Manipulation im Radsport:Mondschein und Motor

Der Schweizer Radprofi Fabian Cancellara soll sich bei einigen Siegen eines kleinen Hilfsmotors bedient haben. Dieser erheiternde Vorwurf tut dem Radsport gut.

Christian Zaschke

In der amerikanischen Rennserie Nascar gehört der Beschiss zum guten Ton. Das liegt daran, dass der Ursprung der Rennen im Alkoholschmuggel liegt, mithin im Kampf gegen das Gesetz. In hochfrisierten Wagen fuhren die Schmuggler den illegal hergestellten Schnaps umher, der "Moonshine" genannt wurde. Entsprechend hießen die Schmuggler "Moonshiner", und es sei nebenbei bemerkt, dass es ein irrsinnig schönes Lied gleichen Namens der Gruppe Uncle Tupelo gibt.

In der Nascar-Serie rasen die Fahrer in Rennautos umher, die äußerlich Tourenwagen ähneln und über 5,7 Liter große V8-Motoren verfügen. Mit allen möglichen Tricks versuchen die Teams, mehr Sprit in die Wagen zu bekommen. Die Idee, die Gitterrohrrahmen der Autos zu fluten, erwies sich als zu auffällig. Besser war es, die Tankgröße mittels Magneten zu manipulieren. Flog aber irgendwann auf. Beliebt auch: Wenn ein Fahrer fürchtete, überrundet zu werden, beförderte er per Knopfdruck ein Metallteil auf die Straße: Umgehend kam das Safety-Car auf die Strecke, überholt werden durfte nicht mehr.

Während der Beschiss in der Nascar-Serie also Teil der Folklore ist, gilt er in allen anderen Sportarten als unfein (oft ist er schlicht illegal), was allerdings nicht bedeutet, dass er seltener vorkommt. Der Radsport hat sich diesbezüglich seit jeher hervorgetan, und dass es noch immer so viele Fans gibt, die glauben, ihre Helden erklömmen die steilsten Berge ungedopt, ist ein rührender Beweis für die Unendlichkeit der Naivität.

Dass nun dem Schweizer Radprofi Fabian Cancellara vorgeworfen wird, er habe sich bei einigen Siegen eines kleinen Hilfsmotors bedient, tut dem Radsport sicherlich gut, weil das ein erheiternder Vorwurf ist und es ausnahmsweise nicht um die beschämende Würdelosigkeit der leugnenden Doper geht.

In der Entwicklung von immer besseren Motoren könnte sogar eine Chance für diesen Sport liegen, weil die Radler nicht mehr dopen müssten, da es weniger um Ausdauer und Kraft ginge als um Steuerkunst und Technologie. Zugegeben, dieser Gedanke führt vermutlich geradewegs ins Nichts, aber dass der Radsport auf seine alten Tage noch eine Form von Beschiss hervorbringt, über die man wirklich lachen kann, das ist durchaus so etwas wie eine gute Nachricht.

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