Matthias Sammer:Weniger als die totale Genesung ist nicht vorgesehen

VfB Stuttgart v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Pausiert vorerst aus gesundheitlichen Gründen: Matthias Sammer, Sportchef des FC Bayern.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Matthias Sammers Wille zur Heilung ist so unverkennbar wie sein Wille zum Triple. Doch wie lange fällt der Bayern-Vorstand aus? Ein Erklärungsversuch.

Von Werner Bartens

Das Gehirn des Menschen ist ständig gut durchblutet - es beansprucht ein Fünftel des Sauerstoffbedarfs des Körpers und wird von anderen Organen nur übertroffen, wenn diese Spitzenleistungen abrufen müssen. Einen Abfall der Durchblutung auf die Hälfte kann das Gehirn tolerieren, sinkt sie darunter, machen sich Ausfallerscheinungen bemerkbar - Lähmung, Sehstörung, Sprachverlust.

Bei Matthias Sammer, dem Sportvorstand des FC Bayern, kam kürzlich offenbar zu wenig Blut im Gehirn an - die Spiele gegen Bremen und in Berlin konnte er nicht wie sonst von der Trainerbank aus verfolgen. Von einer "winzigen Durchblutungsstörung des Gehirns, die komplett und folgenlos ausheilen wird", spricht der Verein. Sammer sagt, er werde sich "die nötige Zeit zum Regenerieren geben, um für den FC Bayern danach wieder mit voller Kraft zur Verfügung zu stehen". Die Ärzte hätten dem 48-Jährigen versichert, dass er "vollständig auskuriert und wiederhergestellt" werde. Sammers Wille zur Heilung ist so unverkennbar wie sein Wille zum Triple.

Was an diesen Bulletins verblüfft, ist die Bedingungslosigkeit, mit der die totale Gesundung verkündet wird. Folgenloser Zwischenfall - dann wieder Volldampf voraus. So sehr Sammer zu wünschen ist, dass es ihm gut geht, ist das vielleicht nicht der richtige Weg. Denn ob es sich um einen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (TIA) gehandelt hat - zunächst sollte Sammer erkennen, was dazu geführt hat und ob er sein Verhalten ändern sollte.

Zum Unterschied zwischen Schlaganfall und TIA: Bei Durchblutungsstörungen im Gehirn verstopft ein Blutgerinnsel ein Gefäß; der Bereich dahinter wird nicht versorgt. In 90 Prozent der Fälle ist ein solcher Thrombus verantwortlich. In den anderen Fällen kommt es zu einer Blutung, oder aufgrund von Engstellen kommt in den hinteren Hirnwindungen nicht genug Blut an.

Ist ein kleines Gerinnsel beteiligt, das sich schnell auflöst, können Betroffene für einen Moment nichts sehen, plötzlich wird die Tasse schwer oder das Bein lässt sich kaum bewegen. Dieser vorübergehende (transitorische) Blutmangel ist der kleine Bruder des Schlaganfalls und heißt im Schwäbischen "Schlägle" - oftmals wird nicht mal der Arzt aufgesucht. Sind die Beschwerden schlimmer und halten länger an, liegt ein Schlaganfall vor, der mit Blutverdünnern oder der Entfernung des Gerinnsels behandelt wird.

Ein aufreibender Job beim perfektionistischen FC Bayern

Entscheidend ist die Ursachenforschung: Wenig Bewegung, wenig Flüssigkeit, Diabetes, erhöhte Cholesterin- und Blutdruckwerte gehören zu den Risikofaktoren. Als ehemaliger Leistungssportler dürfte Sammer wenig Risiken aufweisen - ein aufreibender Job beim perfektionistischen FC Bayern lässt jedoch den Blutdruck nicht unbeeinflusst.

Nach einer Ruhephase von wenigen Wochen ist nichts gegen Flüge zu Auswärtsspielen zu sagen. Wenig Flüssigkeitszufuhr, wenig Bewegung und mehr Stress sind an Bord die größte Bedrohung (und nicht die leichte Druckschwankung) - erst recht, wenn es zu Matches geht, in denen vermeintlich alles auf dem Spiel steht.

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