Mercedes beim GP von Spanien:Der Stern soll endlich wieder strahlen

Formula 1 GP Spain

Im Regen Barcelonas: Nico Rosberg beim Training. 

(Foto: dpa)

Mercedes tritt beim Formel-1-Rennen in Barcelona mit neuer Lackierung an, das Auto hat schon vorher bewiesen, dass es gut ist wie lange nicht. Für Nico Rosberg heißt das auch: Es gibt keine Ausreden mehr - der Deutsche braucht dringend wieder Erfolge.

Von Michael Neudecker, Barcelona

Lewis Hamilton blickt verwundert, "really?", fragt er, wirklich? Das sei das erste Mal, dass er das höre, und: ob das wirklich wahr sei? Lewis Hamilton sitzt im Motorhome von Mercedes in Barcelona, es geht jetzt um die tolle Idee der Mercedes-Marketingleute, für das erste Europarennen dieser Formel-1-Saison das Auto umzulackieren: Ab jetzt fährt der Silberpfeil nicht mehr in mattgrau, sondern in glänzendem Silber, und wenn die Sonne scheint, sagen sie bei Mercedes, dann sehe das richtig geil aus.

Zudem haben sie am Heck einen riesigen Stern aufgesprüht, der Motorsportchef Toto Wolff sagt, man wolle ab jetzt "mit verstärkter Markenidentität auftreten", der Stern solle "auf der Strecke strahlen". Lewis Hamilton sagt: "Ich war in der Garage", er überlegt noch mal kurz, "nein, mir ist das nicht aufgefallen."

Marketing und Sport sind sogar in der Formel 1 nicht immer eins, das ist die gute Nachricht aus Barcelona. Dass es nach Jahren des Ärgerns nun aufwärts geht beim einzigen deutschen Formel-1-Team, das hat für den Sportler Hamilton ja nichts mit der Optik zu tun, nichts mit Marketingbotschaften. Sondern mit der Technik, harter, schmutziger Arbeit in der Werkstatt.

Noch im vergangenen Jahr hatten sie so viele Probleme mit dem Auto, dass die Mechaniker gar nicht wussten, an welcher Schraube sie zuerst drehen sollten, das Auto war immer die erste Antwort auf die Fragen, wenn die Resultate mal wieder nicht stimmten. Sie haben sich dann früh auf die Entwicklung des Wagens für die neue Saison konzentriert, mit dem präzisen Feedback des Fahrers Michael Schumacher als Hilfe, heraus gekommen ist ein Wagen mit einem leistungsfähigen Motor und neuartigen Gimmicks wie dem sogenannten FRIC-System.

Die Abkürzung steht für "Front and Rear Inter-Connected" und beschreibt eine Verbindung aller Stoßdämpfer untereinander. Wie das System funktioniert, verstehen nur ein paar Ingenieure, es geht jedenfalls darum, dass das Auto aerodynamisch optimal auf der Straße liegt. Wie auch immer: Der W04 ist schnell.

Das ist natürlich wichtig für den Konzern, der jährlich hohe Millionensummen in die Abteilung Formel 1 investiert und Erfolge sehen will; es ist außerdem wichtig für Lewis Hamilton, der sich nicht nachsagen lassen will, sich bei seinem Wechsel von McLaren zu Mercedes für das Geld und nicht die Titelchance entschieden zu haben. Am wichtigsten aber ist das für Nico Rosberg. Der Wiesbadener fährt im vierten Jahr für Mercedes, er gilt seit je her als Talent, und das gute Auto gibt ihm die Möglichkeit, endlich, nun ja, zu glänzen.

Nico Rosberg ist jetzt 27 Jahre alt, er hat es zu etwas gebracht, zum Beispiel finanziell: In Europa fliegt er mit Privatjet, und er ist reich genug, dass er sich vor drei Jahren ein Motorhome kaufen konnte, einen silbernen Truck, in dem er während der Renntage in Europa wohnt. In Barcelona steht der Truck eine viertel Stunde von der Strecke entfernt, im Industriegebiet, gleich neben einem Kreisverkehr auf einem Firmengelände. Ein paar Meter daneben steht der Truck von Lewis Hamilton, er gehört Mercedes.

Was wird aus dem Rennfahrer Rosberg?

Aber Geld war noch nie etwas, das eine Rolle gespielt hätte in Rosbergs Leben, sein Vater war Formel-1-Weltmeister, die Familie lebt in Monaco. Bei der Suche nach der Selbstdefinition geht es für ihn um andere Dinge: um Resultate auf der Rennstrecke, um Erfolg. Nur, die Frage, wie erfolgreich der Rennfahrer Nico Rosberg ist, das ist eine schwierige Frage.

Er hatte manche Höhepunkte in den vergangenen Jahren: 2012 gewann er in Shanghai, es war der erste Mercedes-Sieg seit 1955, der Fahrer damals war der große Fangio. Er hat in den drei Jahren, in denen er mit dem Rekordweltmeister Michael Schumacher in einem Team fuhr, konstant bessere Resultate abgeliefert als der große Schumacher, aber doch ist Rosberg eines nie gelungen: den Schatten zu verlassen, in den er hineingeboren wurde.

Nico Rosberg war erst der Sohn von Keke Rosberg, dann der Kollege von Michael Schumacher, jetzt ist Schumacher in Pension, und Rosberg: fährt neben Lewis Hamilton, dem Weltmeister; Hamilton, dem Popstar. Erst vor ein paar Tagen hat der frühere Formel-1-Fahrer Gerhard Berger betont, Nico Rosberg sei mindestens genau so gut wie Hamilton, das war nett gemeint, aber in Wahrheit ist das selten ein gutes Zeichen, wenn namhafte Ex-Fahrer glauben, so etwas betonen zu müssen.

Die bisherige Saison, sagt Rosberg, habe Höhen und Tiefen gehabt, eine Pole Position in Bahrain, aber dann nur Platz neun, ein vierter Platz in Malaysia, aber ein gebrochener Stabilisator in Shanghai. "Es ist nicht ideal gelaufen", aber er versuche, sich "an die positiven Dinge zu hängen", sagt Rosberg. Zum Beispiel die Ergebnisse bei den Tests in Barcelona vor der Saison: Damals beeindruckte Rosberg die Konkurrenz mit mehreren Bestzeiten. Schau an, Mercedes, schau an, der Rosberg, raunten sie damals, und dass von beiden sicher viel zu erwarten sei in dieser Saison.

"Es ist gut, wenn man weiß, dass das Auto hier gelaufen ist", sagt Rosberg. Barcelona liegt ihm, er fühlt sich gut, und das Auto glänzt - man kann sagen, dass Barcelona ein Rennen mit besonders hoher Aussagekraft wird, für Rosberg und Mercedes.

Für Nico Rosberg heißt das aber auch: Es liegt jetzt nicht mehr nur am Auto. Es liegt jetzt an ihm.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: