Manuel Neuers Auftakt beim FC Bayern:Wo ein Fehler ein Fehler zu viel ist

Manuel Neuer hat gegen Gladbach ein typisches Spiel des FC Bayern erlebt, in dem von einem Torwart keine spektakulären Paraden gefordert werden, sondern nur die richtige Entscheidung im entscheidenden Moment. Daran muss er sich gewöhnen.

Jürgen Schmieder

Oliver Kahn sprach derart häufig davon, dass er es am Ende selbst nicht mehr hören konnte. "Man hat mich ja immer ausgelacht und gesagt: Jetzt redet der Kahn schon wieder von Druck, Druck, Druck", sagte der frühere Torwart des FC Bayern. "Aber so war es eben: Wenn man beim FC Bayern spielt und in der Nationalelf Nummer eins ist, dann kommen Momente, die einen in Grenzbereiche der Belastbarkeit bringen."

Bayern München - Borussia Mönchengladbach

Erstes Bundesliga-Spiel für den FC Bayern, erster Patzer: Manuel Neuer während der Partie gegen Gladbach.

(Foto: dpa)

Als Grenzbereiche der Belastbarkeit definierte Kahn nicht nur Champions-League-Partien oder das Endspiel einer Weltmeisterschaft. Es waren auch nicht jene Spiele, in denen er - wie im Viertelfinale der WM 2002 gegen die USA - als Einer-Kette hinter der Abwehr fungierte und einfach jeden Ball parierte, der da auf sein Tor zugeflogen kam.

Für Kahn stellten vor allem jene Partien Grenzbereiche dar, in denen er scheinbar beschäftigungslos in seinem Tor stand und nur in einer Situation prächtig reagieren und die richtige Entscheidung treffen musste. Jene Partien, wie er sie als Torwart des FC Bayern fast an jedem Wochenende erlebte. Im Tagesgeschäft, in der Bundesliga.

Auch Manuel Neuer erlebte am Sonntag gegen Gladbach so eine Partie. Er stand lange Zeit beschäftigungslos in seinem Tor, in der ersten Halbzeit reagierte er einmal prächtig bei einem Schlenzer von Juan Arango, beim Gegentor traf er jedoch schlichtweg die falsche Entscheidung. Nach einem nach vorne geprügelten Ball wollte Neuer eine seiner Kernkompetenzen unter Beweis stellen, das mutige Mitspielen - er verschätzte sich und faustete ins Leere. De Camargos Glückskopfball trudelte ins Tor.

"Ich kann an den Ball kommen, dann ruft Manu: 'Torwart'. Da bin ich weggeblieben", sagte Jérôme Boateng über die Szene, die zum Siegtreffer für die Gladbacher geführt hatte. Neuer selbst sagte: "Ich nehme das Tor auf meine Kappe. Es war keine leichte Situation, ein schwerer Ball. Aber es war mein Fehler, der dann zur Niederlage geführt hat."

Das Risiko gehört zu Neuers Spiel - und es ist nur schwer abzuschätzen, ob er seiner Mannschaft damit am Ende einer Spielzeit mehr oder weniger Punkte sichert. Auffällig ist nur, dass Neuer zuletzt vermehrt falsche Entscheidungen getroffen hat: ob nun bei Schalke beim Champions-League-Spiel gegen Inter Mailand, im Liga-Pokal gegen den Hamburger SV oder nun beim Bundesliga-Start des FC Bayern gegen Gladbach.

Manuel Neuer hat ein typisches Spiel des FC Bayern erlebt, in dem von einem Torwart keine spektakulären Paraden gefordert werden, sondern die richtige Entscheidung im entscheidenden Moment. Daran muss er sich gewöhnen. Anders als seine Vorgänger Michael Rensing und Thomas Kraft, die wegen ähnlicher Patzer aussortiert wurden, hat Neuer den Bonus des millionenschweren Zugangs.

Er ist ein herausragender Torwart, dieser Manuel Neuer, womöglich einer der besten weltweit. Das hat er bei Schalke 04 und in der Nationalelf bewiesen. Nun weiß er auch, was es bedeutet, Torhüter beim FC Bayern zu sein.

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