Meine Meinung::Disziplin, schrecklich nötig!

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Ach Gott, ich hätte so gerne ein gutes Handicap". Es gibt nun mal gewisse Dinge, für die der Liebe Gott beim besten Willen nicht verantwortlich gemacht werden kann. Ob David Copperfield, Siegfried und Roy oder Uri Geller, beim Thema Golf-Handicap versagen auch die Wundermänner dieser Erde. Finden Sie sich damit ab! Oder doch nicht?

Uli Köhler

Versetzen wir uns nach Ystad in Schweden. Die Stadt ist ziemlich bekannt, denn dort lebt und wirkt Buch- und Fernseh-Kommissar Kurt Wallander. Genau zwei Straßen weiter am Kupolgatan 14 wohnt ein anderer schwedischer Held, noch nicht ganz so bekannt, aber wer weiß, wie weit er es noch bringen wird: Christer Pettersson, Angestellter bei der Schwedischen Eisenbahn, der binnen fünf Monaten vom Anfänger zum Single-Handicapper aufgestiegen ist. Die German PGA hat das Paar im Rahmen seines Wettbewerbs Handicap-Improver ausgezeichnet (siehe die folgende Seite). Die Frage ist nun: Sollen wir uns diesen Christer Pettersson zum Vorbild nehmen, ganz abgesehen davon, dass wir keinesfalls in Ystad leben wollen, so schön Henning Mankell die Stadt und die schonische Landschaft auch beschrieben hat?

(Foto: Foto: iStockphoto)

Denken wir zunächst an die Folgen, einstellig in einem Jahr. Da ist der Frust, den der Lehrer verarbeiten muss. Pettersons Golf- Pro Joakim Strandberg schüttelt schon den Kopf, Pettersson hat nämlich bei einem Turnier auch sein erstes Hole-in-One geschossen, er denkt: "Ich habe über eine Million Bälle geschlagen, aber auf ein Ass warte ich immer noch." Andererseits, das ist so eine Sache mit dem Ass. Was kommt als nächstes? Pettersson hat sich binnen eines Jahres einen Traum erfüllt, dem andere Golfer ein Leben lang hinterherjagen. Meist vergeblich zwar, aber immerhin: Der Traum hält uns Normalsterbliche am Leben. Mach es wie Pettersson, und statt 39 Stableford-Punkten und einem dicht gefüllten Trophäenschrank hast du plötzlich das ganz normale Golfer-Syndrom. Von zehn Mal verlässt du den Golfplatz acht Mal frustriert. Und was wird das nächste Ziel sein: Tourprofi werden?

Die Wahrscheinlichkeit, dass wir es Pettersson nicht gleichtun werden - einstellig in einem Jahr -, ist allerdings ungleich größer. Es kommt ja nicht jeder dazu, in zwölf Tagen dreizehn Runden zu spielen, und selbst wenn: Es braucht dann auch noch das gewisse Maß an Talent und das lässt sich nicht erzwingen. Das Beste wird also sein, diese Handicap-Improver-Wunderkinder nicht kopieren zu wollen, sondern von ihnen zu lernen.

Szenenwechsel nach Franken zum Golfclub Hassberge. Björn Lövenich ist 28, hat gerade sein Jura-Staatsexamen gemacht und hat es innerhalb von acht Monaten auf Handicap 13,3 gebracht. Sein erstes Turnier gewann er mit 69 Nettopunkten. Neunundsechzig! Sein Trainer Tony Feminis weiß, warum: "Er hört zu und hat Disziplin. Du musst am Anfang die Dinge richtig machen, auch wenn sie sich schlecht anfühlen". Der Pro kennt sich aus, er ist Amerikaner und "die Amerikaner sind die schlechtesten Golfschüler der Welt", weil, so Feminis: "Jeder schlägt irgendwann den Ball 200 Meter weit, wenn er 20 Mal mit aller Gewalt draufhaut. Dann glauben sie, sie können Golf spielen und nehmen keine Trainerstunde mehr". Eine Pro-Stunde pro Woche hat Björn Lövenich genügt. Er hat nur das bewiesen, was auch Fußball-Bundestrainer Löw immer fordert: "Högschde Disziplin".

Disziplin, Disziplin, Disziplin. Ist es nicht schrecklich? Nichts ist doch schöner, als deinen Partner, der dich zehn Löcher lang abgezockt hat, zu fragen: "Du sag mal, atmest du beim Rückschwung eigentlich ein oder aus?" Er wird beim nächsten Schlag darauf achten und sein Ball wird in einen Teich fliegen. Herrlich. Und dennoch: Disziplin ist schrecklich nötig und die Konzentration auf einfache Dinge, wenn wir besser werden wollen. Dazu ein Gratis-Tipp von Tony Feminis: "Schwingen wie Tiger Woods wird niemand lernen, aber sich hinstellen wie Tiger, das kann jeder". Dazu zitiert er auch noch Woods' Trainer Hank Haney: "Wer einen schlechten Griff hat, wird nie einen schönen Schwung bekommen." Wir lernen also: Ohne Trainer wird es schwierig, ein gutes Handicap zu bekommen und wer glaubt, dass er seinen Schwung automatisieren kann, nur weil er zufällig die Kugel irgendwann zum Fliegen gebracht hat, wird scheitern.

Zum Thema "einstellig in einem Jahr" ereilt einen zwangsläufig das Urteil der Mit-Golfer, nachdem die Herren Lövenich und Pettersson es vorgemacht haben: "Mensch, bist du doof, dass du das nicht schaffst". Oder: "Verdammter Streber". Aber ehrlich gesagt: Damit können wir leben.

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