Melbourne:Roger Federer, Regent im Tennis-Zirkus

Nur zwei Tage, nachdem sich Roger Federer die Nummer 1 der Welt gesichert hatte, ist er als Triumphator der Australian Open auf die Knie gefallen. In einem einseitigen Finale krönte der kaum verschwitzte Schweizer beim 7:6 (7:3), 6:4, 6:2 gegen den hilflosen Russen Marat Safin seine traumhaften zwei Wochen "down under".

Kein Geringerer als der große John McEnroe traut dem Zauberer nun sogar den Grand Slam zu.

"Das mit dem Grand Slam wird sehr schwer, aber immerhin bin ich der Einzige, der es in diesem Jahr noch schaffen kann. Jetzt genieße ich erstmal diesen Sieg und trinke mit meinen Freunden ein paar Glas Champagner. Schließlich sind hier gleich zwei Träume wahr geworden", erklärte Federer und winkte den 16.000 Fans in der Rod-Laver-Arena zu.

Nur ein kleines Lächeln verriet die Freude des Baslers über den mit 720 000 Euro belohnten zweiten Grand-Slam-Titel in einem halben Jahr.

Den Wimbledonsieg hatte er noch als "eine Sensation und Erleichterung" empfunden, in Melbourne bestand Federer seine Feuertaufe unter dem Druck des Favoriten.

Nur zwei Sätze verlor er im ganzen Turnier, und auch im Finale zeigte der 22 Jahre alte Mann seine Tenniskunst.

Klug variierte er das Tempo zwischen langsamem Rückhandslice und knallharter Vorhand, vergab beim 6:5 bereits zwei Satzbälle, ehe er sich im Tiebreak den ersten Durchgang sicherte.

Geschlauchter Safin

"Das war der entscheidende Moment für das ganze Spiel, danach war ich dann völlig entspannt", sagte Federer.

Nach dem ersten Satz verlor der nach zwei Fünfsatzsiegen gegen den Weltranglistenersten Andy Roddick und Titelverteidiger Andre Agassi geschlauchte Safin den Faden, brachte kaum mehr erste Aufschläge ins Feld, zerbrach zwei Rackets und schaute hilflos der Spielkunst seines Gegners zu.

"Mir ist im Finale schlichtweg das Benzin ausgegangen. Wenn ich das Turnier realistisch betrachte, kann ich aber sehr glücklich sein", meinte Safin.

Nach fast einjähriger Verletzungspause kehrte der einstige US-Open-Sieger und Weltranglistenerste grandios zurück, scheiterte aber nach 2002 zum zweiten Mal im Finale von Melbourne.

"Aber ich habe nicht gegen ein Jojo gespielt, sondern gegen Roger Federer", meinte Safin.

Selbst der kritische John McEnroe war nach dem nur 135 Minuten langen Finale von dem Sieger begeistert:

"Wenn einer den Grand-Slam gewinnt, dann Federer. Er hat die Fähigkeit, auf jedem Bodenbelag jeden Gegner zu schlagen."

Roger Federer selbst glaubt, dass er das "natürlichste Spiel" von allen Tennisprofis hat:

"Ich lebe Tennis, und ich kann mich in kritischen Momenten steigern." Auch wenn er kurz nach der Trennung von seinem langjährigen Coach Peter Lundgren so gut wie nie spielte, sucht er nach einem neuen Trainer.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: