Mayweather-Kampf:Das Wichtigste fehlt

Floyd Mayweather vs Manny Pacquiao

Floyd Mayweather (hinten) und Manny Pacquiao: Viel Show, wenig Kampf

(Foto: dpa)
  • Floyd Mayweathers Duell gegen Manny Pacquiao bietet alles außer einen legendären Boxkampf.
  • Danach will der Amerikaner schon wieder alle Gürtel loswerden.
  • Sein Gegner ist ein schlechter Verlierer.

Von Jürgen Schmieder, Las Vegas

Floyd Mayweather schaute verdutzt, als er nach dem Kampf gegen Manny Pacquiao verdient zum Sieger erklärt worden war. Auch Steffi Graf, Clint Eastwood und Robert De Niro in den ersten Reihen wunderten sich, jedoch nicht ob des nachvollziehbaren Urteils der Punktrichter (118:110, 116:112, 116:112), sondern wegen der Worte des unterlegenen Filipinos. "Es war ein guter Kampf und ich bin der Meinung, dass ich ihn gewonnen habe", sagte er: "Er hat doch nichts gemacht." Das war eine eigenwillige Interpretation der zwölf Runden zuvor und überraschend, weil Pacquiao als Gentleman gilt, der auch umstrittene Niederlagen anerkennt und dem Gegner gratuliert.

"Ich verspürte starke Schmerzen und konnte keine Haken mehr schlagen"

Die Verwunderung war damit noch nicht vorbei. Bei der Pressekonferenz später verkündete Pacquiao, verletzt zu diesem als "Kampf des Jahrhunderts" beworbenen Wettstreit angetreten zu sein. Er habe sich vor wenigen Wochen während eines Trainingskampfes einen Sehnenriss in der rechten Schulter zugezogen, eine Kernspin-Aufnahme würde die Schwere der Schulterbeschädigung verdeutlichen. "Nach der dritten Runde verspürte ich starke Schmerzen und konnte keine Haken mehr schlagen", sagte Pacquiao. Ihm sei allerdings verboten worden, sich vor dem Kampf ein entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Medikament spritzen zu lassen. "Diese Entscheidung hat den Ausgang des Kampfes maßgeblich beeinflusst", ergänzte Pacquiaos Promoter Bob Arum.

Das waren spektakuläre Aussagen am Ende eines Tages in Las Vegas, der spektakulär begonnen hatte. Die Prominentendichte in Las Vegas war größer als bei der Oscar-Verleihung in Hollywood. Justin Bieber, Jamie Foxx und P. Diddy feierten bereits am Nachmittag gewaltige Partys in den Clubs der Hotels auf dem Strip, ein nicht namentlich genannter Oscar-Gewinner blieb beleidigt daheim, weil er offensichtlich für nicht berühmt genug befunden worden war, um einen der 900 Sitz- plätze in der ersten Reihe belegen zu dürfen. Von den 16 507 Zuschauern in der MGM Grand Garden Arena waren mindestens 16 000 reich und/oder berühmt - und sie erwarteten nichts weniger als ein gewaltiges Spektakel.

Das wurde es jedoch nicht, was vor allem daran lag, dass Mayweather, 38, seinen boxerischen Pragmatismus auch beim Kampf gegen den dauerprügelnden Derwisch anwenden konnte. Einen Boxkampf gewinnt gewöhnlich derjenige, der seinen Gegner häufiger und wirkungsvoller trifft - also eben auch derjenige, der weniger häufig und weniger wirkungsvoll getroffen wird. Mayweather hat das zu einer Kunstform erhoben, seine Duelle sind keine Schlachten oder Prügeleien. Es sind feine Gefechte, bei denen er die Angriffe seiner Gegner elegant pariert und im rechten Augenblick präzise kontert. Es ist kein Aus-dem-Ring-Knüppeln des Kontrahenten, sondern ein sanftes Filettieren.

Genau das gelang ihm auch mit Pacquiao, der sich an Mayweathers Deckung abarbeitete und ermüdete. Der zwei Jahre Jüngere fand erst zur vierten Runde in den Kampf, ihm gelangen einige schöne Kombinationen und wuchtige Treffer, doch wirklich gefährlich wurde er Mayweather nicht. Der Amerikaner schlug häufiger (435:429), er traf häufiger (148:81), ihm gelangen mehr Wirkungstreffer (81:63). Dann boxte er den Punkte-Vorsprung souverän nach Hause, hob schon Sekunden vor dem Ende die rechte Faust und sagte später: "Ich war der schlauere Boxer, das habe ich immer gesagt. Ich will, dass alle, die in den vergangenen Wochen an mir gezweifelt haben, nun zugeben, dass sie jetzt an mich glauben. Ich wurde als Gewinner geboren und werde als Gewinner sterben."

Kopfschütteln in Las Vegas

Er hatte nicht spektakulär geboxt, mitunter wirkte das gar langweilig - doch aufgrund seiner Schnelligkeit, seiner Antizipation und seiner Strategie verdeutlichte er, warum er als der über die Gewichtsklassen hinweg beste Boxer der Welt gilt.

Mayweather darf sich nun Weltergewichts-Weltmeister sämtlicher bedeutender Boxverbände nennen - verkündete jedoch noch in der Nacht, sämtliche Gürtel niederlegen zu wollen. "Es ist an der Zeit, dass jüngere Boxer um diese Titel kämpfen", sagte Mayweather: "Ich bin nicht habgierig." Das sorgte dann doch für ein Schmunzeln, erst wenige Sekunden zuvor hatte er schließlich erklärt, was ihn wirklich antreibt: "Ich habe Häuser, einen Privatjet und mehrere Luxusautos. Was ich wirklich haben wollte: einen Scheck mit einer neunstelligen Zahl drauf." Den bekommt er nun; der Kampf dürfte ihm etwa 200 Millionen Dollar bringen.

Die Ankündigung der Gürtel-Rückgabe klang zunächst spektakulär, ist aber wie so viele Aktionen im Leben von Mayweather eher mit Rationalität und Habgier zu begründen. Er spart sich dadurch bei seinem nächsten Kampf, der im September stattfinden und der letzte seiner Karriere sein soll, die üblichen Abgaben an die Verbände zur Sanktionierung von Titelkämpfen, die pro Gürtel bis zu vier Prozent der Gesamteinnahmen betragen können. Befreit von Obligationen kann er zudem den letzten Gegner seiner Karriere selbst bestimmen und dann den Rekord von Rocky Marciano (49 Profisiege ohne Niederlage) einstellen. Zu Kandidaten sagte er lediglich: "Nun lasst mich doch erst einmal diesen Sieg genießen."

"Ich war selbst verletzt"

Mayweather ließ sich auch nicht von den vermeintlich spektakulären Aussagen Pacquiaos beeindrucken ("Ich war selbst verletzt, meine Arme und Hände sind lädiert."), er bekam sogleich Hilfe von Francisco Aguilar, dem Präsidenten der Box- behörde des Bundesstaates Nevada. "Wir haben um 18.30 Uhr von der angeblichen Verletzung Pacquiaos erfahren und etwa eine Stunde später beschlossen, die Spritze nicht zuzulassen", sagte er: "Es gab keinen Beweis dafür, dass die Verletzung tatsächlich existierte und womit sie zu behandeln sei." Er habe keine andere Wahl gehabt, als die während des Trainings von der amerikanischen Anti-Doping-Behörde genehmigte Spritze derart kurz vor dem Kampf zu verweigern: "Ich kann keine Entscheidung treffen basierend auf dem, was mir jemand ohne Beweise berichtet."

Das Spektakel dieses Abends, die Rücktrittsankündigung Mayweathers und Pacquiaos Behauptung , verletzt zu sein - das alles fand erst nach dem eher unspektakulären Kampf statt, als die Promis die Halle längst verlassen hatten und die Arbeiter bereits aufräumten. Doch wie das Duell selbst waren die Aussagen nicht so spektakulär, wie sie zunächst schienen. Sie sorgten eher dafür, dass die Menschen verdutzt den Kopf schüttelten über diesen Tag in Las Vegas.

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