Massensturz bei der Tour de France:Cancellara bricht sich zwei Lendenwirbel

  • Ein Massensturz überschattet die dritte Etappe der Tour de France.
  • Der Führende Fabian Cancellara muss aufgeben.
  • Tony Martin verpasst das gelbe Trikot um eine Winzigkeit.
  • Hier geht's zu den Ergebnissen der Tour

Erst stand die Tour still, dann zerplatzte Tony Martins Traum in Gelb erneut um eine lächerliche Winzigkeit. Nach einem brutalen Massensturz bei hoher Geschwindigkeit schien der deutsche Radprofi auf der dritten Etappe der 102. Frankreich-Rundfahrt der Nutznießer. An der Mauer von Huy fehlte Martin im Ziel aber eine läppische Sekunde zum "Maillot jaune", nachdem er schon an den Vortagen zwei Chancen auf das Gelbe Trikot um Haaresbreite verpasst hatte.

Überschattet wurde die sportliche Tragik um Martin auf den 159,5 km in Belgien zwischen Antwerpen und Huy jedoch von einem üblen Zwischenfall, von dem unter anderem Martins Konkurrenten Tom Dumoulin (Niederlande) aus dem deutschen Team Giant-Alpecin sowie der Schweizer Fabian Cancellara, der Träger des Gelben Trikot nach zwei Etappen, betroffen waren. Beide müssen die Tour aufgeben.

Cancellara brach sich zwei Lendenwirbel, teilte sein Team Trek Factory Racing am Abend in einer Presseerklärung mit. Der Schweizer war von der Strecke abgekommen und hatte sich mit seinem Rennrad überschlagen. Danach fasste er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Schulter und den Rücken, fuhr aber zunächst weiter.

"Das ist unglaublich enttäuschend für mich", sagte der 34-Jährige, der sich im Frühjahr in Harelbeke eine ähnliche Verletzung zugezogen hatte. Danach folgte eine mehrmonatige Zwangspause. "Unser Team war gerade in einem Hoch mit dem Gelben Trikot und stark motiviert, es zu verteidigen."

Den Sieg an der legendären Ankunft des Klassikers Flèche Wallonne holte sich der Spanier Joaquim Rodriguez (Katjuscha) vor dem Briten Christopher Froome (Sky). Froome eroberte durch eine Zeitgutschrift das Führungstrikot. "Ich kann nur noch darüber lachen", sagte Martin ironisch, der mit 40 Sekunden Rückstand auf den Tour-Sieger von 2013 das Ziel erreichte: "Heute hatte ich es in der Hand, aber ich hatte echt schlechte Beine. Morgen klappt es dann", ergänzte er in der ARD dennoch kämpferisch.

Beim Duell der Favoriten an der bis zu 19 Prozent steilen Rampe in Wallonien kassierten Alberto Contador (Spanien/Tinkoff-Saxo), Titelverteidiger Vincenzo Nibali (Italien/Astana) und der Kolumbianer Nairo Quintana (Movistar) eine Punktniederlage. Martin bemühte sich umsonst, aber war aufgrund der Umstände nicht so traurig wie am Vortag. "Es wäre aufgrund der Stürze auch nicht die ganz große Ehre gewesen, Gelb zu bekommen. Ich kann das diesmal besser verkraften, das ist kein Tiefschlag", sagte er.

Rennen wird nach Sturz neutralisiert

Nach dem Zwischenfall steckte der Schreck allen Fahrern ein Weile in den Gliedern. Nach einem zunächst normalen Rennverlauf kam das Unglück rund 60 km vor dem Ziel wie aus dem Nichts. Auf einer abschüssigen Geraden touchierte der Franzose William Bonnet aus der FDJ-Equipe das Rad eines Kollegen und löste eine fatale Kettenreaktion aus. "Ich habe es nur krachen hören, ich hatte richtig Glück", sagte Martin.

Der Tour-Veranstalter ASO unterbrach daraufhin aus Sicherheitgründen das Rennen. Die Aktion wurde unterschiedlich aufgenommen. Sportdirektor Jens Zemke aus dem südafrikanischen Team MTN-Qhubeka unterstützte den zehnminütigen Zwischenstopp. "Das war ein Riesen-Massensturz mit cirka 50 Fahrern. Ich habe vollstes Verständnis für die Entscheidung, sonst wäre noch mehr Panik ausgebrochen", sagte Zemke in der ARD.

André Greipel erlebte nach dem Etappensieg vom Sonntag einen weiteren erfolgreichen Abschnitt. Der Rostocker baute mit dem Gewinn des Zwischensprints seine Führung in der Wertung um das Grüne Trikot aus.

Für Cancellara dagegen war der 29. Tour-Tag seiner Laufbahn in Gelb bei seiner letzten Großen Schleife ein Malheur. "Noch ist es nicht offiziell, aber ja: das ist meine letzte Tour", hatte Cancellara er vor dem Etappenstart gesagt und noch keine Ahnung, was ihm widerfahren würde.

Es bleibt auch am Dienstag herausfordernd für die Klassementfahrer, wenn nach dem Grenzübertritt von Belgien nach Frankreich zwischen Seraing und Cambrai auf 223,5 km das Kopfsteinpflaster des Klassikers Paris-Roubaix bevorsteht. John Degenkolb freute sich bereits darauf. "Ich habe sicher nicht nur Nachteile, weil ich Roubaix-Sieger bin", sagte der deutsche Hoffnungsträger.

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