Mark Webber gewinnt GP von Monaco:Sechstes Rennen, sechster Sieger

Das gab es noch nie: Mit Mark Webber siegt in Monaco im sechsten Saisonrennen der Formel 1 zum sechsten Mal ein anderer Fahrer. Der Australier verteidigt seine Pole Position und liegt am Ende knapp vor Rosberg und Alonso. Sebastian Vettel fährt mit geschickter Reifentaktik auf Platz vier vor. Michael Schumacher erlebt einen unglücklichen Grand Prix.

Frieder Pfeiffer

Rennprognosen beim Großen Preis von Monaco sind in etwa so ratsam wie Monte-Carlo-Trips mit knappem Reisebudget. Insofern passt das Rennen an der Côte d'Azur gut zu dieser Formel-1-Saison, in der es sich mit Siegertipps insgesamt ähnlich unsicher verhält. Fünf Rennen waren vor diesem Wochenende absolviert, jedes Mal stand ein anderer Fahrer ganz oben, wenn es zum Champagner-Duschen ging - Trends? Fehlanzeige.

Monaco F1 Grand Prix - Race

Mark Webber jubelt in Monaco: Der Australier gewann vor Rosberg und Alonso. 

(Foto: Getty Images)

Das alles änderte jedoch nichts daran, dass weiter vollmundig prognostiziert wird. Die Reifen wären an diesem Wochenende nicht wirklich ein Thema, hieß es. Damit lag man an diesem Sonntag sogar richtig. Michael Schumacher würde sich endlich seinen ersten Sieg nach seinem Comeback holen. Damit lag man eher sehr weit daneben - in Runde 65 war dessen Rennen wegen Benzindruckproblemen beendet.

Die aufregendsten Prognosen gaben die Meterologen ab. Würde es regnen? Und wenn ja, wann? Diese Fragen beschäftigten die Beteiligten nahezu über die gesamte Renndistanz. Dass auch der Regen am Ende folgenlos blieb, sagt viel über einen Grand Prix, das abwechslungsreich verlief, aber nie wirklich spannend wurde.

Die Realität ist sehr nüchtern zu beschreiben und brachte dann doch noch einen netten Randaspekt mit sich: Von der Pole Position holte sich Mark Webber den Sieg in Monaco. Er ist damit der sechste Sieger im sechsten Grand Prix dieser Saison, das gab es seit der WM-Einführung 1950 noch nie.

Von Rang zwei beim Start fuhr Nico Rosberg auf Position zwei, Rang drei sicherte sich Fernando Alonso - Sebastian Vettel tat noch am meisten, um das Rennen aus seiner Lethargie zu reißen. Dank starker Boxentaktik fuhr er von Rang neun auf Platz vier vor. Alonso liegt in der WM-Wertung nun drei Punkte vor Vettel und Webber, viele Sieger sorgen für spannende Verhältnisse, zumindest auf dem Papier.

Von einem "interessanten Rennen" sprach Sieger Webber, mehr Euphorie hatte auch der Red-Bull-Pilot nach seinem zweiten Monaco-Sieg nicht zu bieten. Rosberg war ähnlich "zufrieden". Neben Platz zwei in "einem von zwei Heim-Grand-Prix" erfreute ihn vor allem der Schnelligkeitszuwachs seines Mercedes. "Das ist schön zu sehen." Die meiste Zeit war der Silberpfeil an diesem Wochenende unzweifellos der schnellste Wagen im Feld. Nur in der WM-Statistik von Michael Schumacher kommt das noch nicht an.

Traditionell hatte das Spektakel schon lange vor dem offiziellen Rennbeginn am Sonntagnachmittag begonnenr. Yachten, Berühmtheiten und Casino - selten in der Saison ist schon die Aufwärmphase vor der Aufwärmrunde so sehenswert. Oft passen Glamour und Motorsport hier sehr gut zusammen und bilden das, was für viele als Inbegriff der Formel 1 gilt. Manchmal wird das Renngetöse der immensen Vorfreude dann aber nicht gerecht - so wie diesmal.

Richtige Aufregung lieferte an diesem Nachmittag lediglich der Start. Michael Schumacher, nach bester Zeit im Qualifying und Strafversetzung von Platz sechs gestartet, wollte außen an Romain Grosjean vorbei. Nicht wenige hatten im Mercedes-Pilot einen aussichtsreichen Siegkandidaten gesehen, der trotz weniger Überholmöglichkeiten endlich wieder nach vorne fahren könnte.

Möglicher Protest gegen Red Bull

Den Start begriff der Rekord-Champion als seine große Möglichkeit, doch Grosjean hatte etwas dagegen: Zwischen die Wand und den Renault seines Kontrahenten passte Schumacher plötzlich nicht mehr hinein. Die Räder berührten sich, Grosjean drehte sich und setzte dadurch eine Kettenreaktion in Gang, die in zwei Ausfällen (Grosjean, Pastor Maldonado), vielen Stressreflexen an den Boxen und einer Safety-Car-Phase resultierte.

Schumacher fiel zurück auf Rang acht, Sebastian Vettel machte indes Plätze gut. Nico Rosberg bekam ganz vorne von all dem nicht wirklich etwas mit - gleichzeitig fehlte ihm jedoch in der Folge auch zunehmend der Kontakt zu Spitzenreiter Mark Webber. Es ergab sich das Monaco-Bild, das niemand gerne sieht: Nach dem Einsatz des Safety Cars nach dem Start plätscherte das Rennen so dahin - die Boliden-Karawane schlängelte sich ohne besondere Vorkommnisse im Nichtangriffsmodus durch die Serpentinen am Mittelmeer.

Überholmanöver waren so selten wie Steuerzahler in der Fürstenloge. Den Zuschauern blieb eine Hoffnung: Regen - und wenn es lange nur eine meteorologische Andeutung blieb, die zu heftigen Strategiedebatten an den Kommandoständen führte. "Regen in 15 Runden", "Regen in fünf Runden": Die Teams warnten ihre Fahrer im Zehn-Minuten-Takt und diese stellten sich auf eine Runde Wasser-Roulette am Casino ein. Die Niederschläge ließen jedoch auf sich warten.

So standen im Trockenen die ersten Boxenstopps an. Nach und nach wechselten Rosberg, Webber, Hamilton und Alonso weiche Reifen - Vettel profitierte von seiner Alternativstrategie, blieb auf seinem harten Gummi draußen und führte kurz vor der Mitte des Grand Prix mit einem Mal das Rennen an.

Als dann vereinzelt ein paar Tropfen fielen, in Runde 40 von insgesamt 78, da hatte Vettel schon einen Vorsprung von knapp 20 Sekunden auf seinen ersten Verfolger, Teamkollege Mark Webber. Es wurde jedoch nicht richtig nass, nicht einmal feucht - stattdessen musste Vettel irgendwann in die Box. Diese verließ er auf Rang vier. Die Taktik des späten Stopps hatte sich ausgezahlt, auch wenn sie nicht für ganz vorne reichen sollte.

Zwischen Webber an der Spitze und Lewis Hamilton auf Position fünf lagen nun gerade einmal fünf Sekunden, wenig später konnte auch Felipe Massa aufschließen. Spannende Positionskämpfe blieben jedoch weiter aus. Es gab noch eine letzte Hoffnung auf ein wenig Spannung - und die vermeintliche Erlösung schickte der Himmel. Endlich, zehn Runden vor dem Ende, fing es heftiger an zu tröpfeln. In Runde 69 wurde es rutschig.

Sechs Fahrer lagen innerhalb weniger Sekunden und es regnete. Doch selbst das brachte in diesem Jahr keine wirkliche Dramatik. Schnell verzog sich der Regen wieder, der Kurs trocknete - und Webber fuhr seinen Sieg souverän nach Hause.

Es sei derzeit schwer vorauszusagen, wer gewinne, ließ Webber wenig später verlauten. Fernando Alonso ging noch weiter: "Man wird nie wissen, wer gewinnen wird." Plattitüden, die in dieser Saison als erstes Fazit durchaus ihre Berechtigung haben.

Mitunter ist es inzwischen sogar schwierig, den Sieger zu bestimmen, wenn das Rennen vorbei ist. Red Bull sieht sich einem möglichen Protest ausgesetzt, der Löcher im Unterboden des Wagens betrifft. Sebastian Vettel versucht, sich selbst zu beruhigen: "Ich habe meinen Teil gemacht, ich bin gefahren", lächelte er unter einem Regenschirm. Der mehrfach prognostizierte starke Regen war nun endlich angekommen in Monaco.

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