Mehrkampf-Meeting:Hinfallen, aufstehen

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Caroline Schäfer erfüllt die Vorgabe für Rio, Arthur Abele und Rico Freimuth scheiden nach ungültigen Versuchen aus - die deutschen Mehrkämpfer erleben beim traditionellen Meeting in Götzis ein Wochenende der Gegensätze.

Von Johannes Knuth, Götzis

Aus Rückschlägen lässt sich manchmal mehr Kraft ziehen als aus Erfolgen, und deshalb schaut die Siebenkämpferin Carolin Schäfer jetzt noch einmal auf die vergangene Saison. "Ein schweres Jahr", sagt sie, als sie am Wochenende in der Sonne von Götzis steht. Sie mag nicht alles kommentieren, den Tod ihres Freundes im Februar, der von einem Zug erfasst wurde, die drei ungültigen Weitsprünge im August bei der WM in Peking, die ihren Auftritt vorzeitig beendeten. Nur so viel, mit Blick auf Peking: "Das ist abgehakt", sagt Schäfer, "den Fehler mache ich nicht noch mal. Eigentlich bin ich immer einmal mehr aufgestanden als hingefallen."

Carolin Schäfer, 24, vom TV Friedrichstein, hat sich vor einer Weile Richtung Weltspitze aufgemacht, und beim Mehrkampfmeeting in Götzis konnte man am Wochenende ganz gut erahnen, wohin sie dieser Weg führen könnte. "Besser hätte es nicht laufen können", sagte sie nach dem ersten Tag, an den sie einen ähnlich beeindruckenden zweiten knüpfte. Vor allem der Weitsprung meinte es diesmal gut mit Schäfer, mit 6,31 Metern schaffte sie eine neue Bestmarke. Sie beendete den Sonntag als Dritte mit 6557 Punkten, zehn Punkte über ihrer Bestleistung; Platz eins sicherte sich Brianne Theisen-Eaton/Kanada (6765). Der Rest der Deutschen platzierte sich mit Sicherheitsabstand, Claudia Rath überbot mit 6290 Punkten die Olympia-Norm (7./6200), gefolgt von Jennifer Oeser (12./6171), Lilli Schwarzkopf (14./6088) und Anna Maiwald (19./6008). "Tja, wenn man keine Wehwehchen hat, kann man gut abliefern", sagte Schäfer. Sie weiß, wie viel Arbeit hinter dieser simplen Aussage steckt, man musste da in Götzis nur ins Lager der deutschen Männer hineinhorchen.

Die waren mit guten Referenzen angereist, bestätigten sie aber nur vereinzelt. Arthur Abele hatte seinen ersten Zehnkampf nach langer Verletzungspause ansprechend begonnen, doch just als er den Sog entfacht hatte, der ihn durch die zweitägige Schinderei ziehen sollte, riss ihn das Kugelstoßen aus dem Wettkampf. Abele war drei Mal aus dem Ring gekippt, null Punkte also in einer Disziplin, die nicht so störanfällig ist wie andere technische Aufgaben. "Ein bisschen unverständlich", sagte Zehnkampf-Bundestrainer Rainer Pottel, er warf ein schiefes Lächeln an, man spürte, dass die Aussage ein bisschen untertrieben war. Abele wurde deutlicher: "Keine Ahnung, was da los war", sagte er. Vor dem Wettkampf hatte er sich vorgenommen, sich nicht zu sehr von den Emotionen leiten zu lassen. Götzis war insofern ein kleiner Rückfall. "Meine beste Disziplin", sagte Abele, "ich habe versagt."

Rico Freimuth war sogar noch früher ausgeschieden, er hatte nach Wadenproblemen im Vorfeld drei ungültige Versuche im Weitsprung, wie auch Jan Felix Knobel. Bleibt noch Ratingen, die letzte Chance in vier Wochen, um die Zulassung für die Sommerspiele in Rio (8100 Punkte) zu erwerben. Freimuth dürfte es dort am einfachsten haben, als WM-Dritter von Peking würde ihm der Verband einen Startplatz geben, wenn er 8200 Punkte erwirtschaftet - unabhängig davon, was die Konkurrenz schafft. Der zweite Platz wird wohl Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) zufallen, er erreichte in Götzis als Dritter hinter Sieger Damian Warner aus Kanada (8523) 8318 Punkte; Tim Nowak wurde mit 7838 Zählern 14. Um den dritten Platz bewirbt sich der Rest, allen voran Abele. Das vorläufige Fazit? "Sicherlich nicht himmelhoch jauchzend", sagte Pottel. Er war aber auch froh, dass den meisten seiner Athleten nur der Kopf schmerzte - und nicht, wie zuletzt bei Abele, der Körper.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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