Mario Götze beim FC Bayern:Grüße an die Astronauten

Mario Götze FC Bayern München

Angekommen beim FC Bayern: Mario Götze.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sechs Tore in den vergangenen zehn Spielen, sämtliche Verletzungen überstanden: Nach einer schwierigen Anfangsphase glaubt Mario Götze, dass er beim FC Bayern angekommen ist. Nur eine Warnung spricht er aus.

Von Gerald Kleffmann

Plötzlich schlendert er um die Ecke, die Jacke liegt auf der linken Schulter, lässig gehalten mit einer Hand, ein verschmitztes Grinsen im Gesicht, in einem Krimi würde Mario Götze jetzt an die Theke gehen und einen Gin bestellen oder einen Kurzen, irgendwas Griffiges eben.

Filmreif sind diese ersten Sekunden allemal, als der Nationalspieler des FC Bayern nach langer Zeit sich wieder für ein informatives Verhör zur Verfügung stellt, "da sind doch meine Freunde", sagt er freundlich, und natürlich hat dieser Satz bei ihm eine ganz andere Intonation als bei Stefan Effenberg, der Journalisten einmal mit der ihm eigenen Verachtung "Freunde der Sonne" nannte und klang, als würde er gleich das Messer rausholen. Götze klingt eindeutig nicht nach Krieg. Eher nach Harmonie.

Der Moment sich zu präsentieren ist aber auch wirklich passend, daran ändert die 2:3-Niederlage in der Champions League am Dienstag gegen Manchester City wenig, denn erstens hat Götze ein Tor erzielt, zweitens war er in vielen Spielen zuvor mit (sechs ) Treffern, Vorlagen und pfiffigen Aktionen auffällig geworden, was anspruchsvolle Vorgesetzte wie Sportvorstand Matthias Sammer begeisterte.

Drittens ist er nach dem im Frühsommer erlittenen Muskelbündelriss und dem im Spätsommer folgenden Kapselriss endlich stabil fit, weshalb viertens endlich der Augenblick gekommen ist, an dem Götze sagen kann: "Wenn man die letzten Monate sieht, kann man sagen, dass ich angekommen bin." Für alle, die nicht ganz firm sind mit der oft speziellen Fußballsprache: Dieses Ankommen bedeutet etwas Gutes.

Weniger positiv dagegen ist für manche logischerweise das Verlassen, insbesondere das Verlassenwerden, Götze hat das selbst durchlebt, als er im Sommer für mal eben 37 Millionen Euro von Borussia Dortmund zu den Bayern gewechselt war. Persönlich hatte er keine Probleme damit, "ich wollte diesen Schritt unbedingt machen", sagt er, "ich wollte mich weiterentwickeln", vor allem unter Anleitung eines gewissen Herrn Guardiola.

Nur: Ausgerechnet er, im Allgäu geboren, früh in den Pott gezogen und im Grunde ein Dortmunder durch und durch - nein, das ging gar nicht, weshalb sogenannte eingefleischte (bedeutet in der Regel auch etwas Gutes) BVB-Anhänger sich mit Beschimpfungen nicht gerade zurückhielten in Foren und Fankurven. Als er zum Duell der beiden großen deutschen Mannschaften im November ins Dortmunder Stadion zurückkehrte, folgte selbstverständlich ein Spießrutenlauf.

"Für die Beleidigungen habe ich kein Verständnis"

"Es ist auf jeden Fall nicht angenehm gewesen", gibt er zu, aber er klagt kein bisschen über die (dann gar nicht so vielen) Pfiffe, nur "für die Beleidigungen habe ich kein Verständnis". Die Pointe dieser Partie ist bekannt, Götze wurde eingewechselt und leitete durch sein Blitztor mit der Picke den 3:0-Sieg ein. Da war Ruhe im Karton. Und Götze schaute entspannt bei den alten Kollegen in der Kabine vorbei.

Richtig böse kann diesem netten Kerl offenbar kaum jemand sein, wobei Götze in seiner neuen Heimat gleich mal auszuloten schien, wie weit er hier polarisieren darf. Als er nämlich bei seiner Vorstellung ein Shirt trug, auf dem selbst für Astronauten im Weltall lesbar der Firmenname seines persönlichen Sponsors (ein amerikanisches Sportbekleidungsunternehmen) stand, obwohl der FC Bayern bekanntlich von einem fränkischen Sportbekleidungsunternehmen ausgestattet wird, ach, was gab es da für eine zünftige Aufregung vor und hinter den Kulissen. "Ich habe mir da zu wenig Gedanken gemacht", räumt Götze am Mittwoch bei dem Pressetermin in der Erlebniswelt der Münchner Arena ein, "das hätte man besser machen können."

So wie heute zum Beispiel, da trägt er alles in Schwarz und ohne Aufdruck, was in jedem Fall besser ist als der falsche. Dass Götze allerdings aus Schusseligkeit seinen Fehler damals beging, wie er durchklingen lässt, ist schwer zu glauben. Denn obwohl einige ziemlich erfahrene und ausgebuffte Reporter mit am Tisch sitzen, die wissen, wie Fußballer ticken und wie man sie zu Geständnissen kitzelt, glänzt er bei dem ersten offiziellen Frage- und Antwortspiel seit seiner Vorstellung im Juli mit Wachsamkeit.

Apfelspätzle und Yoga

Götze ist erst 21, aber er versteht es perfekt, sich wie ein Routinier im Geschäft mit Allgemeinsätzen davonzustehlen. Einmal deutet er an, dass er doch manches zu verarbeiten habe. "Es ist viel passiert in diesem Jahr", sagt er. Dann verstreicht der Moment, und die Rede kommt rasch auf sein Lieblingsessen ("Apfelspätzle"), seinen Bruder Fabian, der bei der SpVgg Unterhaching kickt ("ja, wir wohnen noch in einer WG"), sein Faible für Yoga ("immer mit Anleitung"), seine Erdung ("dafür sorgen auch meine Familie und Freunde").

Seine Kumpels im Team, seine besten, sind im Übrigen Toni Kroos, David Alaba und Jérôme Boateng, der am Mittwoch seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2018 verlängert hat. Eine Warnung, wenn man das so interpretieren will, spricht er anlässlich der in Marokko anstehenden Klub-WM allerdings noch aus.

"Wenn wir alles zu leicht nehmen, wird es nicht einfach. Das haben wir gegen Manchester gesehen", sagt er, und: "Ich denke, die Niederlage war ein kleiner Denkanstoß, dass nicht alles von alleine läuft." Richtig besorgt klingt seine Stimme aber auch jetzt nicht, was in Ordnung ist. Bei jemandem, der gerade bei einer fähigen Mannschaft namens Bayern angekommen ist, wäre das wahrlich nicht sehr glaubwürdig gewesen.

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