Manchester City:Pep at his best

Manchester City: Stellt die Taktik um: Pep Guardiola.

Stellt die Taktik um: Pep Guardiola.

(Foto: Paul Ellis/AFP)
  • Manchester City schlägt auch Tottenham und zieht in der englischen Liga einsam seine Kreise.
  • Das Spiel war eins für Liebhaber taktischer Schachzüge - mit dem Sieger Pep Guardiola.
  • Der Meistertitel wird der Mannschaft bei aktuell mindestens elf Punkten Vorsrpung kaum noch zu nehmen sein.

Von Sven Haist, Manchester

Nach 135 Sekunden hielt Pep Guardiola in der Trainerzone drei Finger seiner rechten Hand in die Luft, und das bedeutete: Es war seinem Gegenüber Mauricio Pochettino gelungen, ihn zu reizen. Um Guardiolas zuletzt erfolgreiche 4-3-3-Formation von Manchester City zu destabilisieren, entschied sich Pochettino, Coach von Tottenham Hotspur, für ein 4-4-2-System. Der Herausforderer plante, durchs Zentrum anzugreifen, und auch den Gegner ins Zentrum des Spielfelds zu lenken. Mit dieser Idee hatte Guardiola nicht gerechnet. Und so verlor der bislang ungeschlagene Tabellenführer ManCity tatsächlich zum ersten Mal in dieser Saison für einige Zeit das Gleichgewicht.

Guardiola hätte jetzt einfach die eigene Grundordnung auf den Gegner ausrichten können. Aber der Trainer, Gewinner von 21 Titeln in sieben Jahren mit dem FC Barcelona und dem FC Bayern, lässt sich seine Vorgehensweise natürlich nicht vom Gegner diktieren. Also wählte er den Königsweg, der vorsah, den Aufstand des Kollegen zu neutralisieren, ohne dafür seine entworfenen Prinzipien aufgeben zu müssen. Die Zuschauer im nasskalten Manchester bekamen einen Pep Guardiola at his best zu sehen. Entweder stockte Linksverteidiger Fabian Delph personell das Mittelfeld auf, oder der davor positionierte Außenstürmer Leroy Sané half hinten aus. Immerhin dauerte das bis zur einwandfreien Umsetzung ungefähr eine halbe Stunde.

Selten bejubelte das Publikum eine Leistung von ManCity so laut

Das 4:1 (1:0) für Manchester City am Samstagabend hielt jedoch für jeden Geschmack etwas bereit - nicht nur für Liebhaber der taktischen Schachzüge. Neben Dynamik und Intensität, technischer Finesse und Spielwitz kamen auch die britischen Basistugenden zum Vorschein: Kampfkraft, Robustheit und Laufbereitschaft. Insgesamt gab es sechs gelbe Karten und mehrere Verletzungsunterbrechungen. Die Zuschauer honorierten die Darbietung der beiden Teams mit für vornehme britische Verhältnisse ununterbrochenem Lärm auf den Tribünen. Und das war, trotz der eindeutigen Niederlage, ein Verdienst der Gäste.

Die Spurs ließen Manchester City nie ganz zur Ruhe kommen. Selbst der Führungstreffer von Ilkay Gündogan (14.) nach einem Eckball seines deutschen Teamkollegen Sané brachte Citys Vortrag keine Gelassenheit in den Aktionen ein. Tottenhams waghalsiger Auftritt sollte der Konkurrenz gezeigt haben, dass auch das seit Sommer 2015 kostspielig runderneuerte City-Team aus der Fassung zu bringen ist, zumindest zeitweise.

Für die Gäste hatte sich das Unterfangen erledigt, mindestens einen Punkt mitzunehmen, als Kevin de Bruyne einen Konter zum zweiten Tor verwertete (70.). An der Seitenlinie riss Guardiola jetzt beide Fäuste in die Höhe. Und selten bejubelte auch das Publikum bei City einen eigenen Treffer dermaßen laut. Der eingewechselte Angreifer Gabriel Jesus verschoss einen an De Bruyne verursachten Elfmeter, was aber nicht weiter auffiel, weil Raheem Sterling das dritte und vierte Tor sehenswert nachlegte (80./90.). In der Nachspielzeit ließ die Stadionregie vor lauter Heiterkeit einen "blue moon" auf den Videowänden aufsteigen, den die Fans mit ihrer Vereinshymne besangen.

Guardiolas Serie erinnert an 2008/2009, als er mit Barca 22 Spiele nicht verlor

ManCity hat in dieser Saison bislang nur eine Niederlage kassiert, im bedeutungslosen Champions-League-Gruppenspiel bei Schakhtar Donezk (1:2). Schon beim FC Barcelona schaffte es Guardiola, mit seinem Team in der Saison 2008/09 an den ersten 22 Spieltagen ohne Niederlage zu bleiben. Erst am 21. Februar 2009 fügte ihm im Camp Nou der Stadtrivale Espanyol ein schmerzhaftes 1:2 zu. Espanyols Trainer damals hieß: Pochettino.

Geprägt vom Einfluss seines Landsmannes Marcelo Bielsa hat sich der Argentinier über die Jahre zu einem gewieften Taktiker entwickelt. Mit den Offensivspielern Harry Kane, Dele Alli und Christian Eriksen besitzt Tottenham drei Spieler, die zur erweiterten Weltklasse gehören. Eriksen verschönerte mit einem Distanzschuss zum Schluss des Spiels das Resultat (93.). Pochettino tätschelte nach Abpfiff voller Anerkennung die Schultern seines Kollegen. Und er gestand damit ein, dass gegen Guardiola und ManCity derzeit nichts auszurichten ist, jedenfalls nicht 90 Minuten lang. Wenn nicht von ihm, dann wohl von niemandem.

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