Premier League redet mit. "Wir nehmen diese Bereitschaft als Bekenntnis", sagt Shave. Verschwendung müsse nicht das Leitmotiv der Liga bleiben, meint er, und verweist auf den walisischen Klub Swansea City, der (zum Teil) im Besitz seiner Anhänger ist und es ohne Subventionen eines Milliardärs von der vierten bis in die erste Liga geschafft hat. Und dabei sogar jährliche Profite erzielte.

Seifert hatte vor einem Jahr gewarnt, dass die englischen Klubs "die Kabinen leerkaufen könnten", kürzlich stellte er selbstbewusst fest, dass die meisten Weltmeister immer noch in der Bundesliga daheim seien. Der finanzielle Vorsprung der Engländer sei ihm "ehrlich gesagt egal, solange sie 30 Millionen Euro Ablöse für mittelmäßige Spieler bezahlen". Letztlich entscheiden sportliche Kriterien, glaubt Christian Seifert. Die Premier League habe zwar mehr Geld zu verteilen - aber nicht mehr Champions-League-Plätze als die Bundesliga.

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