Mick Schumacher:Mehr als nur der Sohn von Michael ...

Fia F3 Europe Testing In Spielberg

"Das ist nun mal mein Name, ich heiße eben Schumacher": Mick Schumacher ist erst 18, aber jetzt schon ein ganz besonderer Rennfahrer.

(Foto: Andreas Rentz/Getty Images)
  • Mick Schumacher, 18, macht den nächsten Schritt auf dem Weg in die Formel 1 und startet nun in der Formel 3.
  • Der Rennfahrer mit dem berühmten Nachnamen muss sich an das große Interesse an seiner Person gewöhnen.
  • Er gilt als guter Fahrer - aber nicht als Ausnahmetalent.

Von Anna Dreher, Spielberg

Er könnte jetzt weggehen, wie die anderen. Sich seinen gelben Helm mit den giftgrünen Verzierungen nehmen, auf der Rennstrecke zurück zur Boxengasse laufen und sich auf dem Weg ein bisschen unterhalten. Die Arbeit ist im Grunde ja getan: sitzen und lächeln. Aber Mick Schumacher geht nicht weg, als die Scheinwerfer abgebaut sind und der Fotograf ruft: "Okay, thank you guys, that was great!" Er lässt seinen Rennwagen nicht alleine von den Mechanikern zurück in die Garage schieben, nachdem er mit den anderen Formel-3-Fahrern in Anzügen und Helmen auf den Autos fotografiert wurde. Er hilft selbst mit. Seine Hände lassen den Heckflügel erst los, als der weiß-rote Wagen in der Box zum Stehen kommt.

Mick Schumacher startet in diesem Jahr zum ersten Mal in der Formel 3, einer der wichtigen Nachwuchsklassen der Formel 1. Wenn er hier gut ist, dann kann er es ganz nach oben schaffen, das ist sein Ziel. Er will präsent sein, professionell. Er will einfach ein guter Rennfahrer sein. Nur wird Mick Schumacher das wohl nie: einfach nur ein Rennfahrer sein.

Wenn die Leute ihn sehen, denken sie immer auch an seinen Vater, an Michael Schumacher, siebenmaliger Weltmeister in der Formel 1, erfolgreichster Rennfahrer der Geschichte, eine der berühmtesten Personen weltweit. Und sie haben große Erwartungen an Mick. Weil er der Sohn von ist und in der Formel 1 starten will, wie sein Vater. Aber sollte er deshalb kein Rennfahrer werden?

Der Motorsport war immer Teil seines Lebens. Als Michael Schumacher 1994 seinen ersten WM-Titel holte, war Mick Schumacher noch gar nicht geboren. Er hat dann früh mit dem Kartfahren angefangen, weil es ihm Spaß gemacht hat. Er wurde nie zusätzlich ermutigt, nur unterstützt. Jetzt ist er 18 und will selbst Weltmeister werden. Das ist ihm erst 2015 wirklich klar geworden, sagt er, als er in die Formel 4 aufstieg. Und dann erst bekam auch die breite Öffentlichkeit davon mit. Davor sollte Mick Schumacher die ersten Schritte im Motorsport so ungestört wie möglich machen können. Er fuhr lange unter dem Mädchennamen seiner Mutter oder als Mick Junior. Erst in der Formel 4 wurde aus einem Pseudonym: Mick Schumacher.

Jeder Satz, den Mick sagt, wird beachtet

Ab diesem Zeitpunkt wusste jeder, wer unter diesem Helm steckt. "Das ist nun mal mein Name. Ich heiße eben Schumacher", sagt er. Vor seinem ersten Training in der Formel 4 wurde er minutenlang von Fotografen abgelichtet, vor seinem Wagen standen überall Reporter. Auch als er im Sommer 2016 beim Großen Preis von Deutschland in Hockenheim das erste Mal offiziell durch das Fahrerlager der Formel 1 lief, begleiteten ihn ständig die Fotografen. Die Aufgeregtheit um Michael Schumacher war immer besonders groß, jeder wollte etwas von ihm, dauernd. Er konnte sich in der Öffentlichkeit kaum bewegen, ohne bedrängt zu werden. Und die Aufgeregtheit ist auch um Mick Schumacher groß. Er musste nie um Aufmerksamkeit buhlen, bei ihm ging es immer darum, die Aufmerksamkeit zu dämpfen. Lange Zeit hat er öffentlich nicht gesprochen, Mick Schumacher wurde abgeschirmt von einem erfahrenen Team, das schon seinen Vater begleitet hat. Erst mit dem Wechsel in die Formel 3 ändert sich das.

Ende März im österreichischen Ort Spielberg gibt er während der Testfahrten vor der Saison zum ersten Mal ein paar längere Interviews. Er ist freundlich, bescheiden, wirkt etwas zurückhaltend. Auf Fragen antwortet er kurz. Der Reporter eines Fernsehsenders fragt ihn nach seinem Vorbild. Mick Schumacher antwortet: "Mein Vorbild ist mein Papa. Einfach, weil er der Beste ist. Mein Idol." Kurz darauf ging der Satz durch die Medien, Mick Schumacher, schrieben viele, spricht zum ersten Mal öffentlich über seinen Vater. Eine Sensation!

Jeder Satz, den Mick sagt, wird beachtet, geprüft, gewogen. Besonders, wenn er über seinen Vater spricht. Weil viele sich fragen, wie es ihm wohl geht. Seit einem schweren Skiunfall im Dezember 2013, bei dem Mick dabei war, ist nur wenig über seinen Gesundheitszustand bekannt. Die Faszination für den Rennfahrer hat seitdem nicht abgenommen, sie ist mit der Anteilnahme an seinem Schicksal gewachsen und scheint auf Mick Schumacher übertragen zu werden. Er ist deshalb langsam an die Öffentlichkeit herangeführt worden, an die er sich als Rennfahrer gewöhnen muss. Seit ein paar Wochen kann man kurze Videoclips sehen, auf denen er von dem Comedian Harry G. als Fahrlehrer das Autofahren beigebracht bekommt. Es ist eine Art Werbevideo als Botschafter einer Automarke. Und es ist das erste Mal, dass er bewusst öffentlich in Szene gesetzt wird.

Nach dem Fotoshooting an der Rennstrecke von Spielberg sitzt Mick Schumacher in seinem Auto, das Visier des Helms hat er weit nach unten gezogen. Er spricht mit Ingenieuren und Mechanikern, ist konzentriert. Die enge Zusammenarbeit mit ihnen ist Schumacher wichtig, er will helfen, wo er kann. In der Formel 3 ist jedes Detail wichtig. Vor allem für ihn, als einen von fünf Neulingen. Er muss sich an das Auto und ein neues Team gewöhnen. Auch der Druck ist größer. Auf ihn sowieso.

Verstappen ist ein Ausnahmetalent, Schumacher nicht unbedingt

Um die Garage stehen wieder Fotografen und richten die Objektive auf ihn. Vor den Rennställen nebenan steht niemand, obwohl es auch hier Söhne von bekannten Persönlichkeiten des Motorsports zu sehen gibt: Pedro Piquet etwa, Sohn des dreimaligen Weltmeisters Nelson Piquet. Oder Harrison Newey, Sohn des Designer-Gurus Adrian Newey, der Sebastian Vettel zu seinen vier WM-Titeln verhalf. Normalerweise, sagt eine Frau des internationalen Motorsport-Verbands Fia, sei das Interesse an solchen Tagen nicht groß. Das habe sich geändert, seit Mick Schumacher Fahrer des italienischen Rennstalls Prema in der Formel 3 geworden ist. Auch als Max Verstappen, Sohn des früheren Schumacher-Teamkollegen Jos Verstappen, in der Formel 3 fuhr, sei die große Aufmerksamkeit erst gekommen, als der Niederländer in seinem Debütjahr Gesamtdritter und bekannt wurde, dass er als jüngster Pilot der Geschichte in die Formel 1 wechselt.

Viele erwarten, dass Mick Schumacher einen ähnlich erfolgreichen Weg einschlagen wird. Dass er gleich vorne mitfährt und schnell den Sprung in die Formel 1 schafft. Weil er diesen Nachnamen hat, klar. Und seine Voraussetzungen sind ja auch nicht schlecht. Er fuhr in seinem letzten Jahr in der Formel 4 schon bei Prema und steht auch in der Formel 3 beim Seriensieger-Team der vergangenen sechs Jahre unter Vertrag. Die meisten Talente aber brauchen zwei Jahre, um konstant um die Podestplätze mitfahren zu können. Die Geschwindigkeit in den Kurven ist deutlich höher als in der Formel 4, die Autos sind schwerer.

Max Verstappen ist ein Ausnahmetalent, Mick Schumacher nicht unbedingt. Er ist schnell, er fährt gut, aber er wird länger brauchen. "Mick ist nicht der Typ, der sich in einen Rennwagen setzt und von Beginn an unfassbar schnell ist", sagte Frits van Amersfoort, bei dessen Team Mick Schumacher zunächst in der Formel 4 fuhr, in einem Interview. "Aber das Gute ist: Gib' ihm die Zeit, und er kommt dahin."

Mick Schumacher will einfach nur fahren. Weil es ihm Spaß macht. Mit allem anderen versucht er, so entspannt wie möglich umzugehen. Mit den Erwartungen, mit den Fragen. Den zusätzlichen Druck, der durch den berühmten Vater entsteht, macht er nicht zu seinem Thema. Er weiß, dass er das alles ohnehin nicht verhindern kann, also gehört es für ihn dazu - große Beachtung schenken will er dem nicht. "Der Rummel wird jetzt wahrscheinlich noch ein Stück größer werden. Ich weiß noch nicht wirklich, worauf ich mich einstellen muss. Aber das kommt Stück für Stück", sagt Mick Schumacher: "Mir geht es am Ende darum, so viel wie möglich zu lernen und mich als Fahrer weiterzuentwickeln." Sobald er seinen Helm auf habe, blende er aus, was um ihn herum passiert.

Mick Schumacher macht um seine Person keinen großen Aufruhr, und er möchte auch nicht, dass andere das tun. Er ist niemand, der sich auf seinen Namen etwas einbildet. Am Ende des Testtages, als die Fotografen längst weg sind und die anderen Fahrer beim Essen sitzen, steht Mick Schumacher am Truck von Prema und unterhält sich mit einem seiner Ingenieure. Er will einfach ein guter Rennfahrer sein.

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