MDR wirft Mohren hinaus:"Nicht mehr tragbar"

Der MDR feuert seinen Sportchef Mohren - doch ein Deal mit der Sporthilfe wirft weiter Fragen auf. Von Thomas Kistner

In der Korruptionsaffäre um ARD-Sportreporter hat es den nächsten Verantwortlichen erwischt: Der MDR entließ am Donnerstag den in Untersuchungshaft sitzenden Sportchef Wilfried Mohren fristlos. Die Beweise seien "erdrückend", sagte Intendant Udo Reiter, der Mann sei nicht mehr tragbar.

Doch auch mit diesem Rauswurf ist die Affäre für den Sender und seinen Chef wohl nicht erledigt. Das liegt zum Beispiel an einer dubiosen Connection zur Stiftung Deutsche Sporthilfe, die sich als Gewissen des nationalen Sports versteht und Elite-Athleten finanziell fördert sowie auf ethische und ideelle Grundwerte verpflichtet.

Mit den Grundwerten des Journalismus jedoch nimmt es die Sporthilfe nicht immer genau - und so hat die Affäre Mohren/MDR nun die Chefetage des deutschen Sports erreicht. Auch bei der Sporthilfe hatte sich Mohren einen hübschen Nebenerlös gesichert: 45.000 Euro, so Sporthilfe-Pressechef Hans-Joachim Elz, seien seit Anfang 2003 an den gefallenen TV-Star geflossen.

Da irritiert, dass es widersprüchliche Darstellungen zu Mohrens Tätigkeit von Stiftungschef Hans-Ludwig Grüschow und MDR-Intendant Udo Reiter gibt. Grüschow sagt, dass er einen Beratervertrag mit Mohren erst geschlossen habe, nachdem er Reiter um Einwilligung gebeten habe. Wusste der Intendant in Leipzig also genau Bescheid?

Tatsächlich hatte Grüschow am 12. September 2002 in einem Brief an den MDR-Chef die stiefmütterliche Betreuung beklagt, mit der sich die Sporthilfe publizistisch bescheiden muss.

"Aus diesem Grund", so Grüschow, "benötigen wir professionelle Unterstützung aus den Medien - Botschafter, die uns helfen, unsere Aussagen weiterzutragen. Wilfried Mohren, mit dem mich (...) ein sehr vertrauensvolles Verhältnis verbindet, scheint mir als namhafter Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hierfür besonders geeignet zu sein", warb der Stiftungschef.

Grüschow zeigte detailliert den Weg auf: "Wir würden Herrn Mohren deshalb gerne als Medienbotschafter der Sporthilfe für den Bereich ,elektronische Medien' gewinnen. In einem ersten Gespräch hat Herr Mohren seine Bereitschaft signalisiert, - im Rahmen seiner Möglichkeiten - für uns tätig zu werden.

Er wies darauf hin, dass er dies nur mit Zustimmung seines Hauses tun dürfe, worum ich Sie hiermit herzlich bitten möchte." Udo Reiter kann sich an den Brief sehr gut erinnern. MDR-Kommunikationschef Eric Markuse räumt ein: "Reiter hat am 19. September 2002 genehmigt, dass Mohren als Medienbotschafter der Sporthilfe tätig sein darf. Die Sporthilfe sammelt Geld, um Nachwuchssportler zu fördern - was aus Sicht des MDR eine verdienstvolle Tätigkeit ist."

Man habe den Job als Ehrenamt begriffen. In Grüschows Brief sei "von Beratervertrag nicht die Rede" gewesen: "Auch von finanziellen Zuwendungen ist in dem Schreiben nichts zu lesen." Reiter fühle sich getäuscht.

Man fragt sich, welche Standards der MDR hat, wenn Reiter - und sei es ehrenamtlich - seinen Sportchef für die Sporthilfe werben lässt, obwohl "Sporthilfe" ein sportpolitisches, journalistisches Thema für jeden Sportchef sein sollte.

Sporthilfe-Sprecher Elz bestätigt, man habe zwar "nichts von Bezahlung geschrieben", doch sei klar gewesen, dass es um eine bezahlte Mitarbeit Mohrens ging: "Warum hätten wir sonst angefragt?" Vielleicht, um sich verklausuliert ein Okay zu erschleichen?

15.000 Euro bekam Mohren von der Sporthilfe pro Jahr. Noch Anfang 2005 sei dieser Betrag wieder auf sein Konto überwiesen worden, sagt Elz. Grüschow, der im Gespräch mit der SZ sogar darauf beharrte, dass er in seinem Brief direkt auf einen Honorarvertrag für Mohren abgehoben habe, wirft dem MDR Scheinheiligkeit vor: "Es ist doch klar, wenn ich dem Intendanten so einen Brief schreibe, dann wird er mit Mohren darüber reden und sagen: ,Zeig mir den Vertrag.' Das ist auch so passiert." Erst damit sei ja die Basis für die Zusammenarbeit geschaffen worden.

Dem Stiftungschef Grüschow ist auch bekannt, wie Mohren auf das ihm unterstellte MDR-Personal eingewirkt habe: "Er hat seine Leute zum Thema Sporthilfe hingeführt, hat Athleten dazu befragt. Er hat darauf geachtet, dass das Sporthilfe-Logo im Bild gezeigt wurde."

Andere nennen das einen bezahlten redaktionellen Eingriff. Jetzt erklärt der Sporthilfe-Boss ("Wenn ich Vereinbarungen abgeschlossen habe, dann nur mit konkreten Gegenleistungen."), es sei nicht nur bei Mohrens Sporthilfe-Engagement auf Klärung mit dem MDR gedrängt worden, sondern schon vorher: für Mohrens Vertrag mit dem Energiedienstleister Techem.

Bis März 1999 war Grüschow bei der Techem AG Vorstandschef, bis 2003 dann Aufsichtsratsvorsitzender. Zwischen 1997 und 2005 hat Techem etwa 100.000 Euro an Mohren überwiesen, pro Quartal 3200 Euro. Noch in der vergangenen Woche konnte sich Grüschow nicht an die Mohren-Techem-Vereinbarung erinnern. Am Dienstag räumte er ein, den Vertrag selbst geschlossen zu haben. "Da steht ganz klar drin, dass er (Mohren, d.R.) sich verpflichtet, ihn seinem Sender vorzulegen."

Weil die Vertragsbasis jetzt weggefallen sei, kündigte Techem diesen Deal. Außerdem zog sich das Unternehmen als Hauptsponsor eines Hallenturniers in Halle zurück. Der Techem-Cup, eine unbedeutende Veranstaltung, wurde früher im MDR ausgestrahlt. Und zu Wort kam stets: Hans Ludwig Grüschow.

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